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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

geboten wird, warm das Wort rede. Ich verfolge mit Aufmerksamkeit die reformatorischen Bestrebungen auf allen wissenschaftlichen Gebieten, und begrüße jeden Fortschritt zum Besseren und zu einer vernünftigeren und nüchterneren Natur- und Weltanschauung mit lebhafter Freude. So sind es die Institute der Mäßigkeitsvereine, die Turn- und Schwimmanstalten, mehr aber noch und in weit wichtigerem Grade die Erfahrungen und Resultate der neueren Naturforscher, der Geologen und Physiker, der Chemiker, der Physiologen, der Pathologen, der Anatomen, die alle meine ungetheilte Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen; und ich bin der festen Ueberzeugung und glaube auch Dich damit einverstanden, daß sie alle für sich, gleich wie Dein Prießnitz und Rausse nur die einzelnen Glieder in der großen Kette der Menschheit und Weltreformer sind, der Menschen- und Weltbefreier aus den Banden der Befangenheit, des Aber- und Unglaubens, der Unmoral, der Genußsucht und Verweichlichung, des Siechtums, der leiblichen und geistigen Unmündigkeit. Da sind die Humboldt und Buch, die Burmeister und Roßmäßler, die Müller und Liebig, die Oppolzer und Rokitansky, die Bock und Richter, Moleschott und Wunderlich und viele andere Zeitgenossen und Koryphäen der verschiedenen Wissenschaftszweige allein in unserm Vaterlande; und wer zählt erst die andern Nationen, die alle, alle emsig und unermüdet sind, das Unbekannte zu ergründen, das Bessere zu erforschen, und das Erworbene dem Volke bekannt und verständlich, und nutz- und anwendbar zu machen.

„Du siehst, ich kann Dich und Deinen neuen und lebhaften Enthusiasmus für eine gute Sache wohl begreifen und weiß ihn wohl zu würdigen. Laß uns aber drum auch noch nicht verzweifeln an der heutigen Welt, hoffen wir ein allgemeines Hell- und Lichtwerden in den Köpfen, ein allgemeines Ernüchtern und Gesunden der Leiber und ein allergreifendes Besserwerden.“

Bei diesen Worten ertönte die Schiffsglocke, wir liefen in den Hafen von Constanz ein, um nach einstündigem Aufenthalte weiter rheinabwärts zu schwimmen.




Javanische Skizzen.

Von
Fr. Gerstäcker.
I.
Eine Kaffeeplantage mit ihren Arbeitern.

Am Sonnabend Abend hatte ich auf Tjioem boeloeit Hrn. Phlippeau wieder getroffen und mit diesem besprochen, daß ich am Montag nach Lembang hinaufkommen solle, die dortige Kaffeeplantage zu besuchen und eine ordentliche Rhinocerosjagd zu machen. Er hatte sich indessen nämlich genau erkundigen lassen und erfahren, daß nicht allein in letzterer Zeit mehrere Rhinocerosse, und zwar sehr starke Thiere, am Ufer eines kleinen, hoch in den Bergen liegenden Sees gesehen worden wären, sondern daß es auch dort Bantangs, oder wilde Kühe gäbe und eines der Rhinocerosse sehr stark den wilden Kühen den Hof machen solle, wenigstens immer in ihrer Nähe gesehen würde. –

Nun rede Einer von Kaffeegesellschaften bei uns zu Haus, wo der gute Ruf unserer Mitmenschen untergraben und den unschuldigsten Verhältnissen boshafte Deutungen untergeschoben werden – da soll man sich noch darüber wundern, wenn hier oben die Rhinocerosse in den Bergen nicht einmal sicher vor schlechter Nachrede sind.

Montag den 1. December also ritt ich auf einem Pferd des Regenten, der mich wirklich mit einer unermüdlichen Gefälligkeit stets mit Pferden versorgte, nach Lembang hinauf, und der Richtung des Taneuban prau, eines jener Krater zu, die noch immer wühlen und kochen im Innern, und dann und wann einmal die ganze Insel mit einer plötzlichen Eruption erschüttern, und mit glühender Lava das wieder, was sich an Vegetation schüchtern in ihre Nähe gewagt hatte, verwüsten.

Von Bandong aus ritten wir zuerst, denn ich hatte vom Regenten auch einen Burschen mit bekommen, der die Pferde wieder zurückführen sollte, einige Meilen im flachen Lande fort, durch die reizende Bandong-Ebene, dann aber betraten wir die Hügel, und stiegen von nun an, die sich ziemlich rasch hebende Höhe, fortwährend bergauf, dem von Bandong etwa neun Paalen entfernten Lembang zu. Lembang liegt etwas über 4,000 Fuß über der Meeresfläche.

Aber keine öden, wilden Berge sind es, in deren dichter, noch unentwegter Vegetation der Weg sich hinaufwindet, wie über den Megamendong, sondern jeder Fuß breit war hier benutzt, keine Stelle lag unbebaut, und oben vom Gipfel ab rieselten die lebendigen klaren Quellen nieder, und sprangen von Terrasse zu Terrasse auf regelmäßig und oft kunstvoll angelegte Reisfelder, die jungen Pflanzen zu frischen und zu tränken. Hier und da unterbrachen einzelne kleine Kampongs mit ihren Kaffebüschen, Arenpalmen und andere Fruchtbäume die aufgeschichteten Felder – nur die Cocospalme hörte hier oben auf zu wachsen, und wenn auch an einzelnen Stellen einzelne gepflanzt waren, und ihre feinen herrlichen federartigen Blätter aus dem fruchtbaren Boden heraustrieben, mußte ihnen doch die kalte hinüberwehende Bergluft nicht zusagen – sie gediehen nur kümmerlich und trugen keine Früchte.

Um zehn Uhr etwa erreichten wir Lembang, es liegt auf dem Gipfel der ersten Hügelreihe nach den Kraterbergen hinüber Front machend, und hat eine wahrhaft entzückende Aussicht auf die blauen Gebirge und über tief eingerissene, mit wilden Pisang bewachsene Schluchten hin. Hier fühlte man aber auch, daß man in eine andere Temperatur kam – dies war kaum noch ein tropisches Klima,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_116.jpg&oldid=- (Version vom 16.4.2020)