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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

stumm und traurig einhergegangen, der hätte so recht deutlich sich überzeugt, welche Wunderkraft durch neu erwachtes Vertrauen auf Gott und sich selbst in trübe Seelen und kranke Herzen strömt.

Mild und ermuthigend hatte der Pfarrherr zu Pirna, der Superintendent Dr. Schwerdtner, den Bärenmüller aufgenommen, als dieser des andern Morgens nach dem Gerichtstage zu ihm geeilt und ihm das von dem Fremden beschriebene Blatt Papier überbracht hatte. Aber nicht allein bestätigt hatte dieser die Bürgschaft, sondern ihm auch noch 50 Gülden geliehen, um sich das Nöthigste in Haus und Wirthschaft anzuschaffen und die Mühle wieder in Gang zu bringen. Von dem Fremden aber war nach wenigen Monden ein Brief angekommen, in welchem dieser sich mit dem Namen Antonio unterzeichnet, und in welchem er dem Pfarrherrn mitgetheilt daß er die Müllerstochter innig liebe und sie als sein ehelich Gemahl begehre, daß er reich genug sei, um ihr alles bieten zu können, was ihr Herz verlange, und daß er, wenn er zum Frühjahre wiederkehre, er sie und den Vater mitnehmen wolle in die neue Heimath, an die herrlichen Ufer des Lago maggiore, wo er unweit von Lucarno ein freundliches Besitzthum habe. Der Superintendent hatte nach Empfang dieses Briefes den Müller sofort zu sich bestellt und ihm dies Alles mitgetheilt, und als dieser erstaunt über diese seltsamen aber auch frohen Nachrichten den Pfarrherrn gefragt, wer denn aber eigentlich dieser Antonio sei und was er hier in Sachsen getrieben, da hatte dieser lächelnd zur Antwort gegeben, das werde ihm, dem Müller, zu seiner Zeit schon klar werden.


Schumla, das Hauptquartier von Omer Pascha.


Als der Müller aber wieder nach Hause gekommen war und seiner Tochter Wort für Wort wieder erzählt hatte, was er von dem Pfarrherrn erfahren, da war diese dem Vater um den Hals gefallen und hatte demselben in jungfräulicher Schaam erröthend gestanden, daß auch sie den Fremden liebe und sein Bild sie Tag und Nacht umschwebe.

Und nun mit dem Nahen des Frühlings war die Zeit gekommen, wo der Müller und dessen Tochter mit jeder Stunde erwartungs- und sehnsuchtsvoll die Ankunft des geliebten Fremden entgegen sahen, aber auch der Tag war näher gekommen, an welchem der Müller die 500 Gülden erlegen sollte, wenn er nicht jetzt noch sich wollte von Haus und Hof treiben lassen. –

Zwei Tage noch, und der Zahltag war vor der Thür und Antonio noch nicht eingetroffen; von Neuem

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 553. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_561.jpg&oldid=- (Version vom 16.4.2020)