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verschiedene: Die Gartenlaube (1854)

so nimmt derselbe folgenden Weg: das Blut, welches die Ernährung des Körpers besorgt hatte und dabei schlechter, dunkler, besonders reicher an Kohlensäure und Wasser geworden war, kehrt aus den Haargefäßen aller Körpertheile durch die Blutadern zum Herz zurück und ergießt sich hier aus der obern (a) und untern (b) Hohlader in die rechte Vorkammer (c), tritt sodann aus dieser durch eine längliche Oeffnung (die rechte Vorhof-Herzkammermündung (d) herab in die rechte Herzkammer (e) und wird von letzterer durch die Lungenpulsader (f) in die Lunge geschafft, wo es sich eines Theiles seiner Kohlensäure und seines Wassers entledigt (Stoffe, die wir deshalb fortwährend ausathmen müssen), dafür aber Sauerstoff (Lebensluft) aus der eingeathmeten atmosphärischen Luft aufnimmt. Auf diese Weise wird das Blut in den Lungen gereinigt (s. Gartenlaube Nr. 16 v. J.) und aus dunkelrothem in hellrothes umgewandelt. Dieses verbesserte Blut kehrt nun aus der Lunge zum Herzen zurück und zwar zur linken Hälfte desselben, fließt durch die 4 Lungenblutadern (g) in die linke Vorkammer (h) ein, aus dieser durch die linke Vorhof-Herzkammermündung (i) herab in die linke Herzkammer (k) und wird von letzterer in die große Körperschlagader (Aorta l) getrieben, um durch die Verzweigungen dieser den Haargefäßen aller Theile des Körpers zugeführt zu werden, von wo dann wieder der Rücklauf des Blutes zum Herzen beginnt. – Damit nun der Blutlauf durch das Herz stets in der gehörigen Ordnung und Richtung vor sich gehen kann, muß ebensowohl die Oeffnung, welche aus einer Vorkammer in die Herzkammer, (die Vorhof-Herzkammermündung d. i.) als auch die, welche aus einer Herzkammer in die Pulsader führt, (diese Oeffnungen müssen ferner aber auch durch Vorrichtungen, welche man Klappen (d. f. i. m.) nennt, hinreichend verschlossen werden können, um das Rückwärtsfließen des Blutes (z. B. aus einer Herzkammer in die Vorkammer, aus einer Pulsader in die Herzkammer) zu verhindern. Leider finden sich nicht selten entweder diese Oeffnungen im Herzen widernatürlich verengt, oder die Klappen zum Schließen der Oeffnungen unfähig. Solche krankhafte Zustände, die sich fast stets durch widernatürliches Herzpochen andeuten, bezeichnet man als organische Herzkrankheiten oder Herzfehler; sie sind unheilbar. Das was man im Herzen hört, wenn man dasselbe behorcht, sind 4 Töne (2 rechts und 2 links), welche hinter einander durch das Anprallen des Blutes an die geschlossenen Klappen, zuerst an die Klappe der Vorhofs-Herzkammermündung und dann an die der Pulsadermündungen erzeugt werden. Anstatt dieser Töne, von denen der erste (welcher gleichzeitig mit dem Herzschlage wahrgenommen wird) länger als der zweite ist, hört man blasende, kratzende, knarrende oder schnurrende Geräusche, sobald eine der Klappen nicht gehörig mehr schließt, oder eine der Oeffnungen zu eng wird. Deshalb ist auch der Arzt im Stande, aber freilich nur wenn er das Behorchen der Brust ordentlich versteht, die einzelnen Herzkrankheiten mit ziemlicher Sicherheit zu erkennen, und hat er sie erkannt, dem Patienten wenn auch keine Heilung doch Linderung zu schaffen und einen Rath zu geben, welcher die Verschlimmerung des Uebels und den Tod weiter hinausrückt.

