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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

vielen Pfannen und Kesselfeuerungen, in Badeanstalten und Waschhäusern. Im Themsetunnel – erzählt ein Reisender – findet eine allerliebste Benutzung der Gasflammen statt. In einer der Arkaden jenes Tunnels werden nämlich die Besucher des merkwürdigen Bauwerks mit Musikstücken aus einer Orgel unterhalten, welche von einer kleinen Dampfmaschine in Bewegung gesetzt wird, deren Kessel man durch 9 Gasflammen heizt. Aber nun erst die Anwendung der Gasküchen, von der wir eine getreue Abbildung geben. In sehr vielen guten Gasthäusern Londons bedient man sich ihrer bereits. Eine der schönsten gasbeheizten Küchen befand sich in der Speisehalle des Kristallpalastes und erregte die Aufmerksamkeit vieler sachverständiger Besucher. Unser Bild veranschaulicht recht deutlich die Entrichtung des Gaskochofens von Sharp. Unsere wirthlichen Leserinnen werden bei dessen aufmerksamer Betrachtung bezüglich seiner Wirkungsart gewiß leicht in’s Klare kommen. Unten brennen die Gasflammen, die von den Röhren links gespeist und mit den Hähnen regulirt werden. In dem Innern des Eisencylinders, der Trommel, braten Hammelkeulen, Schweinsrippen und Kalbsstoß. Obendrüber werden Pasteten gebacken. Zu oberst auf einer Art Herd befinden sich die Kasserolen und Töpfe zum Kochen und Schmoren, für Gemüse und Fisch. In der Mitte hoch steht ein Behälter mit heißem Wasser. Die an der Seite stehenden Gefäße werden von siedendem Wasser heiß gemacht. Dieses wird von den Gasflammen in einem Raume zwischen dem inneren und äußeren Eisencylinder, in dem die Gasflammen brennen, fortwährend kochend erhalten. Kleine Töpfe sind auf die größeren gesetzt, und ihr Inhalt hält sich warm. – Dieser von uns vorgeführte Gasofen ist für große Wirthschaften berechnet; aber es lassen sich leicht kleinere für beschränktere Haushaltungen construiren. –

In Berlin hat ein Ingenieur Elsner sehr gelungene Versuche mit der Gasfeuerung gemacht. Derselbe hat sich eine Kochmaschine, eine durch Gas gespeiste Lampe, eine Vorrichtung auf der man Plätteisen heiß macht, und eine Bratmaschine für Gasbeheizung eingerichtet. Nach Elsner’s Versuchen wird ein Beefsteak in 21/2 bis 3 Minuten durch 1 Kubikfuß, Kaffee für 6–8 Personen in 4 Minuten durch 2 Kubikfuß, und eine 12pfündige Kalbskeule in 20–25 Minuten durch 12 Kubikfuß Gas hergestellt. Wir haben daher nur dafür zu sorgen, daß es uns nicht an Gas fehlt; aber daran fehlt es eben noch an vielen Orten in Deutschland!




Blätter und Blüthen.

Der alte und der junge Napoleon. Das rasche Aufsteigen des napoleon’schen Glückssterns hat verschiedenerlei Schriften hervorgerufen, welche das frühere Leben des gegenwärtigen Kaisers der Franzosen bis in seine zarteste Kindheit zurück zum Gegenstande haben. Der Verfasser der Briefe aus London erzählt so unter Anderm als Augenzeuge die Scene, wie der große Kaiser nach der ersten Abdankung zu seiner geliebten Stieftochter Hortense, der Mutter Ludwig Napoleon’s kam, um ihr und seinem kleinen Neffen Lebewohl zu sagen. Man konnte den Knaben kaum von dem geliebten Oheim trennen. Er klammerte sich an ihn an, weinte bitterlich und schrie in einem fort: er wolle gehen und mit Kanonen gegen die Feinde des Oheims ziehen. „Der Kaiser,“ heißt es in unserer Quelle weiter, „schien traurig und nachdenklich, obgleich seine Stimme, wie gewöhnlich, rasch und scharf accentuirt war. Ich hörte mit der größten Aufmerksamkeit auf Alles, was er mir sagte; da sah ich mich zufällig um und gewahrte, daß die Thüre, durch welche der Kaiser gekommen, offen gebliehen war. Ich machte einen Schritt, um sie zu schließen, als ich plötzlich ein Kind ins Zimmer schlüpfen und dem Kaiser sich nähern sah. Es war ein reizender Knabe von 7 bis 8 Jahren, mit blonden Haaren und blauen ausdrucksvollen Augen. Sein Gesicht trug den Ausdruck des Schmerzgefühls, sein ganzes Benehmen verrieth eine heftige Gemüthsbewegung, die er zu verbergen suchte. Als sich das Kind dem Kaiser genähert hatte, kniete es vor ihn hin, legte sein Haupt auf seine Kniee und weinte bitterlich. Was ist Dir, Ludwig? sagte der Kaiser mit einer Stimme, welche deutlich anzeigte, daß diese Unterbrechung ihm ungelegen kam – was kommst Du hierher und was weinst Du? Sire, antwortete der Kleine, meine Gouvernante sagte mir so eben, daß Sie in den Krieg ziehen und abreisen werden. Oh, gehen Sie nicht fort, gehen Sie nicht fort! Aber weshalb willst Du, daß ich nicht fortgehe, entgegnete der Kaiser mit sanfterer Stimme, warum willst Du nicht, daß ich fortgehe, mein Kind? Mit diesen Worten nahm der Kaiser den Kopf seines Lieblings in die Hand und streichelte seine Haare. Es ist nicht das erste Mal, sprach er weiter, daß ich in den Krieg ziehe – warum betrübst Du Dich? fürchte Nichts, ich werde bald wieder zurückkommen. Oh, sagte der Knabe immer weinend, ach mein lieber Onkel, ich weine, weil diese bösen Alliirten Sie tödten wollen; ach lassen Sie mich mitziehen, mein Onkel! Der Kaiser antwortete nicht; die Liebe des Kindes bewegte ihn im Innersten. Er nahm den Knaben zwischen seine Kniee, schloß ihn in seine Arme und drückte ihn heftig an sich. – Bewegt von dieser rührenden Scene verfiel ich in Gedanken, ich weiß selbst nicht mehr, in welche – nur so viel weiß ich, daß ich die Thorheit beging und von dem König von Rom sprach, der damals schon ein Gefangener Oesterreichs war. Ach! rief der Kaiser aus, wann werde ich ihn wiedersehen? Der Kaiser war tiefbewegt, denn er schien zu ahnen, daß eine grausame

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_340.jpg&oldid=- (Version vom 13.4.2020)