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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

man diese weit her und es versammelte sich stets ein Schwarm von Möven um ihn, welche der Schall anlockte. – Man schießt die Adler in Norwegen von Hütten aus, in deren Nähe man Aas hinlegt. Wenn sie durch dieses angelockt sind, kann man sie in Menge erlegen.




Der wirkliche Leibrock, den alle Welt ohne Unterschied des Standes und Geschlechts trägt, nämlich die Haut, ist bekanntlich nicht nur das wichtigste menschliche Kleidungsstück, sondern auch die eigentliche Apotheke gegen die meisten Krankheiten und zwar hauptsächlich solcher, welche Schmerzen verursachen, daß man aus der Haut fahren möchte. Um in kürzester Weise zu einer Würdigung des Perspirationssystems oder der Haut zu kommen, theilen wir des englischen Arztes Erasmus Wilson Haut-Studien in ihren Haupt-Resultaten mit.

Ich zählte die Poren der flachen Hand und fand in dem Raume eines Quadratzolls 3528. Nun ist aber jede dieser Poren gleichsam die Oeffnung einer Wasserleitung von etwa 1/4 Zoll Länge (durch die verschiedenen Hautschichten hindurch). Alle diese Wasserröhren zusammen bilden also schon innerhalb eines Quadratzolls Haut eine Länge von 882 Zoll oder 731/2 Fuß. Wie viel Ableitungskanäle also durch den ganzen Körper? Wie nun, wenn das ganze Wasserleitungssystem verstopft wird? In der Frage liegt die Antwort auf alle Fragen des Waschens und Badens, der Erkältungen, Schnupfen, Gicht- und Zahnschmerzen. – In den Fingerspitzen sind die Poren am dichtesten, an den Hacken am dünnsten (2268 im Quadratzoll mit 47 Fuß Röhre). Um sich ein Gesammtbild von den Schweiß- und Ausdünstungsröhren, den Poren, über den ganzen Körper zu machen, denke ich im Durchschnitt 2800 Poren in jedem Quadratzoll Haut annehmen zu können, die zusammen eine Röhrenlänge von 700 Zoll ausmachen. Nun hat aber ein Mann von mittlerer Stärke und Größe 2500 Quadratzoll Hautoberfläche, also im Ganzen 7 Millionen Poren mit einem Röhrensystem von 4,750,000 Zoll oder 145,833 Fuß oder 48,600 Yards oder beinahe 28 englischen d. h. mehr als fünf deutschen Meilen Länge. Und was muß fortwährend durch dieses Kanalsystem hindurch, wenn wir gesund bleiben wollen? Man sagt: Ausdünstung, Schweiß. Woraus besteht diese Masse? Aus thierischen Stoffen, Gasen, Säuren, Alkalien, Kalkerde (deren Behausung im Körper Gicht ist), Metallen, Salzen, Schwefel u. s. w. Werden diese Gäste nicht gehörig ausgetrieben, so bleiben sie und gehen in’s Blut, aus welchem sie zwar bei guter Gesundheit durch die Lunge, die Leber und Nieren (Harn) größtentheils wieder fortgeschafft werden, aber doch nicht vollständig, so daß endlich aus der guten Gesundheit eine schlechte wird. Es bleibt also für die Erhaltung einer guten Gesundheit nichts übrig, als eine gute Drainirung durch die Hautkanäle durch Waschen, Baden, Bewegung, Wärme (natürliche Wärme – 100 Grad Fahrenheit, die durch Fleischnahrung erhöht und vegetabilische Kost erniedrigt werden kann), Reinlichkeit und Sorge für eine möglichst gleichmäßige Haut – und moralische Temperatur.“ Vielleicht nimmt ein Mann von Fach dieser Blätter das Thema einmal gründlich mit Haut und Haaren auf, denn auch letztere spielen, so klein sie sind, eine große Rolle in der National-Oeconomie der Gesundheit, damit’s den Lesern der Gartenlaube gründlich wohl werde in ihrer Haut und sie Alles, was sie daran behindert, aus der Haut fahren lassen mit oder ohne Gewalt und Extrapost.




Prutz macht in seinem Museum die Lesewelt auf ein Buch aufmerksam, das in der Hamburger Niederlage des Pietismus, im sogenannten Rauhen Hause, erschienen ist und trotz seiner frommen Tendenz an Gemeinheit und Schmutzerei Alles übertreffen soll, was in letzter Zeit auf den literarischen Markt gekommen ist. In Form eines dreibändigen dicken Romans und unter dem seltsamen Titel: Eritus sicut Deus, werden da Scenen und Personen aufgeführt, die wahrhaften Ekel erregen. Prutz zweifelt daran, daß in der ganzen modernen Schandliteratur sich ein Werk finde, in dem eine gemeinere Gesinnung, eine gründlichere moralische Fäulniß zu Tage käme, als in dieser von einem modernen Frommen verfaßten, im Rauhen Hause verlegten, von pietistischen Blättern ausposaunten, von rechtgläubigen Professoren empfohlene Schmähschrift, die von Ehebruch, Unzucht, wüsten Gelagen etc. etc. strotzt. Der Verfasser scheut sich nicht, bekannte Persönlichkeiten, ja sogar einzelne lebende Frauen mit dem Schmutze seiner Verläumdungen zu bespritzen. Und alle diese Gemeinheiten und Unzüchtigkeiten, die sich durch drei starke Bände durchziehen, hat ein Frommer erdacht, erzählt und mit aller Lust ausgemalt! Eine sonderbare Art seiner Sache zu dienen.




