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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

auf den Boden fallen ließ. Es legte sich auch sogleich der Länge nach auf die Erde und leckte die Suppe von derselben auf, gleich einem Hunde.“ – An einer andern Stelle seiner Reisen ruft Dumas: „Dieses ewige Geschrei der Sicilianer um Brot! Ich habe in den drei Monaten, da ich in Sicilien war, fast gar keinen andern Ruf des Volkes gehört, als den Ruf nach Nahrung und Brot. Es giebt Menschen in Sicilien, die sich in ihrem Leben nie vollkommen satt aßen von dem Tage an, da sie als Säuglinge an den Brüsten ihrer erschöpften Mütter lagen, bis zu dem Augenblicke ihres Lebens, da sie die heilige Hostie genossen, welche ihnen der Priester auf die bleiche zitternde Zunge legte. Gräßlich ist es zu denken, daß es menschliche Geschöpfe gebe, welchen es eine glückliche Erinnerung für ihr ganzes Leben ist, sich nur einmal recht satt gegessen zu haben – in einem von der Natur reich ausgestatteten Lande, das einst, wie gesagt, die Kornkammer Roms war, bei einem Volke, das sich rühmt, eins der allerchristlichsten zu sein!“


James Johnson, der berühmte englische Arzt und Redakteur einer medizinischen Zeitschrift, sagt wörtlich: „Ich erkläre als meine feste Ueberzeugung, gegründet auf lange Erfahrung, daß, wenn es keinen einzigen Arzt, Apotheker und Droguisten, keine einzige Hebamme in der Welt gäbe, viel weniger Krankheiten und Todesfälle vorkommen würden, schon deshalb, weil sich dann Jeder mehr in Acht nehmen und studirt haben würde, wie man sich am Besten selbst helfen kann.“


Zur Nachahmung dringend empfohlen. Die Feuerspritze schreibt aus Berlin: „Auf unseren Wochenmärkten hat sich seit ein paar Tagen Wunderbares ereignet. Es erschienen Verkäufer, die eine lange Reihe von Säcken mit Kartoffeln gefüllt, vor sich aufpflanzten und davon die Metze mit – sechs Dreiern verkauften, aber Niemandem mehr als höchstens vier Metzen auf einmal. Das gab unter den Hökern und unter den Bauern, die’s Höken nicht minder verstehen, ein großes Maulaufsperren, und wo die Berliner Höker den Mund aufthun, da hagelt es Schimpfworte und anzügliche Reden. Aber die Leute hinter der langen Reihe von Kartoffelsäcken ließen sich nicht irre machen; die Marktpolizeibeamten standen ihnen treulich bei, und wenn die Säcke leer waren, wurden immer wieder frische herbeigeschafft (auch die Höker kauften davon) – und siehe da! nachdem man drei Tage lang rumort und geschimpft und conferirt und conspirirt hatte, da entschlossen sich am Sonnabend die Höker und die Bauern einzeln, Einer nach dem Andern, die Metze Kartoffeln auch für sechs Dreier zu verkaufen. Die Concurrenz, die diesen günstigen Erfolg herbeigeführt hat, geht von einem hiesigen Privatmanne aus, der ohne Absicht auf Gewinn, aber auch ohne Absicht Verluste zu machen, ein namhaftes Kapital angelegt hat, um die hohen Kartoffelpreise durch Concurrenz zu besiegen. Das Resultat beweist, daß dieser Zweck vielleicht schneller erreicht wird, als man erwarten konnte. Mit Zuverlässigkeit erfahren wir übrigens, daß bei diesem Unternehmen die Behörde in keiner Weise betheiligt ist. - Welche Erleichterungen würden den Armen geschafft werden, wenn in jeder Stadt unseres Vaterlandes nur ein Reicher diesem Beispiele folgte, das nicht einmal mit Verlust verbunden ist! Wie bald würden überall die künstlich in die Höhe geschraubten Preise der Kartoffeln und des Getreides fallen! Ist kein Dalberg da?


Riesendampfschiff. Zwei Engländer, Brunell und Scott Russel, dirigiren jetzt den Bau eines Dampfschiffes von 680 Fuß Länge mit 2600 Pferdekraft, welches in seiner furchtbaren Länge im Stande sein soll, auf zwei der höchsten Wogen im Sturme zugleich getragen zu werden, so daß das Schiff stets ruhig zwischen Amerika und England (stets in 51/2 Tagen) hin und herschießen würde.


