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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

ist, so bietet er doch des Interessanten genug. Noch ehe wir eintreten, befinden wir uns vor einer Fronte von 95 Ellen Länge, an welche zwei Seitenflügel von je 63 Ellen Länge stoßen, jene und diese 201/4 Elle tief, das Ganze ein bildend von drei Geschossen, welche immer 63/4 Ellen lichte Höhe halten. Unser Hauptbild stellt das Gebäude nach der innern Seite dar.

Die Küche.

Wir treten ein und beginnen unsere Wanderung, indem wir in das Souterrain hinabsteigen, das, durchgängig hoch und stark gewölbt und der Trockenheit halber mit Romancement geputzt, mehrere der interessantesten Räumlichkeiten des Hauses in sich schließt, etwa so wie die das Dampfschiff bewegende Maschine unter dem Verdeck verborgen arbeitet. Wir machen diesen Vergleich in besonderm Hinblick auf die Dampfküche (siehe die Abbildung), an welche sich hier unten in den Scheuer- und Aufwaschräumen, der Speisekammer, dem Waschhaus, der Rollkammer, der Vorrathskammer, der Brotkammer und dem Oelbehältniß, den Vorrathskellern zu Gemüse, Fleisch, Gefäße, Holz, Kohlen, Torf u. s. w. das ganze hauswirthschaftliche Departement schließt. Auch ohne in der edeln Küchenkunst und Topfguckerei bewandert zu sein, wird uns die praktische Einrichtung der Dampfküche allen ihren Einzelheiten nach schnell klar. Drei größere Kessel von je 120 Kannen, und zwei kleinere à 60 Kannen repräsentiren sich auf dem Boden stehend als das einzige Kochgeräth, und vermittelst der Dampfheizvorrichtung kocht es in den erstern binnen vierzehn Minuten, und in den

Der Betsaal.

kleinern Kesseln bedarf es sogar nur acht Minuten, um den Siedepunkt zu erreichen. Der Dampfkessel, nebst dem sich bis über die Dachspitze des Gebäudes erhebenden Schornstein, stößt hart an die Küche, und hat außer der Heizung des Kochgeräths auch die Reinigung der Wäsche, welche ebenfalls per Dampf erfolgt, zu besorgen. Desgleichen versieht er die ebenfalls im Souterrain gelegene Badestube mit dem erforderlichen Wasser. Bei dem Dampfkessel hat auch die Wasserleitung ihren Mittelpunkt, von wo aus das Wasser in die Reservoirs, die sich unter den Dächern der Seitenflügel befinden, gepumpt wird, um von dort aus in Röhren durch alle Stockwerke sowohl zum gewöhnlichen alltäglichen Gebrauch wieder herabgeleitet zu werden, als auch bei Feuersgefahr zum Löschen zu dienen. Ein auf jeder Seite an der Außenwand unter dem Dache angebrachter Telegraph markirt dabei die Höhe des Wassers in den Reservoirs, damit diese nicht etwa zum Ueberlaufen voll gepumpt werden. – Verfügen wir uns jetzt in das Parterre, so stoßen wir in der Frontseite zunächst auf die Aufseherwohnung, das Expeditionslokal und die Zimmer für den Vorsteher, Gegenschreiber und Pförtner. In beiden Seitenflügeln vertheilt befinden sich sodann 16 Hospitalitenstuben, vorläufig für zwei Personen bestimmt, doch auch geräumig genug, um drei oder vier beherbergen zu können. Diese Stuben sind für die ältern, gebrechlichen und kränklichen Bewohner des Hauses bestimmt, so wie denn auch auf der äußersten Ecke des östlichen Flügels die zwei, nach dem Muster des hamburger Krankenhauses eingerichteten Krankensäle liegen, getrennt durch die Krankenwärterstube und die an diese stoßende Thee- und Verbandküche. Ein Zimmer für den Arzt und die unmittelbar unter demselben im Souterrain befindliche Leichenkammer, wohin die Verstorbenen, ohne daß es von den gesunden Bewohnern des Hauses kaum bemerkt werden kann, leicht zu schaffen sind, vervollständigt diesen zum Krankenhospiz eingerichteten Theil des Gebäudes.

In der äußeren Ecke des westlichen Flügels betreten wir den einfachen, jedoch äußerst geschmackvoll eingerichteten Betsaal, dessen nähere Beschreibung uns die beigefügte treue Abbildung überhebt. Durch allsonntägige Feier, wöchentlich dreimalige Betstunde und dreimalige Spendung des Abendmahls im Jahre ist damit für das religiös-kirchliche Bedürfniß der Hausbewohner gesorgt.

Die erste und zweite Etage sind beide durchaus gleicher Einrichtung und ausschließlich zu Wohnungen für Hospitaliten bestimmt. Man hat hierbei das System der Zellen und großen Säle gemischt, unter Festhaltung der Vortheile, welche beide gewähren, und mit Berücksichtigung ihres verschiedenen Zusagens des menschlichen Charakters. In jeder Etage befinden sich sonach 4 Arbeits- und Aufenthaltssäle und ebenso viel Schlafsäle, die mit drei Fenstern bei einer Breite von 20 Ellen und Tiefe von 14 Ellen für zwanzig Personen berechnet sind; ferner sind 7 Stuben à zwei Betten vorhanden, und auf jeder Flügelecke eine Stube für eine Person. Die einzelnen Bewohner der letztern genießen in der Art eine Bevorzugung, daß ihnen die Oberaufsicht über die Hospitaliten einer halben Etage obliegt, während hinwiederum in jedem einzelnen Saale die mit Nr. 1 versehene Person die Aufsicht führt. Je nach Ermessen werden die Stuben zu zwei Personen an Eheleute überlassen, die sich vertragen und sonst auch dieser Begünstigung würdig erzeigen, im Uebrigen sind aber beide Geschlechter

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 457. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_457.jpg&oldid=- (Version vom 19.2.2017)