Der Herzschlag, welcher auch die Ursache des Pulses der Schlagadern ist und bei gesunden Erwachsenen gegen 70 bis 75 mal in einer Minute erfolgt, wird zunächst zwar vom Fleische des Herzens veranlaßt, aber dieses muß immer erst durch die Herznerven zur Zusammenziehung angeregt werden. Diese Letzteren wurzeln nun im Gehirn und im Rückenmarke und stehen hier mit allen übrigen Nerven des Körpers in mehr oder weniger genauem Zusammenhange, so daß jede stärkere Reizung eines Nerven, an was immer für einer Stelle des Körpers und aus was immer für einer Ursache, sich im Gehirn oder Rückenmarke den Herznerven mittheilen und stärkeres und beschleunigtes Herzklopfen veranlassen kann. So ist das Fieber (aber nicht etwa das kalte Fieber), was sich eben durch ein, längere Zeit anhaltendes und häufigeres Klopfen des Herzens und der Pulsadern zu erkennen giebt, nichts als eine krankhafte Erscheinung, die einer großen Anzahl der verschiedenartigsten Krankheiten zukommen kann und dem Arzte blos andeutet, daß irgendwo im Körper irgend ein Leiden seinen Sitz aufgeschlagen hat. Nur wenn ein stärkeres und häufigeres Herzklopfen gar nicht wieder verschwinden will oder sofort bei körperlichen und gemüthlichen Bewegungen in bedeutenderem Grade eintritt, ist die Furcht vor einem Herzfehler gegründet. Daß man fast alle guten und schlechten Leidenschaften in das Herz anstatt in das Gehirn, wo sie doch ihren Ursprung haben, verlegt und daß man deshalb von einem guten und bösen, traurigen und liebenden, muthigen und furchtsamen Herzen spricht, kommt daher weil alle Leidenschaften vom Gehirn aus durch die von hier zum Herzen führenden Nerven deutlicher wahrnehmbares Herzklopfen veranlassen. Uebrigens erzeugen auch starke und anhaltende körperliche Anstrengungen, vorzugsweise mit den Armen, sowie Spirituosa, ein stärkeres Herzklopfen. Kurz, jedes starke Herzpochen deutet an, daß im Körper nicht Alles in Ruhe und Ordnung ist. Recht leicht kann aber die stärkere und häufigere Zusammenziehung des Herzens, welche eben das Klopfen veranlaßt, eine Unordnung im Blutlaufe nach sich ziehen und die Ursache zu Entzündungen, Blutungen, Schlagfluß u. s. w. werden.

Das von vorn geöffnete Herz.

a) Obere Hohlader. b) Untere Hohlader. c) Rechte Vorkammer. d) Rechte Vorhofs-Kammermündung (mit der dreizipfligen Klappe). e) Rechte Herzkammer. f) Lungenpulsader (mit 3 halbmondförmigen Klappen am Eingange). g) Lungenblutadern. h) Linker Vorhof. i) Linke Vorhofs-Kammermündung (mit der zweizipfligen Klappe). k) Linke Herzkammer. l) Große Körperpulsader mit m) 3 halbmondförmigen Klappen am Eingange. n) Rechtes und o) linkes Herzohr

Ja, kehrt das Herzpochen sehr oft wieder oder wird es längere Zeit unterhalten, dann kann das Herz allmälig um Vieles fleischiger und größer (überernährt) werden, das stärkere Klopfen desselben wird dann bleibend und Brustbeschwerden der mannigfachsten Art und Heftigkeit finden sich ein, bis endlich das zu Tode gejagte Herz still steht. Umgekehrt könnte aber auch ein Herz, was nie zum stärkern Klopfen veranlaßt wird, allmälig matt und kraftlos werden und dann dem Blutlaufe durch den Körper nicht gehörig vorstehen.

Darum wahre Dein Herz! Nur wenn es dem Rechte und der Wahrheit, der Freundschaft oder der Liebe gilt, dann wehre seinem belebenden Klopfen nicht, sonst aber meide, was Dir anhaltend starkes Herzpochen macht, damit sich keine Herzvergrößerung einstelle. Um aber von den Herzfehlern, welche die Klappen und Oeffnungen im Innern des Herzens befallen, befreit zu bleiben, muß man stärkere Erkältungen der Haut, besonders nach Erhitzung, zu vermeiden suchen, weil sich neben sogenannten rheumatischen, durch Verkühlung entstandenen und mit Fieber verbundener Schmerzen (Entzündungen) in den Gelenken gar oft Herzentzündung einfindet und diese letztere dann jene unheilbaren Herzfehler nach sich zieht. Wie oft ist nicht schon die falsche Ansicht über Abhärtung und der Glaube, daß man sich bei kalter feuchter Luft

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_009.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2020)