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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

In der That, die Sache ist nicht zu leugnen. Diese Aenderung wird beabsichtigt und kann alle Tage vor sich gehen, aber die guten Sandwicher sind sehr unschuldig daran. Sie würden wahrscheinlich noch Jahrhunderte lang nicht auf diesen Einfall gekommen sein, denn sie leben auch jetzt noch in solcher Unschuld, daß sie nicht wissen, was gut oder böse ist, geschweige denn, daß sie die Monarchie von der Republik zu unterscheiden wüßten, aber Bruder Jonathan weiß, wozu ihm diese Inseln nützen können, und deshalb hat er sich aus christlicher Liebe über die bis dahin nackt umhergelaufenen Bewohner derselben erbarmt und sie rasch so weit civilisirt, daß er mit ihnen machen kann, was er will und daß es daher auch ein Leichtes für ihn ist, dort eine Republik zu etabliren.

Die Inseln haben eine vortreffliche Lage, und der Hafen der Hauptstadt derselben dient jetzt schon jährlich 200 Wallfischfahrern zur Station. Er ist 2800 Meilen von Mexico, 5000 von China, 2700 Meilen von den Freundschaftsinseln und 1700 von Californien entfernt. Durch die Verbindung des atlantischen Oceans mit dem stillen Meere würde er daher noch wichtiger werden, und es ist daher sehr natürlich, daß die Amerikaner darauf denken, sich alle Stationen zu sichern, welche für ihren Handel im Südmeere nach Californien und China von Wichtigkeit sind.

Die Kulturarbeit, welche sie mit den kindlichen Bewohnern der Sandwich-Inseln vorgenommen haben, ist aber so komisch ausgefallen, daß sie einen höchst humoristischen Anblick gewährt.

Honolulu. – Die Königin Kinan mit ihren Ehrendamen.

Ein englischer Reisender, der in den letzten drei Jahren zu seinem Vergnügen eine Reise um die Welt machte, Robert Elwes, hat auf dieser auch die Sandwich-Inseln berührt und eine sehr unterhaltende Schilderung ihrer Bewohner entworfen, und wir wollen unsern Lesern die Hauptsachen hieraus mittheilen, um sie über dieses Terrain der zu erwartenden neuen Republik zu belehren.

Die Sandwich-Inseln bestehen aus einer Gruppe von sechs größeren und vier kleineren Inseln, die nicht mehr ganz dieselben Namen tragen, welche ihnen Cook gab, als er sie im Jahre 1778 entdeckte und die noch meistentheils auf den Karten verzeichnet sind. Sie heißen vielmehr Hawaii, Mani, Molokai, Oahu, Kani und Nihan. Auf Oahu befindet sich die Hauptstadt derselben, Honolulu. Sie hat eine Bevölkerung von 5000 Eingeborenen und 400 Fremden. Unter diesen befinden sich 230 Amerikaner, 100 Engländer und 40 Chinesen. Die Eingeborenen gehören der malaiischen Race an und sind wahrscheinlich von Neu-Seeland und Tahiti auf diese Inseln verpflanzt worden, denn ihre Sprache ist dieselbe, welche dort gesprochen wird.

Das Land ist äußerst fruchtbar. Es erzeugt Zuckerrohr, süße Kartoffeln, Bananen, die in jüngster Zeit so berühmt gewordene Arrow-Wurzel und alle Arten tropischer Vegetabilien. Die Eingeborenen leben meistenstheils von Kalo oder Taro, einem Kraut, das große nahrhafte Wurzeln hat und wild an den Gewässern wächst. Die Amerikaner und die Chinesen bauen Zuckerrohr und Kartoffeln und ziehen daraus einen reichen Gewinn von den Wallfischfahrern, welche an den Küsten anlegen.

Die Eingeborenen lieben es vor Allem, nichts zu thun. Sie können dies allerdings auch durchführen, denn sie haben noch keine Bedürfnisse. Sie gehen nackt, leben in Grashütten und finden, was sie zu ihrer Existenz brauchen. Ihre Hauptbeschäftigung besteht darin, daß sie Vormittags an die See gehen, baden und sich nachher auf dem Rasen umhertreiben. Dabei sind natürlich beide Geschlechter ungenirt beisammen. Die Frauen haben nur eine Art der Bekleidung und des Schmuckes. Sie tragen große Kränze von gelben oder rothen Blumen, von Mimosen oder Rosen, die sie vor der Sonne schützen und ihnen, da sie nicht häßlich sind, ein höchst poetisches Ansehen geben. – Ueber dieses Heidenthum haben sich nun in jüngster Zeit die Missionäre erbarmt, und indem sie den Malaien das Christenthum predigten, haben sie ihnen vor Allem auseinanderzusetzen gesucht, daß sie nicht mehr nackt gehen dürften. Das ließen sich die guten Sandwicher auch gefallen, denn für den Putz ist jeder Mensch empfänglich. Es wurde also vor Allem für die Bekleidung der Frauen gesorgt. Da wollte es aber die Frau des Missionärs, die an der Spitze dieses großen Civilisationswerkes stand, recht gut machen. Sie schnitt den Frauen Kleider zu, die sie bis an den Hals verdeckten, und seitdem sieht man die Sandwich-Damen in den entsetzlichsten Nachtröcken umherspazieren. Sie bestehen aus ganz gerade geschnittenen Blousen, die am Halse zugeschnürt, lose herabhängen und bis auf die Fersen reichen, so daß sich die armen Geschöpfe kaum darin bewegen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_088.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2020)