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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

No. 50. 1853.
Die Gartenlaube.


Illustrirtes Familien-Blatt. – Verantwortlicher Redakteur Ferdinand Stolle.


Wöchentlich ein ganzer Bogen mit Illustrationen.
Durch alle Buchhandlungen und Postämter vierteljährlich für 10 Ngr. zu beziehen.


Aus dem Müglitzthale.

Eine historische Erzählung aus den letzten Jahren des siebzehnten Jahrhunderts.
Von Eduard Gottwald.
(Fortsetzung.)


„Beim heiligen Bartholomäus! das nenne ich Glück, in dieser Wildniß noch eine menschliche Wohnung gefunden zu haben,“ begann jetzt ein junger Mann in schwarzem Sammetwamms, einen breitkrämpigen Hut mit einer Birkhahnfeder geschmückt auf dem Kopfe, einen Eichstock mit stählernem Haken als Griff und eisenbeschlagener Spitze in der Hand und ein starkgefülltes Ränzel auf dem Rücken tragend, als die alte Magd die Thüre argwöhnisch halb öffnete und ihm mit aufgehobener Leuchte in's Gesicht schaute.

„Nun, gefalle ich Euch nicht?“ rief der junge Mann scherzend, als er sah, wie die Magd weit eher Lust zu haben schien, ihm die Thür wieder vor der Nase zuzuschlagen, als ihn eintreten zu lassen. „O, Ihr dürft mir schon trauen!“ fuhr er lachend fort, „gönnt mir nur für heute ein Nachtlager, was ich Euch gern vergüten will, denn ich wüßte wahrlich nicht, wohin ich mich, ohne den Hals in diesem Höllenwinkel zu brechen, bei stockfinsterer Nacht noch wenden sollte.“

„Ich will es wagen,“ entgegnete die alte Magd und öffnete die Thüre ganz, nachdem sie den Fremden einen Augenblick von Kopf bis zu Fuß gemustert und das kecke zutrauliche Wesen desselben ihren Beifall gefunden zu haben schien. „Tretet näher; ein Lager von Stroh wird sich für Euch wohl noch finden, aber auf viel mehr dürft Ihr Euch nicht Hoffnung machen.“

Sie trat in’s Haus zurück, indeß der junge Gesell ihr folgte, und führte diesen nach der Wohnstube, an dessen Thüre der Müller den inzwischen herheigeholten Hund an der Kette haltend stand, welcher mit grimmigem Gebell dem Fremden entgegen fuhr, während Agathe neugierig hinter des Vaters Rücken hervorschaute.

„Zurück, Packan!“ rief der Müller, und nöthigte den Fremden, näher zu treten, die alte Magd aber führte den knurrenden Hund wieder nach dem Hofe zurück und verriegelte sorgfältig die Hausthüre.

„Der Himmel danke es Euch, daß Ihr mich nicht unerhört in die dunkle Nacht hinauswandern ließet,“

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 537. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_545.jpg&oldid=- (Version vom 15.4.2020)