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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

es ist mehr noch die geistige Sprache derselben, welche sie durch das Auge mit dem Geiste reden.

Der denkende Leser einer illustrirten Zeitschrift hat gewiß schon manchmal gewünscht, etwas Näheres über die Kunst und die von ihr verwendeten Werkzeuge und Stoffe zu erfahren, welcher er allwöchentlich die neuen, blos für ihn verfertigten Holzschnitte verdankt. Kaum daß ein tagesgeschichtliches Ereigniß oder sonst etwas Neues aufgetaucht ist, so bringt ihm auch schon sein wöchentlicher Freund einen veranschaulichenden Holzschnitt davon.

Die Holzschneidekunst ist in neuerer Zeit mehr denn je ein wichtiges Beförderungsmittel der Volksbildung geworden. Sie scheint sogar die Lithographie hierin überflügeln zu wollen. Allerdings hat sie vor dieser den Vorzug voraus, daß sie, was jene nicht kann, ihre Bilder dem Schriftsetzer mit zwischen seine Lettern und dem Drucker mit unter seine Presse schiebt. Sie schmiegt sich so recht innig an das gedruckte Wort an und hilft ihm dicht an seiner Seite nach, wo es allein nicht ausreicht.

Die Holzschneidekunst ist die Vergeistigung des Holzes, die edelste Verwerthung desselben.


Ist denn aber jede Holzart, oder wenigstens mehrere derselben, dazu brauchbar? Leider nicht. Zu den gröberen Arbeiten, wie Zeuch- und Tapetenformen, genügt wohl das Holz des Apfel- und noch besser des Birnbaumes; aber zu den feineren Arbeiten ist blos das Buchsbaumholz brauchbar. Freilich liefern uns dies nicht die zierlichen Büschchen, welche die Beete Deines Gartens einfassen. In Griechenland, in der Türkei und vorzüglich in Kleinasien wird der Buchsbaum zu einem wirklichen Baume mit einem Stamme von 7–8 Zoll Durchmesser. Schon in Spanien erreicht er eine Höhe von 10–12 Fuß.

Unter allen europäischen Bäumen, so weit sie einen ansehnlichen Stamm bilden. hat der Buchsbaum das feinste und dichteste und also auch das schwerste Holz. Feinheit, Dichtigkeit und Gleichmäßigkeit im Gefüge sind eben die unerläßlichen Eigenschaften eines Holzes, wenn es für die Holzschneidekunst anwendbar sein soll.

Manche unserer harten Holzarten würde sich dazu eignen, wenn sie von gleichmäßiger Beschaffenheit ihres Gefüges wäre. Aber immer sind die einzelnen Jahreslagen, aus denen bekanntlich jedes Holz besteht, auf ihrer inneren. d. h. nach dem Mark zu liegenden Hälfte weicher, als auf der äußeren. Am größten ist dieser Unterschied bei dem Fichten-, Tannen- und Kiefernholze, in welchem bekanntlich weiche und harte dunklere Schichten abwechseln.

Diesen Fehler nun hat das Buchsholz nicht. Es ist durch und durch von ganz egalem Gefüge und die Jahreslagen gränzen sich nur durch etwas dunklere Gränzlinien gegen einander ab. Seine Farbe ist Dir schon bekannt, denn Du kennst das Buchsholz von anderer Verwendung her, z. B. zu Kämmen, Löffeln, Werkzeuggriffen und vielen anderen Dingen.

Trotz aller Dichtigkeit und Feinheit entdeckt das Mikroskop darin doch unzählige Löcherchen. Diese sind allerdings so fein, daß sie von der Druckerschwärze überdeckt werden und im Abdruck nicht sichtbar bleiben.

Beistehende Figur wird Dir gewiß Vergnügen machen. Sie ist ein Bild von einem Holzstock, so nennt der Holzschneider eine solche Buchsbaumtafel, welcher nicht nur sein Porträt zeigt, sondern auf der rechten Seite auch das mikroskopische Bild seines anatomischen Baues trägt.

Ich will Dir erzählen, wie das Ding entstanden ist.

Von dem Holzschneider ließ ich mir einen recht schönen dicht gewachsenen, feinjährigen nennt es der Holzarbeiter, Stock geben. Er hat genau die Schrifthöhe, daß er mit den Buchstaben in den Rahmen der Buchdruckerpresse paßt. Du siehst die Hirnholzfläche, wie man es nennt, denn nur in diese läßt sich schneiden, ohne daß die Schnitte splitterig werden, was auf der Aderholzfläche der Fall sein würde. Mit einem anatomischen, haarscharfen Messer schnitt ich nun vom Hirnholz und vom Aderholz ein dünnes Blättchen ab, viel dünner als das feinste Postpapier, und brachte sie unter zwei Glastäfelchen, um sie unter dem Mikroskop betrachten zu können. Nun überzog ich, wie man es für den Holzschnitt immer thun muß, die ganz glattgeschliffene Holzfläche mit einer dünnen Schicht von weißer Farbe, damit mich beim Zeichnen und nachher den Holzschneider beim Schneiden die vielen verschiedenfarbigen Jahrgänge nicht störten. Auf diesen weißen Grund zeichnete ich dann das mikroskopische Bild des Hirnholzes I. und des Aderholzes II., bei 500maliger Vergrößerung. Man muß dazu einen sehr harten Bleistift nehmen, damit die Striche fein und scharf werden. Von der nichtbezeichneten Fläche des Holzes wusch ich dann rings um die Zeichnung die

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 471. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_471.jpg&oldid=- (Version vom 20.2.2021)