Seite:Die Gartenlaube (1855) 078.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

2) Durch die gehörige Menge Sauerstoffs (s. vorher A. IV.), welcher die Heizungsstoffe verbrennt und dadurch zur Wärmeentwickelung Veranlassung gibt.

3) Durch warme Bekleidung (besonders in der Nacht nöthig), welche als schlechter Wärmeleiter die Abkühlung des Körpers mindert.


III. Der zweckmäßige Wechsel von Thätigsein und Ruhen der Organe und Gewebe fördert den Stoffwechsel in denselben; zu langes und angestrengtes Arbeiten stört ebenso wie andauerndes Nichtsthun.

1) Beim Thätigsein werden Gewebstheilchen abgenutzt und dadurch die Mauserung der Gewebe unterstützt.

2) Während des Ruhens geschieht die Neubildung der Gewebsbestandtheile. Je stärker die Anstrengung war, desto länger muß die Ruhe sein.

NB. Allmälig an Dauer und Stärke sich steigerndes Thätigsein mit den gehörigen Pausen kräftigt und macht die Gewebe zu ihrer Funktion immer geschickter. Alle körperliche und geistige Erziehung beruht hierauf.

(Bock.) 




Neue Mittheilungen aus dem Bienenstaate.

Kein Volk der Erde kann sich so vieler Geschichtsschreiber und Sänger rühmen, als die Nation der Bienen. Sie bilden gewissermaßen den idealen Staat wirklich, den von Plato bis Fichte verschiedene Philosophen als das höchste Ziel menschlicher Kultur in Gedanken aufbauten. Die Bienen sind das gebildetste Volk der Erde. So viele und gute Bücher auch über ihre Staats-Institutionen, Gesetze, Sitten und Gebräuche geschrieben wurden, der weise Forscher findet immer wieder neue Weisheit in ihrer Gesellschaft.

Die berühmtesten Männer des Alterthums schrieben über Bienen, und Andere lebten zeitlebens dem Studium derselben oder von ihrem Honig. Der alte griechische Philosoph Pythagoras nährte sich blos von Honig und behauptete, daß er es blos durch Honig bis zu 90 Lebensjahren gebracht habe. Ohne Honig würde er 40 Jahre früher gestorben sein. Und der lachende Philosoph Demokritus ließ sich von seinen lustigen Töchtern erbitten, seine herannahende Sterbestunde durch Anwendung von Honig bis nach dem Feste der Ceres zu verschieben. Das Fest der Ceres war bei den Alten eine Art Erntefest und Kirmse, wobei viel getanzt ward. „Wenn Du nun vor der Kirmse stirbst, Papa,“ sagten die Töchter, „können wir nicht tanzen. Bitte, stirb nach dem Feste.“

„Recht gern, sagte der lustige Alte, aber schafft mir denn auch ordentlichen, frischen Honig an.“

Das thaten sie mit Freuden. Und so hielt er sich, wie alle gelehrten Alterthümler wissen werden, den Honig so vor die Nase und sog Lebensverlängerung ein, bis die Töchter sich satt getanzt und Zeit bekommen, zu trauern.

Bienen sind eine originelle Nation, geniale Baumeister, kühn im Kriege, weiser in Expeditionen, als Dundas und Raglan und das ganze aristokratisch-militärische England zusammen genommen, die gescheidtesten Staatsökonomen in Theilung der Arbeit (mit der schwachen Seite der „Drohnen“ freilich, die übrigens in weise regierten menschlichen Staaten auch nicht fehlen), exemplarisch in Erziehung und Kinderliebe, und im höchsten Grade edelmüthig, da sie nicht für sich, sondern für Andere arbeiten.

Freilich haben die tugendhaften Bienen auch ihre schwachen Seiten. Namentlich trinken sie gern über den Durst. Manche fleißige Arbeiterin, die früh um zehn Uhr emsig und nüchtern ausflog, wie ein Philosoph, findet man spät am Abende fern von der Heimath, auf dem Rücken liegen unter einem Jelängerjelieberstrauche, im höchsten Grade benebelt und unfähig, sich auf die Flügel zu zu machen.

Aber bei dieser Liebe, des Guten einmal zu viel zu thun, findet man nie reguläre Trunkenbolde, wie unter den Menschen. So wie die Pflicht ruft, stehen alle für einen Mann. Im Angriffe gegen eindringende Feinde und in Vertreibung und Erlegung beschwingter Straßenräuber sind alle Helden. Die an die schönsten Düfte gewöhnten Bienen sind besonders empfindlich gegen alle beleidigenden Gerüche. Und es ist eine Lust, zuzusehen, mit welcher Kunst und Schnelligkeit sie dergleichen Gegenstände hermetisch verschließen und überkleben, wenn ihnen die Ameisen nicht in Aushöhlung todter Körper zuvorkommen. Furchtbar und unerbittlich sind sie in dem jährlich im Juli wiederkehrenden Massacre aller für überflüssig gehaltenen Drohnen.

