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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

Am Morgen Karl entbietet zur Jagd die Kämpen all;

30
Da reiten sie zusammen zu Wald bei Hörnerschall,

In ihren wälschen Schauben die Hofherrn und die Ritter,
Der König in der Kutte, dem Pelz vom deutschen Widder.

Wild braust der Sturm im Forste, dicht fallen Schnee und Eis;
Die Paladine frieren, dem König wird es heiß.

35
Er hängt den Pelz zur Seite, woher die Winde rasen

Und läßt mit stillem Lachen die Hörner lustig blasen.

Der Eber bricht durch’s Dickicht, ihm nach durch Busch und Dorn
Der König und sein Gefolge mit Armbrust, Spieß und Horn.
Bald an den Dornen hängen die feinen wälschen Fetzen;

40
Ganz bleibt der Pelz des Königs. Das ist ihm zum Ergötzen.


Der Schnee fällt immer feuchter, die Ritter werden naß,
Der König reitet trocken fürbaß ohn’ Unterlaß
Bis daß das Wild getroffen am Waldessaum sich wälzet.
Und rings der Schnee von Blute geröthet wird und schmelzet.

45
Der Jagdzug geht zu Thale, vorab das wilde Schwein.

Herr Karl kehrt mit den Rittern in eine Mühle ein,
Da läßt er in den Ofen einfeuern tücht’ge Blöcke,
Daß sich die Jäger wärmen und trocknen ihre Röcke.

Indeß sie Imbiß nehmen und trinken firnen Wein,

50
Die nassen Schauben schrumpfen am heißen Ofen ein;

Der derbe Pelz des Königs behält die Form, die alte,
Als wär’ ihm nichts begegnet im rauhen Bergeswalde.

Am hellen Tage kehren mit Beute Mann und Roß
Im lustigen Hörnerklange zum Ingelheimer Schloß,

55
Der König ganz und heiter, die Ritter baß verdroßen

In Schauben, die zu eng sind, zerrissen und verschossen.

So kommen sie zu Hofe und gehen zum Bankett,
Ach, heute so unsauber und gestern noch so nett!
Die Frauen lachen weidlich. Was hilft’s! Auch gute Miene

60
Zum bösen Spiele machen die edlen Paladine.


Der König nimmt den Becher und spricht: „Thut mir Bescheid!
Es lebe deutsche Sitte! Es lebe deutsches Kleid!
Die schützen Herz und Magen, die wahren Haupt und Glieder
Und halten in der Kälte und in der Hitze wider.“

Ludwig Storch. 




Nahrungsmittel.

Milch! Milch! Milch!


Die Milch ist weißes Blut nicht mit Unrecht zu nennen, denn sie gleicht diesem in ihrer Zusammensetzung fast ganz und ist, außer dem Blute selbst, für uns der einzige Nahrungsstoff, welcher für sich allein, auch wenn wir daneben kein anderes Nahrungsmittel genießen, den Stoffwechsel (das Leben) in unserm Körper gehörig zu unterhalten vermag, und zwar deshalb, weil die Milch alle diejenigen Bestandtheile in sich enthält, aus welchen unser Körper zusammengesetzt ist (s. Gartenlaube Jahrg. I. Nr. 32 u. 39). Für den Säugling ist die Milch geradezu unentbehrlich; dem Erwachsenen kann sie aber ebenso wohl als Speise wie als Getränk gelten und deshalb wird sie auch beinahe von allen Völkern vorzugsweise gern genossen. Nur die Garrow’s und Nagah’s, halbwilde Stämme in Hinterindien, sowie die Cochinchinesen, sollen die Mich als ein unreines Nahrungsmittel verabscheuen.

Die Milch ist eine in den Brustdrüsen weiblicher Säugethiere abgesonderte Flüssigkeit, welche sich undurchsichtig und von weißer Farbe, bisweilen aber bläulich oder gelblich gefärbt, ohne Geruch und von schwach süßlichem Geschmacke zeigt. Am meisten wird von Menschen die Milch gezähmter, kräuterfressender Thiere, namentlich der Kühe, Ziegen und Schafe benutzt, jedoch genießen manche Völker auch die Milch der Stute und Eselin, des Kameels, Dromedars, Rennthiers und Lamas. Alle diese Thiermilchen unterscheiden sich nun aber ebensowohl unter einander, wie von der des Menschen dadurch, daß die verschiedenen Milchbestandtheile in verschiedener Menge darin vorhanden sind. – Bleibt die Milch einige Zeit in Ruhe stehen, so bildet sich auf ihrer Oberfläche eine dicke, gelbliche, fettige Schicht, der sogenannte Rahm oder die Sahne, während die darunter befindliche Flüssigkeit dünner und bläulich wird. Nach etwas längerem Stehen (besonders in der Wärme und bei Gewittern) wird die Milch sauer und gerinnt (wird zu einer dicken, fast breiigen Flüssigkeit); das Dünnflüssige zwischen und über den Gerinseln schmeckt sauer und wird Molken genannt, das Geronnene ist der Quark, Käse.

