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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

3/4 Pfund mehr Weißbrot, als in den großen Städten Deutschlands. Es kommt daher, weil England den Verkehr mit Lebensmitteln ganz befreit hat und Jeder sicher ist, daß keine polizeilichen Maßregeln dazwischen fahren werden und können. Solche Maßregeln, so gut sie auch gemeint sein mögen, stören den Umsatz und können leicht den Getreide-Kaufleuten die größten Geschäfte verderben. Deshalb bringt Jeder lieber seine Waaren in solche Länder, wo keine Eingriffe zu befürchten sind. Deshalb ist in England die Fülle, und die Regierungen, die speziell für Brot und Fleisch der Unterthanen sorgen, müssen sich oft an England wenden, wo nicht ein Drittel dessen wächst, was gebraucht wird.




Türkische Soldaten. Ein Ungar, der über ein Jahr lang in der Türkei lebte und große Reisen in Soldaten-Begleitung machte, schildert das türkische Militär so: ..Es sind lustige, joviale Kerle und man kann sich keine bessern Reisegefährten denken. Jeder trägt seinen Stambul-Fez wie ein humoristischer Bursche und die blaue Quaste kommt nie zur Ruhe vor ihrer Lebhaftigkeit. Die Haupt-Uniform ist eine blaue Jacke mit weißen (oder blauen) rothstreifigen Hosen. Die Schuhe sind ihre schwächste Seite, da die Hacken fast immer ab- oder schiefgelaufen sind und an den Hacken auf- und abklappen, weil sie die Sprungriemen innerhalb derselben tragen. Strümpfe sind nicht Mode, daher guckt immer ein Theil des Fußes hervor. aber immer gut gewaschen. Ihr Lederzeug besteht aus einem Taillen- und einem Kreuzgürtel (von der Schulter nach der andern Seite herüber), die in der Regel in Leinenfutteralen stecken und nur bei großen Paraden unverhüllt glänzen. Nur die Korporale glänzen immer. Jeder Soldat hat einen weißen Mantel mit gelben Knöpfen und einen „Kapuziner,“ das Haupt damit zu bedecken. Letztere werden vom Halse über die Brust weg hinten zugebunden, so daß es recht „kindlich“ aussieht. Die Offizierröcke (Waffenröcke) sind zum Theil reich mit Gold gestickt und ihre sichelförmig gekrümmten Schwerter hacken ganz vortrefflich.“ –

Die Türkei hat gegenwärtig ein reguläres actives Heer von 138,080 Mann, eine Reserve von 38,680 Mann, 51,500 Mann irreguläre Truppen, 110,000 irreguläre Contingente, Summa 338,260 Mann. Die regulären Truppen sind gut eingeübt, an eine strenge Disciplin gewöhnt, und die Offiziere sehr unterrichtet. Die Artillerie besonders ist ganz vortrefflich.

Die Marine besteht aus dreizehn Linienschiffen und vierzehn Fregatten; dazu müssen noch eine gewisse Anzahl Corvetten, Dampfer, Briggs und Goeletten gezählt werden. Die Matrosen sind nicht sehr disciplinirt und die Erziehung der Offiziere läßt noch Manches zu wünschen; indeß muß man die Gerechtigkeit üben, zu gestehen, daß sie mit jedem Tage die befriedigendsten Fortschritte macht.

Das Einnahmebudget wechselt zwischen 650,000,000 und 750,000,000 Piastern (45 bis 52 Millionen Thalern). Die vorzüglichsten Quellen der Einnahme sind – die tithes, welche nicht eigentlich eine Abgabe sind, sondern eine Forderung, die der Staat als Grundeigenthümer an seine Pächter richtet; die vergu, nach demselben Grundsatze, wie die Einkommensteuer, die Kopfsteuer, welche ausschließlich die nicht-muselmännischen Unterthanen trifft, und deren Abschaffung sobald als möglich beantragt werden soll, da sie zu demüthigend ist; der Ertrag der Zölle, oder gumruk; und endlich die indirekten Steuern oder inticab; Patent-, Stempel-, Gebäude- und Post-Abgaben.

