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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

(12 Tage mit 19° Kälte und 17 Tage mit 78° Wärme). Am 16. Dec. verkündete man daher, daß in diesem Winter keine bedeutende und anhaltende Kälte weiter eintreten werde. 1837 stellte sich zwar eine entschiedene Kälteperiode ein (drei Tage mit 12° Kälte) aber die nun folgende Wärmeperiode war ebenso entscheidend (26 Tage mit 113° Wärme), so daß man sich schon zu Anfange derselben für einen nicht strengen Winter entscheiden konnte. Hier kann die Entscheidung mitunter zweifelhaft sein. So trat 1840 am 2. Decbr. zuerst entschiedener Frost ein. Die Kälteperiode dauerte 11 Tage mit 29°, dann folgten zwei Tage mit zusammen 41/2° Wärme; bei Eintritt der dritten Kälteperiode (6 Tage mit 26°) hätte man sich für einen strengen Winter entscheiden können, aber die beiden früheren unbedeutenden Frosttage am 29. Octbr. und 22. Novbr. deuteten einen so häufigen Wechsel zwischen Kälte und Wärme an, wie er nur den nicht strengen Wintern eigenthümlich ist.

Man versichert, daß auch bereits an anderen Orten das angegebene Verfahren Anklang und Nachahmung gefunden habe. Vielleicht findet auch Mancher unter den Lesern ein Vergnügen daran, den Wetterpropheten zu spielen. Er möge dann versuchen, ob die gegebenen Regeln sich bewähren.




Elephanten als Gewerbtreibende. Ein Engländer bemerkte auf seinen Reisen über die Insel Ceylon nicht selten Elephanten als eben so kluge, als mächtige Handwerker und Arbeiter. Zunächst sah er einen bei Urbarmachung von Land beschäftigt. „Es war sehr interessant, das riesige, plumpe Ungeheuer in seiner Arbeit zu beobachten. Er riß ungeheure Baumwurzeln aus der Erde, vermittelst eines mächtigen Hakens, der mit einer Kette um seinen Hals befestigt war. Er riß und zerrte mit der Kraft von 100 Arbeitern in bestimmten, regelmäßigen Ansätzen, die er jedesmal mit einem tiefen, brausenden Grunzen begleitete. Mit der ganzen Masse seines Vorderkörpers bog er sich bis beinahe auf die Knieen nieder, um einem Menschen Gelegenheit zu geben, die Kette danach einzuhaken und abzukürzen, dann stämmte er sich aufwärts, daß die dicksten, tausendjährigen Wurzeln krachten und nach allen Seiten hin brachen und, Erde umherstiebend, aus dem festhaltenden Boden sprangen. Dabei trat er oft zurück, um sich die Fortschritte seiner Arbeit anzusehen, und dann mit neuen Kräften fortzufahren. Die Klugheit, welche der Elephant in seinem gezähmten Zustande entwickelt, erreicht beinahe den Verstand des Menschen. Ohne Zweifel denkt, urtheilt und schließt er und benutzt Erfahrungen oft besser, als der Mensch, dem, wie es scheint, alle großen Lehren der Geschichte nichts helfen. Auch macht der Elephant leicht Fortschritte in seiner geistigen Entwickelung. An einer andern Stelle sah ich einen Elephanten als Maurer bei einem Brückenbau beschäftigt. Die Genauigkeit und Ausdauer, die sie zeigen, die großen behauenen Quadersteine zu legen, zu rücken und nach dem Augenmaße mathematisch genau aneinander zu fügen, ist unglaublich, wenn man’s nicht selber sieht. Sie legen die Steine mit der Wissenschaft eines alten Maurergesellen und treten jedesmal zurück, um den Stein aus der Ferne und von allen Seiten zu besehen, und ihm dann die letzten, feinen Rucke zu geben, wenn sie finden, daß das Werk nicht ganz vollkommen ist. Und wie der Maurer dann dem Steine gleichsam einen leisen Schlag des Beifalls giebt, nimmt der Elephant seinen Rüssel und pocht leise drauf, als wollt’ er damit sagen: „so ist’s gut und so bleibst du liegen. „Wenn sie mehrere Steine auf diese Weise placirt und zurechtgeschoben haben, treten sie ziemlich weit zurück, um das Ganze einer allgemeinen Revue und Kritik zu unterwerfen. Dann wackeln sie mit ihren alten, klugen Ohren und drehen die Augen und den ganzen Kopf, um Alles genau zu prüfen und schließen bald das eine, bald das andere Auge, um jede leise Unregelmäßigkeit in ihren Anordnungen zu entdecken und danach Verbesserungen anzubringen. Freilich muß man sie zu behandeln wissen, denn als vernünftige, civilisirte Wesen wollen sie auch ehrlich und anständig behandelt sein und lassen sich durchaus nicht so viel gefallen, als mancher menschliche Arbeiter. In ihrer noblen Weise bringt sie nichts so sehr in Zorn, als wenn Menschen ihnen etwas versprechen, ohne es zu halten. Der Mensch muß sich das bekanntlich von Menschen sehr oft gefallen lassen: aber ein Elephant in Ninivelly, der den ganzen Tag Floßholz aus dem Wasser gezogen und am Lande aufgeschichtet hatte, riß sich die folgende Nacht aus seiner Schlafstelle los und warf alles Holz wieder in’s Wasser, weil ihm der Arbeitgeber zum Feierabend ein Fläschchen Rum versprochen und diese nicht gegeben hatte. Der buddhistisch-heidnische Herr des Elephanten war übrigens in diesem Falle vernünftiger und menschlicher, als sich in der Regel christliche Obrigkeit erweist. Er gab ihm jetzt den Rum zum Frühstück und versprach und gab ihm zum Abend die Quantität, welche ihm den Abend vorher versprochen worden war. Herr und Elephant standen jetzt wieder in dem besten Unterthanen-Verbande. Hätte Ersterer statt des Rums eine Tracht Prügel verabfolgt, wäre er zum Tyrannen und Wortbrecher, der Elephant aber ein tückischer Sklave geworden, als welcher er eben so viel von seiner Arbeitslust, als von seinem Talente und seiner Nützlichkeit für den Herrn verloren haben würde.




