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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

und ich dächte, es müßte Euch genügen, daß Ihr wißt, Euer künftiger Schwiegersohn ist ein freier Bürger der Schweiz und im Besitz eines Vermögens, welches hinlangt, mich, Agathen und Euch, frei von drückenden Sorgen, zu ernähren. Was mich aber früher in diese Gegend geführt, und jetzt wieder hergebracht und mich noch einige Zeit hier festhalten wird, nachdem Ihr gerettet, dies, Ihr theuren Lieben, ist nicht mein Geheimniß allein, aber so Gott will, sollt Ihr es in wenigen Wochen erfahren, noch ehe der treue Freund in Pirna mich und Agathe für immer verbindet durch den Segen der Kirche.“

„Hm!“ brummte der Müller, getäuscht in seiner Erwartung, endlich zu erfahren, wer der Antonio eigentlich sei. „Dies ist alles recht schön, aber wissen möcht’ ich doch – –“

„Vater, laßt doch das Fragen,“ unterbrach ihn jetzt Agathe. „Ist Euch Antonio’s Wort nicht genug? Mir genügt es, und was er uns auch verschweigen mag, es kann gewiß nur etwas Gutes betreffen, und uns kommt nicht zu, weiter in ihn zu dringen.“

„Ja, Agathe hat Recht,“ entgegnete der Müller und reichte Antonio die Hand. „Ich werde nicht wieder fragen, und abwarten, bis Ihr für gut befindet, meine Neugier zu befriedigen.“

„So ist’s recht!“ rief Antonio lachend, drückte dem Müller die Hand, und küßte zärtlich Agathen’s Stirn. „Und nun darf ich auch hoffen, daß Ihr Euch nicht ängstigt, wenn ich früh von hier fortgehe, und vielleicht erst nach zwei Tagen zurückkehre, denn nur kurze Zeit soll dies noch währen, dann trennt uns nichts mehr und nichts mehr bleibt Euch dann geheim.“


Am Morgen des andern Tages brach Antonio auf und kehrte erst nach zwei Tagen in die Mühle zurück, freudig und zärtlich von Vater und Tochter empfangen, und wieder ging er fort und kehrte nach zwei oder drei Tagen zurück und trieb dies bereits schon Wochen lang, ohne daß irgend etwas sich ereignet hätte, welches dies geheimnißvolle Treiben desselben aufzuklären vermochte, bis endlich Neid und Rache der Feinde des Bärenmüllers die Enthüllung desselben herbeiführen sollten.

Denn so wie Antonio in der Bärenmühle sich einquartirt hatte, wo Liebe und Dank ihn bewirthete, so hatten längs des Schlottwitz- und Müglitzgrundes bis nach Wesenstein hinab, junge rüstige Männer aus fernen Landen sich eingefunden und ihr Quartier in irgend einem entlegenen Bauernhause oder einer in tiefem Grunde versteckten Mühle aufgeschlagen, von denen Niemand wußte, wer dieselben waren und was sie trieben, die aber überall ihren Wirthsleuten reichlich Zahlung gaben für Kost und Nachtlager.

Nun waren zwar die Bewohner des Muglitz- und Schlottwitzgrundes vor 150 Jahren nicht neugieriger, als dies die gegenwärtig dort lebenden Bewohner noch sind, allein wissen hätten alle doch gern mögen, was die fremden jungen Gesellen auf ihren Felsen, in ihnen Schluchten und Gewässern zu suchen gehabt hätten, die weiter nichts bei sich trugen als ein Ränzel und einen Wanderstab, welcher statt des Griffes eine Bergmannshacke hatte, die sich nirgends ausfragen ließen, und ihren Wirthsleuten, welche gut von ihnen bezahlt wurden, mit Wegzug drohten, als einzelne derselben den Fremden nachgeschlichen auf ihren Wanderungen. Nie sah man zwei oder drei dieser fremden Gäste beisammen, und nur in der Bärenmühle, wo der Antonio wohnte, kehrte hin und wieder, wenn dieser schon daheim war, so ein fremder Gesell ein, verlangte des Müllers Gast zu sprechen und verließ wohl gar des Nachts noch mit diesem die Mühle.

Agathe, des Geliebten Wort fest vertrauend, ließ dann ihren Antonio anscheinend beruhigt ziehen, aber als Woche für Woche verging, ohne daß dieses seltsame Treiben aufhörte, da ward ihr oft, wenn sie in ihrem Kämmerlein allein war, unbeschreiblich bang und weh um’s Herz und sie dachte mit Furcht und Zittern daran, wie leicht dem Geliebten im Dunkel der Nacht in der unwegsamen und unsichern Gebirgsgegend ein Unfall treffen könne. Als aber sogar in den Wirthshäusern der Umgegend böse Gerüchte über das Leben der abenteuerlichen Fremdlinge auftauchten und sie zufällig in der Mühle die Knappen davon sprechen hörte, da bestürmte sie selbst den Vater, nach Pirna zum Dr. Schwerdtner zu eilen und diesen zu bitten, daß er den Antonio bewegen solle, sein heimliches Umhertreiben aufzugeben. Dieser aber lächelte über des Müllers Besorgniß, sprach ihm Muth ein und als die Rede auf das geliehene Capital kam, bemerkte der Superintendent zu des Müllers nicht geringem Erstaunen, daß es damit Zeit habe, und daß er dies nicht ihm, sondern dem Antonio schulde, der durch und durch ein braver edler Mann sei.

Beruhigter aber auch um so neugieriger, war der Müller nach Hause zurückgekehrt und hatte der Tochter Wort für Wort seiner Unterredung mit dem Pfarrherrn mitgetheilt, und als Agathe dies dem Antonio und die um ihn gehegte Sorge und Bangniß nicht verschwieg, als derselbe Abends treulich kosend, neben ihr saß, entgegnete dieser lächelnd: „Nun, Agathe, noch acht Tage, dann ist mein Geschäft in hiesiger Gegend geendet, dann geht’s in die schönere Heimath, wohin ich Dich als meine Gattin führe.“

Der schwarze Mattheus aber und der Kratzhammerwerksbesitzer dachten ganz anders darüber, beide waren voll des giftigsten Hasses gegen den fremden Gast des Müllers, so wie gegen den Letztern selbst, Mattheus voll Rache gegen den von Agathen begünstigten Antonio und wegen des Scheiterns seines finstern Planes auf des Müllers Tochter, Urban Fleck wegen der ihm durch des Fremden Hülfe entgangenen Mühle, und als eines Abends in dem Gasthofe zu Glashütte, wo Beide sich zufällig befanden, der Feldmeister Georg Richart erzählte, daß vor wenig Tagen, als er mit seinem Fuhrwerk spät Abends vom Eisenhammer bei Rückenhain zurückgekehrt sei, und gegen Nachts zwölf Uhr in der wüsten Mühle im Trebnitzgrunde habe anhalten wollen, um nicht weit von dort ein gefallen Stück Vieh mit aufzuladen, er in der Wohnstube Licht gesehen und ein seltsam Gemisch fremder Stimmen vernommen habe. Er sei daher aus Neugier von seinem Karren abgestiegen und habe sich mit seinem Knechte näher geschlichen, und durch eine Spalte des Fensterladens lugend,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 555. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_563.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)