Lord Westmoreland’s Violine. Der jetzige englische Gesandte in Wien ist bekanntlich ein großer Musiker und Componist. Als er früher einmal als junger Lord mit dem Schiffe Sir John Duckworths durch die reißende Fluth der Dardanellen fuhr, schien das Fahrzeug im Strome und Sturme seinen sichern Schritt zu verlieren und Alles in seinem Bauche durcheinander werfen zu wollen. Plötzlich erschien der junge Lord mit verstörtem Gesicht auf dem Verdeck und stammelte zu dem ersten Lieutenant: „O, Herr –, das ist ein schrecklicher Vorfall!“ „Was, Mylord?“ rief der Offizier, der nichts Anderes zu hören glaubte, als daß das Schiff brenne. „Ein Schuß von den Türken ist durchgekommen und hat meine Violine zerschmettert!“ – Der Offizier empfand wenig Rührung und der junge Lord sammelte traurig die Reste seines Instruments. Ob er’s jetzt den Türken gedenken will?


Australische Universitäten. Der neuen Universität in Sidney, von der Regierung gestiftet, soll eine private Universität in Melbourne folgen. Bei der Bildung der letztern ist unter Anderm der ehemalige Präsident der badischen Nationalversammlung betheiligt, der Sage nach auch der ehemalige preußische Lieutenant Techow, der das Berliner Zeughaus aufgab. Der frühere österreichische Revolutionsgeneral Haugh rüstet sich bekanntlich zu einem großartigen Eroberungszuge in Australien, um dort die Natur durch Erforschung zu überwinden. Wenn sich Australien aus dem Gröbsten, aus Gold und Schmutz herausgehauen, werden Wissenschaften und Künste rascher und kräftiger erblühen, als irgendwo, da es in der Cultur da anfängt, wo Europa und Amerika aufhören. Alle die Hindernisse, die auch in Amerika sich einer vorurtheilsfreien, wirklich humanen Bildung entgegenstellen (von Europa und besonders England mit herübergeschleppt), fallen in Australien gleich von vornherein weg.


Getreide-Einfuhr nach England. Nach einer Berechnung in dem Journal der Londoner Bankiers müssen während der nächsten 10 Monate 18 Millionen Scheffel Getreide nach England eingeführt werden, wenn alle Leute während der Zeit sich satt essen sollen. In dem schlechten Jahre 1847 genügten 5 Millionen Scheffel.


Literarisches. Trotz den traurigen Erfahrungen, welche bisher mit den sogenannten „Musen-Almanachen“ gemacht worden sind, wird doch hier und da wieder ein neuer Versuch gewagt. So kündigt eine Dessauer Buchhandlung unter dem etwas sonderbaren Titel „Argo, ein belletristisches Jahrbuch an, das von Th. Fontane und Franz Kugler herausgegeben und nächstens erscheinen wird. – Auch Freiligrath läßt wieder von sich hören, vorläufig nur als Sammler. Unter dem Titel: Dichtung und Dichter wird er eine Anthologie Gedichte herausgeben, die sich – nach der Versicherung des Verlegers – durch den wissenschaftlichen und ideellen Werth der Zusammenstellung vor allen übrigen derartigen Sammlungen auszeichnen soll. Während nämlich nach einer Seite hin alle Stimmungen des Dichtergemüths, alle Anschauungen des Dichtergeistes vertreten sind, charakterisirt eine andere Reihe von Liedern die Elemente und die Formen der Dichtung, als solcher, so wie die Persönlichkeit der Dichter. Auf diese Weise findet der Leser hier in unmittelbar künstlerischer Gestalt verbunden: Poesie und Poetik, Mustersammlung und Dichtercharakteristik. – Von Ludwig Storch sind zwei Bände Novellen und Erzählungen unter dem Titel: Am warmen Ofen, erschienen. – Eine bis jetzt noch unbekannte Schriftstellerin, Louise Pichler, hat einen dreibändigen Roman: „Friedrich von Hohenstaufen“ erscheinen lassen. E. K.     



Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 488. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_496.jpg&oldid=- (Version vom 15.5.2023)