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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

des Magens, besonders mit festen und schlecht gekauten, sehr fetten, reizenden und spirituösen Stoffen geben die häufigste Ursache der Magenverderbniß ab. Sehr oft thut dies aber auch der Genuß vielen kalten Wassers, sowie ganz besonders der häufige Gebrauch von Abführmitteln, deren Anwendung doch ganz entbehrlich ist (s. Gartenlaube Jahrg. III. Nr. 1 und 21). Bei Cigarrenrauchern und Tabakskauern trägt gar nicht selten das Verschlucken von Tabakssauce Schuld an der Magenverderbniß.

Der kranke Magen, es mag seine Krankheit sein welche sie will, verlangt zu seiner Heilung eine strenge und consequent durchgeführte Diät, namentlich also warme, flüssige oder breiige, leicht verdauliche und milde Nahrungsstoffe, welche lieber öfterer, aber in kleinern Portionen zu genießen sind. – Bei Magenverderbniß durch Ueberladung (Indigestion) taugt das gewöhnliche Reizen des Magens durch bittere Spirituosa (Liqueure, Bier u. dgl.) oder durch sehr salzige Stoffe durchaus nicht, und wenn sie auch einigemal nichts schaden, sogar zu helfen scheinen (denn es ist dies nur Schein, weil sich der Magen nach und nach ganz von selbst wieder herstellt), so bringen sie, öfter angewendet, doch endlich Nachtheil und bleibende oder doch schwer zu hebende Magenverderbniß (eine Art Stockschnupfen mit Verdickung und Verhärtung der Magenwand). Deshalb ist es weit vortheilhafter, einen durch Ueberladung verdorbenen Magen lieber einige Zeit, einen oder einige Tage ruhen (hungern) zu lassen, oder nur ganz milde, reizlose, lauwarme und schleimige Nahrungsmittel zuzuführen. – Hat Jemand schon längere Zeit an diesen oder jenen, oben angeführten Magenbeschwerden gelitten, dann ist die angegebene Magendiät so bald als möglich und auch längere Zeit hindurch einzuhalten; denn Arzneinen machen den Zustand wahrlich nicht besser. Es muß deshalb der Patient alles Kalte und Reizende (Pfeffer, Senf, Meerrettig, starke Gewürze und Säuren), sowie Spirituosa und scharfe Arzneien vermeiden; er muß anstatt fester und unverdaulicher, besonders pflanzlicher Stoffe (wie Hülsenfrüchte, Gemüse, Obst, Schwarzbrot, hartes Fleisch und hartes Ei, Eingepöckeltes und Geräuchertes, Fische, Käse, sehr fettreiche Substanzen u. s. f.) nur flüssige, weiche und leichtverdauliche, besonders thierische Nahrung (vorzugsweise also gute Fleischbrühe und weiches Ei, lockeres Weißbrot und zartes, saftiges, weiches Fleisch) zu sich nehmen, und dies, wie schon gesagt, in kleiner Quantität, aber öfterer. Milch wird deshalb nicht so gut vertragen als man wohl glaubt, weil sie im Magen gerinnt und dadurch Quarkstückchen bildet, welche weniger gut und nicht so schnell als flüssige Eiweißstoffe verdaut werden. Alles Feste (zumal Fleisch und Brot), was von einem Magenkranken genossen wird, muß sehr klein geschnitten und tüchtig gekaut werden, damit es breiig weich in den Magen gelangt. Uebrigens ist auch die Magengegend durch eine Leibbinde warm zu halten (Ueber die Verdaulichkeit der Nahrungsmittel soll ein späterer Aufsatz handeln).

Ein kranker Magen.
a. Ein frisches Magengeschwür. b. Wunde und leicht blutende Stellen. c. Geschwürsnarben.
d. Eingang in den Magen (Magenwand). e. Ausgang (Pförtner). f. Milz.[WS 1]

NB. Die homöopatische Behandlung von Magenbeschwerden, wie sie in den neuesten (1855 erschienenen) Schriften empfohlen wird, wirft ein helles Licht auf die ganze homöopathische Wirthschaft. Denn welcher verständige Mensch glaubt wohl, daß es in jedem einzelnen der folgenden Fälle mehrere verschiedene Heilmittel geben kann? So: bei Verderbniß des Magens nach Ueberladung und Ueberfütterung, nach Rausch, durch fette Speisen, Zucker und Süßigkeiten, Salziges, Saueres, Blähendes, Obst, Gegohrnes und Fauliges, Kaltes und Eis, Wasser, Milch, Bier, Branntwein, Wein, Kaffee, Thee, Tabak; – mit bitterm, saurem, fauligem, versagendem, gewaltsamem Aufstoßen, mit Sodbrennen, Schlucksen, Erbrechen (von Speisen, Galle, Schleim, Wasser, sauren Stoffen, Blut, schwärzlichen Stoffen; früh, Nachts, durch Trinken u. s. f.). – Nur weil die homöopathischen Mittel gleich Nichts sind und der erkrankte Magen sich gewöhnlich von selbst herstellt, darum wird ein Magenkranker auch bei homöopathischer Behandlung gesund. Noch niemals ist durch Homöopathie ebensowenig aber auch durch eine andere Heilmethode, eine Magenverhärtung und ein Magenkrebs geheilt worden, obschon die Homöopathen heilsame Mittel dagegen besitzen wollen. Ein Heilkünstler, welcher sich mit einer solchen Heilung brüstet, ist entweder ein Lügner und Betrüger oder ein Dummkopf. (Bock.) 

Anmerkungen (Wikisource)

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_411.jpg&oldid=- (Version vom 27.6.2023)