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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

England und Frankreich auf Seiten der Pforte, ohne daß sie sich jedoch noch über die Art ihrer Hülfeleistung ausgesprochen haben. Da beide Staaten ihre Gesandten noch ganz friedlich in Petersburg residiren haben, und eine Kriegserklärung auch von ihrer Seite vorangehen muß, ehe sie an den Feindseligkeiten Theil nehmen können, die Türkei aber in ihrem Kriegsmanifest den Beginn derselben nach einer dem russischen General en Chef Gortschakoff zur Räumung der Moldau und Walachei bewilligten vierzehntägigen Frist in Aussicht stellt, so wird vorerst die Türkei sich ohne fremde Hülfe mit ihrem Feind zu messen haben. Wie vorauszusehen war, hat Fürst Gortschakoff die vom Oberbefehlshaber der türkischen Truppen, Omer Pascha, verlangte Räumung der Donaufürstenthümer abgelehnt, so daß also die ersten Feindseligkeiten etwa am 20. Oktober begonnen haben könnten.

Die Hauptmacht der beiden in Streit begriffenen Theile ist auf dem Terrain concentrirt, von welchem wir heute unsern Lesern ein Kärtchen geben, und wobei freilich die äußerst schwierig zu überschreitende Donau als mächtiges Hinderniß zwischen den kriegsbegeisterten Schaaren rollt. Die von Rußland an die Donau geworfenen Streitkräfte schlagen wir wohl mit 160,000 Mann hoch genug an; die zwischen dem rechten Ufer der Donau und dem Fuße des Balkangebirges aufgestellte türkische Armee ist ungefähr 120,000 Mann stark. Das russische Hauptquartier ist in Bukarest mit gegen Galacz, Braila und Giurgevo vorgeschobenen starken Abtheilungen und einem besondern Armeecorps in Krajova; ebenso haben die Russen von Neuorsowa, wo die Donau das österreichische Gebiet verläßt, bis nach Hirsova und Braila alle Uebergangspunkte und Furthen massenhaft besetzt. Ihre Operationslinie bei einem Angriffe dürfte, seitdem die Türken die Donau und den Balkan so stark befestigt, spätern Anordnungen zufolge, über Widdin und längs der serbischen Grenze hin geben, wo das Gebirge weniger Schwierigkeiten bietet. Omer Pascha hat indeß auch nach jener Richtung zu Alles in Vertheidigungszustand gesetzt. Den Mittelpunkt für die türkischen Streitkräfte giebt das am Fuße des Balkan gelegene Schumla, als Hauptquartier mit Varna und Turnowa zur Seite, ab. Die ganze, durch die Festungen Widdin, Nicopoli, Rustschuck, Silistria, und viele andere geschützte Donaulinie ist so zu sagen in einen mit Kanonen bespickten Wall umgewandelt worden, hinter welchem sich außerdem die Befestigungswerke des Balkan erbeben. Die Lage beider Armeen, der russischen wie der türkischen, bezeichnet man wohl am besten in der Art, daß jede stark genug ist, um einen Angriff der andern mit Erfolg abzuwehren; keine aber stark genug, um einen Angriff mit Aussicht auf Erfolg zu unternehmen. So dürfte es wenigstens zur Stunde noch sein. Sollte gleichwohl von der einen oder andern Seite ein Uebergang über die Donau versucht werden, so würde Widdin für jeden der streitenden Theile noch den günstigsten Punkt bieten. Von anderen Uebergangspunkten ist Bregowa hart an der Grenze Serbiens, Islas, Giurgevo, Silistria, Hirsova und Braila, zu erwähnen. Wahrscheinlicher ist es jedoch, daß der ganze an der Donau ausbrechende Krieg, der hier in kurzer Zusammenstellung aufgeführten Hindernisse wegen, wozu namentlich auch die vorgerückte, der Kriegführung höchst ungünstige Jahreszeit kommt, auf Vorpostengefechte und Scharmützel beschränkt bleiben wird. Größeren Anschein gewinnt es dagegen, daß in Asien, wo das bei Erzerum unter Abdi Pascha zusammengezogene türkische Heer ziemlich so stark wie die Donauarmee ist, der ernstlichere Kampf zwischen den feindlichen Parteien entbrennt. Dort steht man sich in ziemlich freier Ebene gegenüber und der von Feinden Rußlands wimmelnde Kaukasus ist nicht weit.




Eine Exekution.

Wenn je zwei benachbarte Volksstämme sich recht gründlich hassen, so sind es gewiß die Neapolitaner und Sicilianer, und selbst bei Anlässen, denen alle gegenseitige Beziehungen zwischen beiden Theilen fehlen, verläugnen sich die feindlichen Gesinnungen nicht. Folgender Vorfall, der sich im Sommer v. J. in Palermo ereignete, mag hierfür sprechen.

Paoli, ein Unteroffizier der neapolitanischen Besatzung in Palermo, war wegen eines gröblichen Dienstvergebens vom Kriegsgerichte zum Tode verurtheilt worden.

Die Sicilianer, bei denen die neapolitanischen Soldaten eben nicht im Rufe besondern Muthes stehen, erwarteten voller Spannung den Tag der Exekution, um zu sehen, wie sich ein Neapolitaner beim Sterben benehmen werde.

Die Neapolitaner sahen ihrerseits den Tag nicht ohne Besorgniß nahen. Obwohl, wenn die Begeisterung sie packt, so tapfer als irgend ein Volk der Erde, liegt es doch nicht in ihrem Charakter, dem Tode kaltblütig entgegenzutreten. Wenn nun ihr Kamerad wie ein Feigling starb, so fiel die Schande auf sie alle zurück und der Triumph der Sicilianer war vollständig. Den dergestalt möglichen übeln Eindruck fanden die höhern Offiziere so bedenklich, daß sie sich an den König mit der Bitte um Umwandlung der Todesstrafe wandten. Allein es handelte sich, wie erwähnt, um ein im Dienst begangenes grobes Verbrechen gegen einen Vorgesetzten und der König glaubte der Gerechtigkeit freien Lauf lassen zu müssen.

Ein Offiziersrath wurde zusammenberufen und berieth die bei diesem mißlichen Anlasse zu ergreifenden Maßregeln. Unter andern Vorschlägen tauchte auch der auf, den Verurtheilten im Innern der Citadelle erschießen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 468. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_468.jpg&oldid=- (Version vom 14.4.2020)