Die chemisch-mikroscopische Untersuchung der Milch ergibt, daß dieselbe vorzugsweise aus Wasser besteht, in welchem als die hervorstechendsten Substanzen eine eiweißartige Materie, nämlich der Käsestoff oder Casein (s. Gartenlaube Jahrg. I. Nr. 39) und der Milchzucker aufgelöst sind; neben welchen Stoffen sich dann noch die auch im Blute vorkommenden Salze (besonders phosphorsaurer Kalk und Kochsalz) und Eisen vorfinden. In dieser klaren Auflösung von Käsestoff, Milchzucker und Salzen schwimmen unzählige, nur durch das Mikroscop wahrnehmbare Kügelchen, welche Milch- oder Butterkügelchen genannt werden und der Milch ihre Weiße und Undurchsichtigkeit geben. Sie sind es, welche ihrer Leichtigkeit wegen beim Stehen der Milch sich oben auf als Rahm sammeln und die Butter geben, denn sie bestehen aus einem Bläschen, in dem sich Butter befindet. Sonach sind die Hauptbestandtheile der Milch: Käsestoff, Fett (Butter), Milchzucker, Salze und Eisen; das Mengenverhältniß dieser Stoffe zu einander ist in den verschiedenen Milcharten verschieden und ändert sich auch in Etwas nach dem Genusse von verschiedenen Nahrungsmitteln. Die Kuhmilch ist reich an Käsestoff, fester Butter und Salzen; die Schafmilch enthält etwas weniger Käsestoff und Butter, aber etwas mehr Milchzucker als die Kuhmilch; die Ziegenmilch gleicht fast ganz der Schafmilch; die Eselsmilch ist weit ärmer an Käsestoff und Butter als Kuhmilch, dagegen weit reicher an Milchzucker; die Stutenmilch enthält sehr wenig Käsestoff, dagegen sehr viel Fett und viel Milchzucker; die Kameelmilch soll ihres Fettreichthums wegen sehr dick sein, salzig-bitter schmecken und vor dem Genuß mit Wasser verdünnt werden; die Rennthiermilch ist sehr fetthaltig und soll im Winter einen unangenehmen talgigen Geschmack haben. Die Frauenmilch ist mehr bläulichweiß als die Kuhmilch und schmeckt süßer als dieselbe, sie säuert weniger leicht, als andere Milch und beim Gerinnen wird sie nicht so dicht und fest; sie ist weit reicher an Milchzucker, aber ärmer an Käsestoff, Butter und Salzen als die Kuhmilch. Der Frauenmilch am ähnlichsten ist die Eselsmilch. Will man Kuhmilch der Frauenmilch ähnlich machen, so muß erstere nicht blos mit Wasser verdünnt werden, sondern es ist dieser Verdünnung auch noch Rahm (Butter) und Milchzucker zuzusetzen (s. später bei Behandlung des Säuglings). Nach einigen Untersuchungen soll die Milch von Brünetten reicher an Käsestoff, Zucker und Butter sein als die von Blondinen.

Was den Einfluß der Nahrungsmittel auf die Beschaffenheit der Milch betrifft, so lehren Versuche, daß derselbe unläugbar ist, daß fettreiche Nahrung und Ruhe den Buttergehalt vermehren, daß bei vegetabilischer Kost die Milch reicher an Butter und Zucker, bei reichlicher, gemischter, besonders eiweißreicher Nahrung, reich an Käse und Butter wird. Bei stillenden Frauen fand sich, daß die Milch während der Dauer des Säugens allmälig Veränderungen erleidet; denn während der Buttergehalt sich ziemlich gleich bleibt, nimmt im Verlaufe des Stillens entsprechend dem Wachsthume des Säuglings der Käsegehalt zu, während der Milchzucker sich allmälig vermindert. Dies ist beim Aufziehen kleiner Kinder ohne Amme wohl zu berücksichtigen. –

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_131.jpg&oldid=- (Version vom 21.4.2020)