Als Thiers auf einer seiner letzten Reisen im Luxemburgischen durch das Dorf kam in dem er aufgewachsen und in die Schule gegangen war, suchte er seinen alten Schulmeister auf, der noch am Leben war.

„Kennt Ihr mich?“ fragte er ihn.

„Nein.“

„Wie, Ihr kennt den kleinen Adolph Thiers nicht mehr?“

„Ach, meint Ihr den kleinen Taugenichts?“

„Ja wohl, der bin ich.“

„So, so, nun es freut mich, Euch wieder zu sehen. Es geht Euch doch gut?“

„O ganz wohl, und wie steht es mit Euch?“

„Ja, mir geht es nicht besonders. Ich habe wenig Schüler und Mühe, durchzukommen.“

Thiers gab ihm darauf einige Goldstücke. Der Alte bedankte sich und sagte: „Verzeiht mir die Frage, aber sagt einmal, was seid Ihr? Banquier, Kaufmann oder sonst was?“

„Ich habe mich vom Geschäft zurückgezogen,“ erwiederte Thiers. „Ich war Minister.“

„So,“ meinte darauf der Alte. „Hoffentlich seid Ihr doch Protestant geblieben?“

Als ihn Thiers auch darüber beruhigt hatte, schieden sie freundschaftlichst und der Alte bot Thiers reichlichen Stoff, lachend über die Gebrechlichkeiten des menschlichen Ruhmes nachzudenken.

Der alte Schulmann erinnert lebhaft an die noch schlagendere Anekdote von der alten Hökerin, die vor dem Eingange in Sanssouci Aepfel feil hielt und mit der Friedrich der Große zu reden pflegte. Als er dies auch nach seiner Rückkehr aus dem siebenjährigen Kriege that, fragte ihn die Frau:

„Na, wo ist Er denn so lange gewesen?“

„Im Kriege, weiß Sie denn das nicht?“ erwiederte der König.

„Ach, wie soll ick det wissen,“ sagte darauf die Alte. „Pack schlägt sich und Pack verträgt sich.“

Die Frau sollte in Elihu Burrit’s „Olivenblättern“ als wahrste Repräsentantin der Friedenspartei paradiren.




