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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

sich allein nahrhaft wären; dies ist durchaus nicht der Fall, und zwar deshalb nicht, weil diese Stoffe nur sehr wenige von den Materien in sich enthalten, welche unsern Körper zusammensetzen. So bestehen die Austern nur aus Eiweiß, das Eidotter größtentheils aus Fett, und die übrigen Stoffe haben auch nur die Zusammensetzung und den Nutzen des Fettes. Am häufigsten wird aber in unserer Diät darin gefehlt, daß man zu wenig von den Stoffen genießt, welche unser Körper zu seinem Wohlsein in ziemlich großer Menge bedarf und diese sind: Wasser, Kochsalz und Fett. Das letztere kann allenfalls durch einige andere Stoffe ersetzt werden, wie durch Stärke, welche sich fast in allen Pflanzenstoffen, vorzugsweise aber in der Kartoffel findet, durch Zucker, Alcohol, Gummi, Pflanzenschleim und Pflanzengallerte. Doch davon in einem spätern Aufsatze; jetzt zu den Verdauungsorganen und dem Verdauungsprocesse.

Die Verdauung beginnt mit der Vorverdauung, deren erster Akt die Aufnahme der Speisen und Getränke in die Mundhöhle ist. Die aufgenommenen flüssigen Stoffe werden sogleich, vermischt mit dem Schleime und Speichel der Mundhöhle, verschluckt und gelangen so durch die Speiseröhre in den Magen, die festeren dagegen unterliegen vorher einer Verkleinerung, dem Zerkauen. Während des Kauens, welches mit Hülfe von Muskeln zwischen den Kiefern durch die Zähne (s. Nr. 4 der Gartenlaube) geschieht, fließt aus 6, von der Seite und am Boden der Mundhöhle liegenden Drüsen (Speicheldrüsen) eine Flüssigkeit zu den Speisen, welche Speichel heißt und nicht blos die gekauten Stoffe befeuchtet, einweicht und zum Theil auflöst und so schmeckbar macht, sondern auch mit diesen verschluckt wird und dann im Magen die Stärke der pflanzlichen Nahrungsmittel in Zucker umwandelt. Nach dem Einspeicheln wird das Zerkaute (Bissen genannt) mit Hülfe der Zunge (a), indem sich diese an das Dach der Mundhöhle (den harten Gaumen) andrückt und dabei zugleich das Genossene schmeckt, hinterwärts gedrückt und gelangt so unter dem Gaumenvorhange (dem Zäpfchen) hinweg und zwischen den beiden Mandeln hindurch in den Schlundkopf (b). Hat der Bissen den hintersten Theil der Zunge, die Zungenwurzel passirt, so rutscht er über eine Klappe hinab in den Schlundkopf und von da in die Speiseröhre (f). Diese Klappe deckt beim Hinabschlucken des Bissens, was durch den glatten Schleim an der Wand der Speisewege erleichtert wird, die Oeffnung des Kehlkopfes (d) und der Luftröhre (e) zu, damit nicht etwa Stückchen des Genossenen in die falsche Kehle (d. i. in den Kehlkopf und die Luftröhre) kommen. Ist der Bissen auf diesem Wege in die Speiseröhre (f) gelangt, so wird er durch die Zusammenziehungen dieser fleischigen und stets geschlossenen Röhre, welche sich vom Halse aus hinter der Luftröhre, dem Herzen und den Lungen hinweg durch die Brusthöhle und durch eine Oeffnung des Zwerchfells (g) hindurch in die Bauchhöhle heraberstreckt, ganz allmälig hinunter in den Magen befördert und damit ist die Vorverdauung, welche aus der Aufnahme, dem Zerkauen, dem Einspeicheln und Verschlucken der Nahrungsmittel bestand, vollendet. Es folgt jetzt die