Die fliegende Katze. In Schweden wurde dem englischen Reisenden Lloyd folgende lustige Geschichte von dem Muth der Elstern erzählt.

„An den Ufern des Flusses, der bei Laxa Bruk in der Provinz Reriks vorbeifließt, hatte eine Anzahl Elstern auf hohen Erlen ihre Nester gebaut. Dort hausten sie eine Zeit lang ungestört; endlich kam aber eine alte Hauskatze auf den Einfall, die Bäume zu erklimmen und sich die Jungen aus den Nestern zu holen. Sie paßte es dabei jedes Mal so ab, daß sie zu der Zeit kam, wo die Mehrzahl der Elstern nach einer nahe gelegenen Brauerei geflogen waren, in der sie ihr Futter fanden. Die Vögel wurden dies aber bald inne und beschlossen, ihren Feind exemplarisch zu bestrafen. Eines Sonntag Morgens, erzählt der Gewährsmann dieses Vorfalls, der Direktor Malmström, wurde ich durch ein ungewöhnliches Geschrei aufgeweckt. Ich wohnte nämlich dicht an dem Flusse und hatte freie Aussicht über diesen. Als ich vor die Thür trat, bot sich mir eine der wunderlichsten Scenen dar, die ich je erlebt habe. Eine ungeheure Masse Elstern und Krähen hielten die alte Katze hoch in der Luft und diese schrie gottsjämmerlich, während die wüthenden Vögel ihre kreischenden Stimmen dazu ertönen ließen. So entstand ein Concert, das aus den entsetzlichsten Mißtönen bestand und gewiß die merkwürdigste Katzenmusik war, die je gehört wurde. Mein Erscheinen schien die Vögel aber zu stören, denn es währte nicht lange, so ließen sie, als sie gerade über dem Flusse waren, die Katze fallen und diese flog in’s Wasser, aus dem sie sich, erbärmlich schreiend, rettete. Die Vögel flogen noch lange in der Luft umher und schienen sich ihres Triumphes zu freuen.




Illustrirte Monatshefte für „Familienglück, weibliche Bildung und Humanitätsbestrebungen“ ist der Titel einer Zeitschrift, welche seit einigen Monaten in Dresden erscheint und, wie wir hören, bereits Anerkennung und Verbreitung gefunden hat. Der im Titel ausgesprochene Zweck ist ein so edler und heiliger, ein so großer und weittragender, daß wir um seinetwillen schon die glänzendste Realisirung und dazu eine große Verbreitung wünschen möchten. Die an der Spitze aufgeführten Mitarbeiter haben allerdings zum Theil einen gewichtigen Namen in der Wissenschaft, und da die Zeitschrift auch außerdem noch von tüchtigen Kräften unterstützt, dabei vom Verleger entsprechend ausgestattet wird, so dürfen wir hoffen, daß Frauen und Jungfrauen sich des jungen Unternehmens freundlich annehmen werden.






Nicht zu übersehen!

Mit der heutigen Nummer schließt das erste Quartal unserer Zeitschrift und beginnt mit der folgenden das zweite Quartal, dessen Preis, wie oben angezeigt, auf 121/2 Ngr. oder 50 Xr. C.-M. erhöht wurde. Wir bitten die Bestellungen auf dieses zweite Quartal sofort nach Empfang der heutigen Nummer aufzugeben, damit die regelmäßige Zusendung nicht unterbrochen wird.

Die steigende Wichtigkeit der orientalischen Kriegsangelegenheiten legen auch unserem weit verbreiteten Organ die Verpflichtung auf, den Zeitereignissen Rechnung zu tragen, so weit es die Tendenz der Gartenlaube zuläßt. Wir werden deshalb von jetzt ab mehr als früher in Wort und Bild und von durchaus parteilosem Standpunkt aus die wichtigsten Gegenstände und Persönlichkeiten der Tagesgeschichte in treuen authentischen Bildern und Schilderungen vorführen. In welcher Weise wir dies zu thun gedenken, mögen die Abbildungen des „Wellington“ in Nr. 11 und die heutige Nummer darlegen.

Es freut uns, bei dieser Gelegenheit unsern Lesern noch mittheilen zu können, daß die bei Beginn dieses Jahres versprochenen „Originalmittheilungen aus Amerika“ mit der nächsten Nummer beginnen werden. Der erste Brief ist bereits in unserm Händen. –

Die Haupttendenz der Gartenlaube aber, das unterhaltend-belehrende Element, wird nach wie vor durch die trefflichen Beiträge der den Lesern schon bekannten Mitarbeiter gewahrt bleiben und in jeder Weise und nach jeder Richtung hin gefördert werden.

Leipzig, Ende März 1854.

Die Redaction und Verlagshandlung. 
Alle Buchhandlungen und Postämter nehmen Bestellungen an.



Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_154.jpg&oldid=- (Version vom 27.2.2023)