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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

glücklichen Staat aus seiner tiefsten Zerrüttung, aus Mangel und Bedrängniß zu der hohen Stufe seiner Macht erhob, der wiederholt die fremden Heere schlug, eine freie und sichere Gesetzgebung einführte, ein edles Bürgerthum schuf, dem Volke eine Verfassung gab, die heute, nach 70 Jahren, noch als Muster gilt.

Er war es, der nach Jahren mühevollen Schaffens, jede Belohnung ausschlagend, arm wie vordem, von dem Gipfel seiner Macht still in das Privatleben zurückkehrte und als ein schlichter Bürger des selbstgeschaffenen Staates ruhig abwartete, bis ihn das Vaterland zu neuen Aemtern, zu neuen Thaten rief. So groß und edel und uneigennützig war nie ein Mann, so wackere auch die Weltgeschichte aufzuzählen hat. In der Gestalt eines Helden barg er das Herz eines Weisen, den Geist eines Staatsmannes und den Muth eines freien Bürgers. Unerschütterlich treu gegen das Vaterland, paarte er mit dem Verstande und der Einsicht eines genialen Mannes die Unschuld und den Charakter eines Kindes. Stets waren seine Absichten redlich und seine Mittel immer rein. Er zeigt uns das seltene Beispiel eines Staatsmannes, dem List gänzlich unbekannt und der in seinen Versicherungen gegen fremde Regierungen wie gegen seine Mitbürger stets aufrichtig war. Nie gab es einen so edlen Charakter.

Das einsame Grab liegt in dem Garten von Mount-Vernon im Staate Virginien und der Name des Bravsten der Braven, der hier seinen ewigen Schlaf schläft, ist – Georg Washington.




Vom Baue des Menschen.

Von Dr. L–n.
I.0 Herz und Blutlauf.

Seit Jahrtausenden hat die Wissenschaft ihre Schätze aufgehäuft; Jahrtausende sind gekommen und gegangen, mit ihnen die Geschlechter der Menschen, Völker und Staaten. Im Laufe der vergänglichen Dinge ist so Vieles bis auf den Namen, Vieles namenlos verschwunden; - geblieben aber ist über allem Wechsel des Menschen Herz selbst mit seiner Leidenschaft, seiner Freude und Trauer, des Menschen Geist mit seinem Drange nach Wissen und Aufklärung. Und seltsam! vielleicht gerade das Nächste, was uns umgiebt, ja das Allernächste, sich selbst, kennen die Meisten nicht. Wie wir gehen, sitzen, liegen; was in uns schlägt, sich bewegt; ohne das wir nichts sehen, nichts hören, nichts genießen, überhaupt gar nichts thun können, ist größtentheils ein verschlossenes Geheimniß für Viele; wir selbst sind uns nur zu oft auch in unserm sichtbaren Theile ein ungelöstes Räthsel. Erklären wollen wir hier diese Erscheinung nicht weiter, wohl aber versuchen, zur Aufhellung des Dunkels ein Kleines beizutragen und dem freundlichen Leser in einzelnen Schilderungen den künstlichen Bau des Menschen und seiner Organe vorführen, aus denen er sich dann ein klares Gesammtbild seines leiblichen Wesens selber zusammensetzen möge.

Nicht mit Unrecht hat man den Menschen eine kleine Welt, Mikrokosmus, genannt, gegenüber dem großen All, Makrokosmus. Nicht blos bildlich ist dies richtig; unser Leib enthält alle Elemente der andern Geschöpfe, unsere Lebensform wiederholt alle Vorgänge des allgemeinen Lebens auf den niederen Stufen der Wesen; aber in der letzten, höchsten Vollkommenheit - der Mensch ist Gipfel und Krone der Schöpfung. Man hat oft schon den Organismus mit den Werken der Mechanik, der Maschinen oder ähnlichen Vorrichtungen verglichen. Bis zu einem gewissen Punkte kam man damit nothdürftig aus, aber gar bald zeigte sich diese schwache und unvollkommene Auffassung als ungenügend. Erst wenn wir den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Stoffen, Theilen und Organen des menschlichen Körpers zu erforschen suchen, werden wir zur Anerkennung der unendlichen Weisheit des Schöpfers gezwungen, je öfter sie die Fassungskraft des menschlichen Geistes übersteigt. Bei der Schilderung der Organisation werden wir freilich oft genöthigt sein, nach mechanischen Erklärungen zu greifen; man wird aber dabei stets im Auge behalten müssen, daß damit nicht die ganze Eigenthümlichkeit des selbstständigen, aus sich lebendig herausgebildeten, sich erhaltenden und fortpflanzenden Organismus erschöpft sein sollte und könnte.

Der menschliche Körper besteht aus festen und flüssigen Bestandtheilen. Letztere machen vier Fünftel des Körpergewichts aus, und deren allgemein bekanntester ist das Blut, die Quelle der Ernährung wie der Absonderung, also des Lebens. Dieser Nahrungs- und Bildungssaft ist in weiteren und engeren Röhren, die ein zusammenhängendes System bilden, durch den ganzen Körper verbreitet und in beständiger Bewegung – sein völliger Stillstand ist Tod. Diese Anordnung stellt sich uns (wenn auch nicht mathematisch genau) in einem Kreislaufe dar, indem das Blut von einem Mittelpunkte aus durch die Organe des Körpers getrieben und am Ende durch die Vermittlung feinster Blutgefäße in entgegengesetzter Richtung wieder zu jenem Mittelpunkte zurückgeführt wird. Der Kreislauf ist ein doppelter, ein kleiner und großer (davon später); sein Mittel- und Ausgangspunkt aber das Herz, dessen Einrichtung wir hier zunächst anschaulich machen wollen.

Das Herz, Centralorgan für das System der blutführenden Gefäße, ist eigentlich ein Muskel, d. h. eines jener faserigen Organe, welche man gewöhnlich mit dem allgemeinen Namen Fleisch bezeichnet; hat eine länglichrunde (kegelförmige) Gestalt, und liegt, eingestülpt in einen häutigen geschlossenen Sack, den Herzbeutel, dessen innere Platte das Herz selbst überkleidet, mitten in der Brusthöhle zwischen den Lungen, hinter dem Brustbein und zwar in schräger Richtung, von oben, rechts und hinten nach unten, links und vorn. Seine zwei Hälften, rechtes und linkes Herz, sind der Länge nach durch eine Scheidewand getrennt und haben (im erwachsenen Zustande) keine Verbindung

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_091.jpg&oldid=- (Version vom 16.4.2020)