Magenverdauung oder Speisebreibildung (Chymification) und diese geht innerhalb des Magens vor sich. Der Magen (k) ist ein dudelsackförmiger, häutiger Sack, welcher hinter der Herz- oder richtiger Magengrube, mehr im linken Theile der Oberbauchgegend seine Lage hat und zwei Oeffnungen besitzt, von denen die eine mit der Speiseröhre zusammenhängt und Magenmund (l) heißt, während die andre aus dem Magen hinaus in den Darmkanal führt und Pförtner (m) genannt wird. Das Innere des Magens ist mit einer sammtähnlichen Haut (mit Schleimhaut) ausgekleidet, welche Schleim, zum Glatt- und Schlüpfrigmachen der Magenwand, und einen eigenthümlichen sauren Saft, den Magensaft, zum Auflösen und Verwandeln der festern eiweißartigen Nahrungsstoffe bereitet. Um die Schleimhaut außen herum liegt eine Fleischhaut, welche die Speisen, nachdem sich diese eine Zeit lang im Magen aufgehalten haben und in einen Brei (Speisebrei, Chymus) aufgelöst worden sind, allmälig (durch die sogenannten wurmförmigen Bewegungen) aus dem Magen durch den Pförtner hinaus in den Darm treibt. Während des Verweilens der Speisen im Magen, welches nach der Löslichkeit der Speisen längere oder kürzere Zeit, etwa 2, 4 bis 6 Stunden, dauert, wird ein Theil des Flüssigen (Wasser, flüssiges Eiweiß, aufgelöste Salze u. s. w.) von den Saugadern und Blutgefäßen der Magenwand aufgesogen und in das Blut geschafft. Der übrige feste Theil des Genossenen wird dagegen zu Speisebrei umgewandelt und hierbei löst der saure Magensaft nur die festen eiweißartigen Substanzen auf, während ein Theil der Stärke vom verschluckten Mundspeichel gelöst und in Zucker umgewandelt wird. Die fetten Stoffe erleiden im Magen keine Umwandlung. Die Luft im Magen rührt entweder von der Zersetzung der Speisen her oder wurde mit dem Speichel verschluckt; es ist gewöhnlich atmosphärische Luft, Kohlensäure und Wasserstoffgas. Ist der Speisebrei fertig und das Flüssige desselben zum Theil von den Gefäßen der Magenwand aufgesogen, so wird der Rest in den Darm geschafft und es beginnt die

Dünndarmverdauung, welche im obersten an den Pförtner des Magens grenzenden Theile des Darmkanales, im sogenannten Dünndarme ihren Sitz hat. Der enge oder Dünndarm, dessen innere Oberfläche ebenfalls mit sammtähnlicher Schleimhaut ausgekleidet ist und Schleim, so wie einen eigenthümlichen Darmsaft absondert, zerfällt in 3 Portionen, von denen die oberste der Zwölffingerdarm (n) heißt und deshalb von großer Wichtigkeit ist, weil sich in diesen Darm 2 Flüssigkeiten ergießen, welche mit dem Darmsafte gemeinschaftlich die weitere Verdauung des Speisebreies besorgen. Die eine dieser Flüssigkeiten ist die Galle, welche durch den Gallengang (q) aus der Leber (o) und Gallenblase (p) in den Darm gelangt. Die andere Flüssigkeit heißt Bauchspeichel und stammt aus der Bauchspeicheldrüse (r), welche hinter dem Magen, zwischen der Milz (s) und dem Zwölffingerdarme ihre Lage hat. Die zweite Portion des Dünndarmes, der Leerdarm, und die dritte der Krummdarm, ziehen sich in der Mitte des Bauches und Beckens unter dem Namen der Gekrösdärme (t) in schlangenförmigen Windungen herauf und herunter und endlich senkt sich der letztere in der rechten Unterbauchgegend in den Dickdarm ein (u). Innerhalb des Dünndarms gehen nun folgende Veränderungen mit dem, durch die wurmförmigen Bewegungen des Darmes langsam fortbewegten Speisebreie und zwar mit Hülfe der Galle, des Darmsaftes und

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_234.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)