Das Ausgabebudget ist gegen 731,000,000 Piaster, unter 49,000,000 Thaler. Die Civilliste des Sultans ist mit 75,000,000 Piaster (4,900,000 Thaler) aufgeführt; die Armee mit 300,000,000 und die Marine 37,000,000.




Weibliche Ritterlichkeit in Amerika. Mehrere Ackerbauvereine (also Landleute des Staates Ohio haben seit 2 Jahren Preise an die besten Reiterinnen vertheilt. Am 4. und 8. Oktober hatte eine solche Gesellschaft in Shamford ihre jährliche Ausstellung, wobei sieben Preise für Reiterinnen ausgesetzt waren. Sie rangirten von 25 Dollars bis zu einem Bleistift (mit Goldfutteral) für die besten Damen zu Pferde, welche aber nicht über 21 Jahre und unbemannt sein müssen, um zum Preisreiten zugelassen zu werden. Bei uns wissen nicht einmal die Ritter mit Pferden umzugehen, und dort drüben feiern die Damen Ordensfeste für ganz reelle ritterliche Dienste zu Pferde.




Ed. Gottwald in Dresden hat unter dem Titel: „Historische Erzählungen und Bilder aus dem Leben“ zwei Bände Erzählungen veröffentlicht, die besonders für alle Freunde der sächsischen Special-Geschichte von großem Interesse sind. Mit großem Geschick versteht der Verfasser interessante Stoffe aus den Archiven zu wählen und in einem ansprechenden Gewande dem Leser vorzuführen. Auch die Bilder aus dem Leben sind sehr frisch und wahr geschrieben und empfehlen wir besonders allen Lustspieldichtern die kleine Novelle: „Rudolph,“ die sich durch trefflichen Humor und glückliche Situationen auszeichnet und, zu einem Lustspiel verarbeitet, sicher eine schlagende Wirkung haben würde.




Elektrische Harpune. Der deutsche Professor Jacobi in Petersburg hat ein Mittel erfunden, die Wallfische, die im Todeskampfe oft großen Schaden anrichteten, schnell und sicher durch einen elektrischen Schlag zu tödten, welcher durch einen ungeheuern Magnet erzeugt und durch einen Draht mit der Harpune zugleich dem getroffenen Wallfische applicirt wird.




Ein seltenes Talent an einer Kaiserin. In China gilt die Wissenschaft mehr, als in irgend einem andern Lande der Welt, ebenso die Arbeit. Ein Gelehrter, der Erklärungen zur chinesischen Bibel (Confucius) geschrieben, rühmte sich seines Bruders, der Fächer und Schirme bemalen könne. Und in einer der neuesten Proklamationen des Kaisers rühmt dieser selbst an seiner Frau, „daß sie feine, aber auch grobe Wäsche mit eigenen Händen waschen könne.“ Aus diesem Grunde empfiehlt er sich und sie dem Schutze des Volkes gegen die Rebellen.

E. K. 




Berichtigung.
Pag. 508, Zeile 23 v. o. lies „6000 Hände“ statt „6000 Hunde.“




Zur Nachricht!

Der unerwartet große Aufschwung, den unser illustrirtes Familienblatt in den letzten Wochen genommen, erlaubt uns heute die erfreuliche Mittheilung, daß die Gartenlaube vom nächsten Quartale ab in vergrößertem Formate und mit vermehrten Illustrationen erscheinen wird. Die mit jeder Woche sich mehrenden guten Beiträge erfordern eine solche Ausdehnung, mit der wir zugleich dem Beifall unserer vielen Freunde zu danken hoffen.

 Redaktion und Verlagshandlung
 der Gartenlaube.



Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 512. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_520.jpg&oldid=- (Version vom 14.4.2020)