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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

ihm die Nachricht, daß eine Stadt, die so lange der wüthenden Macht seiner Weiber getrotzt, erobert, verbrannt und deren Bewohner theils ermordet, theils als Waare für den Sklavenmarkt gesichert seien. „Das wird meinem Vater große Freude machen“, sagte König Gezo, „ich will es ihn gleich wissen lassen. Schickt mir einen Sklaven!“ Der Sklave trat ruhig ein und hörte ganz kaltblütig die Siegesnachricht mit an. Hierauf nickte er seinem Premierminister, der sofort eine rohe Holzaxt nahm und damit dem ruhig stehenden Sklaven mit einem Hiebe den Kopf abschlug, „Ich habe noch etwas vergessen“, sagte jetzt der König ganz gemüthlich, „schickt mir einen Andern!“ Der Andere trat ein, hörte ruhig an, was der König seinem Vater noch zu sagen hatte und ließ sich dann ebenfalls ohne irgend ein Zeichen des Schreckens den Kopf vor die Füße legen.

Im Innersten erschreckt und empört über diese blödsinnige Grausamkeit, frug ich: „Was soll das bedeuten? Wozu das?“ „Nun,“ sagte König Gezo, „weißt Du nicht, daß mein Vater im Lande der Geister ist? Und giebt es eine andere Art, ihm wissen zu lassen, was mir so viele Freude macht und ihm noch mehr?“ – Das ist gewiß eine sonderbare Post und Correspondenz zwischen Himmel und Erde.




Leipzig hat vor einigen Tagen die älteste und zugleich eine seiner größten Verlagshandlungen, die Weidmann’sche Buchhandlung verloren. Der jetzige Besitzer, Herr C. A. Reimer, ist mit derselben nach Berlin, seiner Geburtsstadt, übergesiedelt. Gegründet wurde diese Handlung im Jahre 1680 durch M. G. Weidmann aus Speyer, dessen Kinder und Enkel sie bis zum Jahre 1822 mit stets großem Erfolg fortsetzten. Im Jahre 1759 übernahm dieses Geschäft den bekannten Leipziger Meßkatalog, der 1594 von dem Buchhändler Henning Große begründet, in der Michael-Messe dieses Jahres zum ersten Male erschien und selbst während des dreißigjährigen Krieges stets fortgesetzt ward. Von 1822 ab ging die Weidmann’sche Buchhandlung in den Besitz des vielbekannten Berliner Buchhändlers Reimer über, dessen Sohn jetzt, nachdem längere Zeit Herr Salomon Hirzel Mitbesitzer gewesen, sie aus Gründen verschiedener Art, hauptsächlich wegen des Abgangs der Professoren Haupt und Mommsen nach Berlin verlegt. Außer vielen großen und wichtigen philologischen und theologischen Werken erschienen in dieser Handlung z. E. Ariost rasender Roland, übersetzt von Gries. – Fast alle Schriften des alten Arndt.Chamisso’s Werke. – Dahlmann’s Schriften. – Gellert’s Schriften. – Grimm’s Wörterbuch.– Anast. Grün’s sämmtl. Gedichtwerke. – Musenalmanach von Chamisso und Schwab. – Rückert, Weisheit der Brahmanen. – A. W. v. Schlegel’s Werke.– Tasso befreites Jerusalem, übersetzt von Gries. – Vega logarith. Handbuch. – Wieland’s Abderiten und Oberon. – Zollikofer’s Schriften. – Jedenfalls verliert der leipziger Buchhandel in ihr eine der ehrenwerthesten und berühmtesten Verlagshandlungen.




Bäume und Steine von lebendigen Menschen. Ein Reisender in Abyssinien bemerkte, als er von dem Flusse Moischime seinen Rückzug angetreten, unweit des Weges alte verdorrte Bäume und Steine, die er den Tag vorher nicht bemerkt hatte. Einer seiner Begleiter, ein Eingeborner, rief beim Anblick dieser alten Baumstümpfe sogleich aus: „Das sind Räuber, die uns überfallen wollen!“ Ich lachte, denn in einem der nächsten Bäume erkannte ich deutlich einen alten, vom Feuer verkohlten Stumpf. Um mir zu beweisen, daß es nichts, als nackte Bareo’s (abyssinische Sklaven) waren, nahm er seine Flinte, kroch in dem langen Grase unbemerkt vorwärts und schoß den nächsten Baum nieder, der denn auch schreiend hinstürzte. Der Schuß wirkte auf die andern Bäume und die Steine, wie einst die Lyra des Orpheus. Alle bekamen Leben, und lösten sich in schnelllaufende, schwarze Menschen auf, die freilich nicht, wie die Bäume des Orpheus, vor Freude auf uns zu, sondern aus Furcht von uns wegtanzten. Mir schien es unmöglich, daß die Kerls sich so täuschend in Bäume und Steine verwandeln könnten, bis einige Mitglieder meines Gefolges, die einst mit zu dem „Geschäft“ gehört hatten, mich überzeugten, indem sie sich theils zu Steinen zusammenwickelten, theils zu Bäumen mit grotesken Aesten und Zweigen gliederten. Einige Stellungen dabei waren so verrenkt und anstrengend, daß die Leute damit in Europa als gymnastische Künstler wahrhaftes Furore und mehr Geld machen würden, als in den menschenleeren Gebirgen und Hochebenen Abyssiniens.




