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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

Fig. 2 ist eine Afterraupe. So nennt man wegen ihrer Aehnlichkeit mit den wahren Raupen, den Larven der Schmetterlinge, die Larven der sogenannten Blattwespen, Tenthredo, welche eine große Abtheilung der wespenartigen Insekten oder Hymenopteren bilden. Viele davon werden uns schädlich. Die Afterraupen haben außer den drei Paaren der gegliederten eigentlichen Insektenfüße noch acht Paare häutiger Larven- oder Afterfüße, während die echten Raupen, deren nie mehr als höchstens fünf Paare haben. Daran kann man trotz der zuweilen sehr großen Aehnlichkeit die Afterraupen stets sicher von den Schmetterlingsraupen unterscheiden. Viele leben gesellig, z. B. die so schädliche Kiefer-Afterraupe. Wenn man eine Gesellschaft dieser stört, so nehmen sie alle eine drohende Stellung an und treiben einen dunkelgrünen Saft aus dem Maule.

Linné sagte, die Nachkommen Einer Fleischfliege würden schneller ein Pferd aufzehren, als ein Löwe. Fig. 3 stellt uns eine ausgewachsene, nur wenig vergrößerte Larve dieses allem Fleische nachstellenden Thieres vor. Die Wissenschaft nennt wie die Volkssprache wurmförmige, fußlose Insektenlarven Maden. Du erkennst also auch in Fig. 4 eine Made. Es ist die Larve der Biene, welche noch keine Ahnung von dem Fleiße und der Geschicklichkeit hat, welche ihr im Fliegenzustande eigen sein wird, vorausgesetzt, daß es eine Arbeiterlarve ist; denn bekanntlich arbeiten die Weisel und Drohnen (Männchen) nicht.

Wenn die Saatraben in ihrer schwarzen Robe gravitätisch hinter dem Ackersmann in der frisch gezogenen Furche einherstolziren, so suchen sie nicht sowohl Körner als vielmehr die Larven der Maikäfer, die Engerlinge, und andere Insektenlarven auf. Fig. 5 ist dieser bekannte Erbfeind der Landwirthe, der Engerling oder die Ackermade, aus welchem der Maikäfer wird, nachdem er diese unterirdische Maskerade fast volle vier Jahre gespielt hatte. Am großen plumpen Leibe sehen wir nur die drei Insektenfußpaare, welche nicht ausreichen, demselben das Gehen zu ermöglichen. Daher liegt der Engerling, aus seinem Versteck gezogen, hülflos und gekrümmt auf der Seite.

Die Fische im Wasser sind vor den Insekten so wenig sicher, wie die Wurzel im Erdboden. Du siehst an der Fig. 6 abgebildeten Larve eines großen stahlgrünen Wasserkäfers, eines Dytiscus, daß sie große sichelförmige Beißzangen hat, mit denen diese, immer im Wasser umherschweifende, Larve kleine Fischchen und andere Wasserthiere fängt und dann mit nimmer befriedigter Gefräßigkeit verzehrt. Die beiden federförmigen Anhängsel am Ende des Hinterleibes dienen ihr beim Athmen. Ist sie dann zum Käfer geworden, so setzt dieser zwar die Lebensgewohnheiten der Larve fort; aber Nachts verläßt er die Gesellschaft der Fische und mischt sich in die Schwärme der Fledermäuse und Eulen.

Figur 7 möge Dich daran erinnern, nun nach überstandenem Winter Deinen Pelz vor den Motten in Sicherheit zu bringen. Du siehst ein Räupchen und daneben einige Hüllen, die sie sich aus Haaren und Wolle weben und immer mit sich herumschleppen. Daß ein Schmetterling, freilich ein sehr kleiner, daraus wird, ist Dir bekannt. Da man ihn gleichwohl selten zu Gesicht bekommt, so will ich Dir ihn auf dem Bilde zu meinem Briefe über den Fliegenzustand darstellen.

Wenn Du im hohen Sommer in Bächen und Teichen Dich umsehen willst, so findest Du auf dem Grunde derselben ein Völkchen fleißiger und erfinderischer Arbeiter, deren einen Dir Fig. 8 zeigt. Es sind die Köcherjungfern, Phryganes, so genannt, weil sie in die Ordnung der Seejungfern oder Neuropteren gehören und sich als Larven ein köcherartiges Gehäuse bauen, was sie immer mit sich herumschleppen. Mit Seidenfäden spinnen sie Steinchen, Holzstückchen, Blattabschnitzel, Sandkörner, kleine Schneckenschaalen kunstvoll zu einer Röhre zusammen, die sie innen noch mit weicher Seide austapeziren. Dabei wählen sie aber ihren Stoff nicht willkürlich, sondern jede Art verwendet dazu immer eine bestimmte Art von Baumaterial; so daß man schon nach der Art desselben und nach der Form des Köchers auf die Art der Phryganea schließen kann. Eine derselben kann man die Erfinderin des Steuerruders nennen, indem sie am Ende ihres breiten, einem Floß ähnlichen Gehäuses immer eine Kiefernnadel anheftet.