Bei den Präsidentenwahlen in Amerika kann es nicht stürmischer zugehen, als nach den Tode einer Bienenkönigin zur Wahl einer neuen. Die Wahl ist freilich nicht besonders schwer, da sie blos eine geborne Prinzessin wählen können. Deren giebt es nur immer wenige. Sie sehen gemeiner aus, als die gemeinen und tragen den Schein ihrer hohen Bestimmung blos in Form sehr langer Hintertheile mit sich herum. Die Bienen-Monarchinnen führen oder schicken zuweilen ihre Unterthanen zur Eroberung kleinerer Staaten aus, wie das auch menschlichen Herrschern angeblich oft zur höchsten religiösen Pflicht gemacht wird; aber zum Ausfechten diplomatischer und Erbfolgestreitigkeiten lassen sich die Arbeitsbienen nie gebrauchen. In solchen Fällen müssen die verschiedenen Thron-Prätendentinnen die Sache selbst ausfechten und die Unterthanen sehen hübsch zu.

Sie stehen im Verdachte, daß sie ihre Kranken tödten, weil sie von dem Grundsatze ausgehen, daß, wer bei einer so gesunden Beschäftigung wie das Fliegen von Blume zu Blume ist, krank werde, überhaupt nicht mehr zu retten sei oder das Leben verwirkt habe. Daß Menschen ihre Kranken tödten, ist übrigens auch gebräuchlicher, als man glaubt. Woher käme es denn sonst, daß fast alle Apotheker und die meisten Aerzte, wenn sie’s erst ordentlich zum Verschreiben und einer Equipage gebracht haben, so reich werden?

Um einige wenige bekannte Eigenthümlichkeiten der Biene anzuführen, ist zunächst ihre geniale Art, auch unzugänglichen Honig zu ernten, bemerkenswerth. Von den Hummeln ist es bekannt, daß sie Bohnenblüthen, deren Kelche für die dicken Köpfe zu eng sind, gerade über dem Sitze des Honigs durchbeißen und ihn so heraussaugen. Die Arbeitsbiene macht’s aber mit jeder Blume, die keinen zugänglichen Weg zu den innerhalb verborgenen süßen Schätzen bietet, eben so. Am Häufigsten kann man dieses Strategem an den Fuchsia-Blüthen bemerken, vorausgesetzt, daß die Fülle anderer Blumen und Blüthen nicht zu groß sei. Im letzteren Falle halten sie es natürlich der Mühe nicht werth. Es ist wohl ziemlich bekannt, daß die Bienen nicht eigentlich Honig saugen, sondern wirklich fabriciren. Was sie aus den Blumen holen, ist blos Rohmaterial in Form einer ziemlich geschmacklosen Flüssigkeit. Den Honig davon destilliren sie erst in ihrer Blase, einem besondern Magen, der gefüllt, wie ein heller Wassertropfen aussieht. Die Consistenz, die Farbe, der Geschmack und das Aroma des Honigs ist Product und Verdienst der Biene.

Die Königin ist stets die eigentliche Landesmutter in des Wortes verwegenster Bedeutung. Sie legt alle Eier, aus der die Nachkommen hervorgehen, manches Jahr wenig, ein andermal aber desto mehr, vor einem bloßen Schnitt bis hunderttausend. Die Metamorphosen, die mit den Eiern vorgehen, ehe Bienen daraus werden, sind verwickelt und können in einem Bienenhandbuche gelesen werden.

Ein geistreicher und langjähriger Beobachter der Bienen giebt noch folgende Details an: Es ist eben eine junge Königin gewählt worden. Aber sie zeigt die größte Unruhe und auch die Unterthanen stecken neugierig und volksversammerlich ihre Köpfe zusammen, so daß man sieht, daß das Vaterland noch in Gefahr sein müsse. Die neue Monarchin wittert Verschwörungen, Sturz des Thrones und Störung der Gewerbe und des Handels. Man munkelt von herrschsüchtigem, königlichem Geblüte in andern jungen Königinnen noch ohne Staat und Krone in der Gemeinde. Sie ist noch außerhalb, wo sie eben gewählt worden. Und innen lauert der Verrath. Sie ergrimmt, sie stürmt gegen den Eingang, welcher von Schildwachen besetzt ist, und will hinein, um die Hochverräther selbst zu tödten. Doch nein, die Königin soll hier erster Diener des Staates, nicht willkürlicher Herrscher sein. Die Schildwache thut ihre Staatopflicht und weist die neue Herrscherin, um

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_078.jpg&oldid=- (Version vom 7.2.2023)