Die Erfindung der Brücken. In den tropischen Ländern, in welche die Civilisation noch nicht so weit gedrungen ist, daß die Mittel der europäischen Baukunst in denselben angewandt werden können, erregen die Brücken, welche die Eingebornen aus Bambusstäben bauen, häufig die Bewunderung der Reisenden. Einer von diesen, welcher in jüngster Zeit Ceylon durchstreifte, der Engländer Sullivan, und dort ebenfalls Bambusbrücken fand, die von einem Baum zum andern über das Wasser liefen, macht dabei folgende Bemerkung: Die Eingebornen haben diese Baukunst offenbar von den Affen gelernt. Wenn diese an ein Wasser kommen, das ihre Jungen nicht überspringen können, so hängen sie sich an einen Baum herab mit den Schwänzen aneinander, bin sie eine lange Linie gebildet haben und setzen diese vor- und rückwärts schwingend in Bewegung, bin der letzte Affe im Stande ist, den Baum an dem andern Ufer zu erreichen. Dann gehen die Weibchen mit ihren Jungen über die so gebildete lebendige Brücke. Ist das Wasser für diese Weise zu breit, so bilden sie die Kette zu beiden Seiten und schwingen sich so lange, bin sie ihre Schwänze in der Mitte vereinigen können. In der gleichen Weise bilden auch die Ameisen Brücken für die Abgründe, die sich ihnen auf ihren Expeditionen darbieten.




Das Nervensystem des Hundes ist ungemein stark und fein ausgebildet und ist von dem größten Einfluß auf alle seine Handlungen. Das Hirn des Hundes ruht fast nie, selbst im Schlafe nicht, wo er bekanntlich oft durch Bewegungen und Laute beweist, daß er sich allerhand Gedanken macht. Kein Thier, vielleicht kein Mensch, hat eine so starke Einbildungskraft, als unser treues Hausthier. Wie oft irrt er sich im Dunkeln, von seiner Einbildungskraft getrieben, Freunde für Diebe, gewöhnliche Ratten oder Katzen für Gespenster zu halten? Vor seinem Tode wird er gewöhnlich fieberkrank und phantasirt. Nervöse Erregtheit begleitet fast alle Krankheiten, denen er unterworfen ist. Kein Thier verfällt so leicht in Gehirn- oder Rückgrat-Nervenkrankheiten, als der Hund. Die Art seines Bellens selbst ist schon Symbol seines Temperaments, und die Art seines Angriffs beweist energisch genug die Reizbarkeit seiner Natur. Die ihm eigenthümlichste Krankheit, Wasserscheu, ist durchaus nervöser Natur und eine Strafe für die Menschen, die den Hund wie einen – Hund behandelten. Der Hund wird unter denselben Umständen wahnsinnig, wie der Mensch, wenn man ihm mehr zumuthet, als sein fühlendes Herz, sein feines Nervensystem ertragen kann. Die Neigung zu Gehirnkrankheiten im Hunde sollte die Menschen, die sich als seinen Herrn ansehen, entsprechend menschlich gegen ihn machen. Namentlich sollte man gegen den Hund stets sanft verfahren. Um milde und human zu sein, muß man fest sein, von bestimmten Grundsätzen ausgehen und davon nicht abweichen. Wankelmüthigkeit und Launenhaftigkeit wird gegen jeden nervös-empfindsame Wesen, sei es Hund oder Mensch, leicht zur Tortur.




Kunstnotiz. Von dem ehrwürdigen Begründer der deutschen Naturwissenschaft, Alexander von Humboldt, ist so eben bei A. Dunker das ausgezeichnetste aller bisherigen Portraits erschienen. Ein Kupferstich in schwarzer Kunst und mit Radirnadel von P. Habelmann, nach einem Oelbild der berühmten Engländerin Gagirtti Richards, im Besitze des Königs von Preußen. – Die Züge des weisen Nestors, wie sie gerade jetzt in’s Leben schauen, – treten in außerordentlicher Ähnlichkeit und seelenvoller Tiefe daraus hervor.




Die größte eßbare Baumfrucht wächst auf der Insel Ceylon. Sie erreicht das Gewicht von 50–60 Pfund und wird nicht aus den Zweigen erzeugt, wie andere Baumfrüchte, sondern dicht an dem Stamm, mit dem sie ein kurzer, mit sehr starken Fasern versehener Stiel verbindet. Je älter der Baum wird, desto weiter wächst die Frucht nach unten, so daß man sie fünf Fuß über dem Erdboden findet. Durch diese weise Einrichtung der Natur wird der Baum nicht durch das Gewicht beschwert und die Gefahr des Herabfallens vermieden. Die Eingeborenen lieben den Geschmack der Frucht, den Europäern mißfällt er jedoch. Der in der Frucht enthaltene Saame hat, wenn er gekocht, viel Ähnlichkeit mit den Kartoffeln und die Frucht selbst bildet ein vortreffliches Fütterungsmittel für das Vieh. Der englische Reisende Sullivan nennt sie Brobdignagier-Frucht.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 628. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_628.jpg&oldid=- (Version vom 14.2.2021)