Die Fig. 9 und 10 dargestellten Larven kennen wir schon. Auch in Fig. 11 erkennst Du eine bekannte Raupe, die des Baumweißlings, Pontia Crataegi, welche uns in unsern Obstgärten gar großen Schaden thut. Beachte, daß sie sich hinter dem vierten Leibesringel durch einen feinen, aber festen Seidengurt an dem Zweige festgebunden hat. In meinem folgenden Briefe sollst Du erfahren, wozu sie dies gethan hat.




Eine Elephantenjagd auf der Insel Sumatra.
(Tagebucherinnerungen.)

Die ältesten, und wenn man daher will, die rechtmäßigsten Beherrscher Sumatra’s sind die Elephanten, und neben ihnen die Tiger und Büffel. Sie auszurotten, ist den Menschen trotz der seit Jahrtausenden geführten Kämpfe nicht gelungen und wird auch nicht gelingen, denn Sumatra, das an Flächenraum Ungarn und Siebenbürgen zusammengenommen übertrifft, bildet nur wenige Meilen von den Küsten weg durch das ganze Innere einen großen zusammenhängenden Wald, der tiefer und tiefer hinein zuletzt zum undurchdringlichen Urwalde wird. Die Küsten und hügeligen Ebenen, wo unter Palmen, Teak- und Machinellbäumen Alles in tropischer Ueppigkeit prangt, wo die zauberhaft gewobenen Blumen, darunter die Rafflesia. deren Blüthenkrone drei Fuß im Durchmesser mißt, durch Farbe und Duft alle Sinne berauschen, – diese Küsten und Ebenen gehören den Menschen; den oben bezeichneten ältesten Herrschern Sumatra’s aber der Wald im Innern.

Man spricht und erzählt in Sumatra so viel von den Elephanten, daß ich gleich die erste mir gebotene Gelegenheit ergriff, um einer Elephantenjagd beizuwohnen. Wir waren ein halbes Dutzend Europäer, die sich einigen eingebornen Häuptlingen vom Stamme der Lampuhns anschlossen, während eine ziemlich beträchtliche Anzahl von Leuten derselben, mit Waffen und Munition beladen, uns begleiteten. An einer tüchtigen Meute ungeduldiger Jagdhunde fehlte es ebenso wenig.

Als Sammelplatz wurde ein Punkt jenseits eines großen, uns von dem Walde trennenden Sees bestimmt, wo, wie unsere braunen Freunde versicherten, die Elephanten gern zu verweilen pflegten. Wir brachen also am frühen Morgen auf und ruderten frisch über den See weg. Das Wetter war prachtvoll, der See glühte wie ein Lichtmeer und von den Ufern her trugen die Lüfte berauschende Wohlgerüche zu uns.

Am jenseitigen Ufer angelangt, zogen wir unsere Barken an den Strand, und begaben uns dem Orte zu, wo die Elephanten sich aufhalten sollten. Wir drangen kühn vorwärts, bis bald darauf die ersten Spuren der riesigen Thiere eine wahrhaft elektrische Wirkung hervorbrachten. Mehr als einer der Jäger erbebte, obwohl Alle hinter Verhauen und Bäumen sicher Posto fassen und sich zum Kampfe vorbereiten konnten. Flinten und Büchsen wurden noch einmal untersucht, die Jagdmesser bereit gehalten und durch das dunkle Grün des Laubes blitzten die glänzenden Wurfspieße der Lampuhns. Die Aufregung war allgemein, und theilte sich ebenso sehr unsern Hunden als uns selbst mit.

Kaum hatten wir einige Indianer weiter vorausgeschickt, als sich plötzlich ein furchtbares Geheul, ein Heulen und Brüllen durcheinander, vom Dickicht des Waldes her vernehmen ließ, daß es uns eiskalt überlief. Es unterlag keinem Zweifel, daß eine Heerde Elephanten sich uns näherte.

Ein panischer Schrecken verbreitete sich im ersten Augenblick. Der Gedanke, den man sich nicht ohne Grund von der außerordentlichen Stärke dieser Thiere macht, welche nur zu wollen brauchen, um jedes Hinderniß auf ihrem Wege über den Haufen zu stürzen, ermuthigt den Menschen wenig, festen Fußes die Gefahr zu erwarten. So ging es auch hier, der Schreck war so groß, daß fast Jeder auf seine Rettung sann. Vergeblich sprachen die an Dergleichen gewöhntern Häuptlinge Muth ein, die Verwirrung steigerte sich nur und die Mehrzahl der Indianer flüchtete den Ufern

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_212.jpg&oldid=- (Version vom 15.6.2020)