Literarisches. Den Freunden Heine’schen Muse steht in nächster Zeit ein neuer Genuß bevor. So eben kündigt Campe in Hamburg 3 Bände neue Schriften von Heinrich Heine an, mit folgendem Inhalt: 1. Bd. Geständnisse (Vorläufer seiner Memoiren) – Neue Gedichte. – Die Götter im Exil. – Die Göttin Diana. – Ludwig Marcus. – 2. u. 3. Bd.: Lutezia, Berichte über Politik, Kunst und Volksleben. Der Verleger spricht mit Zuversicht die Behauptung aus, daß Heine’s Lutezia das geistreichste Buch dieses Jahren sein wird. Ein nach anderer Richtung hin mindestens eben so interessantes Buch wird von Moleschott erscheinen, unter dem Titel: Georg Forster, der Naturforscher des Volkes. Moleschott’s Plan geht dahin, Forster, den er als den Lessing der Naturwissenschaften bezeichnet, als Begründer einer neuen Epoche wissenschaftlicher Reisen, als einen der fruchtbarsten und sinnigsten Gründer einer einheitlichen echt philosophischen Naturwissenschaft, als einen Weisen, bei dem der Gelehrte im Menschen und der Lehrer im Leben aufging, dem allgemein Gebildeten sowohl als speciell den Männern vom Fache näher zu bringen. Forster, der als einer der edelsten und gediegensten Vorkämpfer der neuen Weltanschauung betrachtet werden kann, gewinnt mit jedem Tage an Bedeutung, und es dürfte für die allgemeine Bildungsgeschichte von hohem Werthe sein, wenn auch Naturforscher wie Moleschott dazu beitragen, eine so hohe Erscheinung wissenschaftlich gebührend zu würdigen. Das Buch wird zum Säcularfest von Forster’s Geburtstag am 26. Novbr. d. J. erscheinen.

Gutzkow, der bekanntlich den Weimarischen Falkenorden erhalten, ist zugleich mit [[Ludwig Bechstein|Ludwig Bechstein zum Ritter geschlagen worden. Man sieht, kein Glück ohne Unglück! Das heißt, Gutzkow’s Verdienste anerkennen und zugleich herabsetzen! – An Neuigkeiten sind in letzter Zeit noch angekommen: E. Willkomm: In Wald und am Gestade. Th. Fontane. Ein Sommer in London. – Cl. v. Glümer. Aus den Pyrenäen. 2 Bde. – Banner. Die Rebellen in Lübeck. 2 Bde. – Gust. Kühne. Die Freimaurer. 3 Bde. – Von Gerstäcker wird ein Volksbuch: „Nach Amerika“ mit Illustrationen von Hosemann angezeigt. Wie Hosemann, der berliner Humorist, diese Aufgabe genügend lösen soll, verstehen wir nicht recht.


Erklärung.

Es ist mir ein Verzeichniß von Romanen zugekommen, welches der Buchhändler Herr E. F. Schmidt in Leipzig vor wenigen Tagen ausgegeben hat, und worin er den Leihbibliotheken und Antiquaren den Band für 5 Sgr. anbietet. Unter diesen Romanen sind angeführt:

Storch, L., Pepita, die Auswanderin. Roman und doch Wahrheit. 2 Bde.
     –     –     Raudon, Crotinus und seine Genossen. 2 Bde.
     –     –     Caroline, die Wiener Barrikadenheldin, Jäger Carl genannt.
     –     –     Nur eine Weberstochter. Historischer Roman. 3 Bde.
Swea. Kleine Romane und Schilderungen aus der Gegenwart, von Friederike Bremer, E. Carlén, Frau v. Knorring u. A. von L. Storch. 2 Bde.

Die meisten Leser, ja ich fürchte, fast alle werden diesen Namen L. Storch für den meinigen: Ludwig Storch lesen; die wenigsten werden aus den Titeln schon schließen, daß ich unmöglich der Verfasser dieser Bücher sein kann, und sich erinnern, daß ich meinen Namen stets vollständig ausschreibe. Und darauf ist die schmutzige Spekulation berechnet. Die Leihbibliotheken meinen, Bücher von mir zu kaufen, der Leser meint ein Buch von mir zu leihen, und sie ahnen den Betrug erst, wenn es zu spät ist. Man sieht, es ist da eine ganze Romanfabrik auf meinen Namen etablirt, ganz in der Art, wie falsche Eau-de-Cologne mit der Firma der ächten, Tabacke, Pillen etc. mit falschen Etiketten betrügerisch verkauft werden. Es ist großartige deutsche Industrie hier wie dort. Und kein Gesetz schützt mich gegen diesen ehrlosen Mißbrauch meines Namens. Ich muß ihn mir gefallen lassen. Kaum daß den Nachdrucker-Dieben das ehrlose Handwerk gelegt ist, so wird ein beliebter Schriftsteller von Namen-Dieben überfallen. Ich hatte bis jetzt nur Kenntniß von dem letzten der oben genannten Romane, welcher unmittelbar nach meinem „deutschen Leinweber“ im Verlag einer bekannten Buchhandlung in Grimma erschien, und ich erkundigte mich bei einem leipziger Rechtsgelehrten, wie ich den Herausgeber zur gerichtlichen Verantwortung ziehen könne. Ich erhielt zur Antwort, daß mit einer Klage nichts auszurichten sei, weil kein Gesetz für diesen Fall bestehe und der Verleger dieses Machwerks behaupten werde: L. Storch heiße nicht Ludwig Storch, sondern Leopold Storch. So will ich denn wenigstens Jedermann vor der neuen Romanfabrik L. Storch hiermit warnen und nochmals bemerken, daß auf allen von mir geschriebenen Büchern mein voller Name steht.

Ludwig Storch. 

Waltershausen, im Herzogthum Gotha, 9. September 1854.

N. S. Ich bitte alle mir freundlich gesinnten Redaktionen um Aufnahme dieser Erklärung in die Spalten ihrer Blätter.

D. V. 
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