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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

künstlerisch dargestellt werden. Außerdem wird das hervorragendste, die einzelne Nation am meisten charakterisirende Volksfest, durch ein größeres Bild in höchster Vollendung dargestellt werden. Der Text wird zugleich in englischer, französischer und deutscher Sprache erscheinen. Bei den Mitteln, welche der Verlagshandlung zu Gebote stehen, läßt sich etwas Ausgezeichnetes in künstlerischer Beziehung erwarten. – So eben hat in Hamburg ein Buch die Presse verlassen, das in den mecklenburgischen Herzogthümern großes Aufsehen erregen wird. Es heißt: „Ein Neujahrsgruß aus Mecklenburg an Deutschland“ und enthält sehr bittere und haarscharfe Kritik der dortigen Zustände.


Keine Entfernung mehr! Das Wort der Bibel: „Herrschet über die Erde und machet sie euch untertan,“ wird durch die ewig fortschreitende Cultur und Wissenschaft bald eine Wahrheit werden. Entfernungen werden nach und nach eine Mythe, sie hören auf zu existiren. Nehmen wir England an. Durch den elektrischen Telegraphen wohnt ganz England wie in einer Stube. Man kann einem Freunde, der 600 Meilen weit wohnt, einen guten Morgen bieten und ehe die Tasse Kaffe kalt geworden, schon den Dank dafür zurück erhalten. Nach Paris fährt man pr. Dampf in 12, nach jeder deutschen Hauptstadt in 24 oder 48 Stunden, nach New-York in 7 Tagen, nach Australien in 38. Das war früher Alles 20 bis 50 mal so weit, so daß wir ganz richtig sagen können: die Macht der Erde in ihren Entfernungen, in ihrer Größe hat für den Austausch der Völker, d. h. für den Frieden und die Civilisation der Menschheit 20 bis 50 mal abgenommen.

Ueber ein Kleines aber wird’s noch ganz anders kommen und demnächst ist’s um die Erde nicht viel weiter als früher zum Feierabend um die Stadtmauer herum. Der elektrische Telegraph, der London schon unter dem Meere hin mit allen Hauptorten Europa’s verbindet, wird unter dem Weltmeere hin auch seinen Weg nach Amerika finden. Es ist schon Alles dazu getheilt, ausgemessen und ausgerechnet. Und was wird das mit heißer Luft getriebene Schiff des amerikanischen Capitains Ericsson erst für eine wohltätige Verkehrs-Revolution hervorrufen. Kohlen sind schwer, gefährlich, kosten viel Geld, sind nicht überall zu haben; Luft kostet nichts, wiegt nichts, nimmt keinen besondern Platz ein und ist überall und ohne Weiteres da. Die Luft, dieses leichteste, wärmste, ewige Festkleid der Erde, fehlte gerade noch unter den kosmopolitischen Postpferden. Nun ist sie da und läßt sich geduldig, leicht, geräuschlos statt hundert und tausend Pferdekraft des ungeschliffenen, schmutzigen und unbändigen Burschen von Dampf gebrauchen. Franklin entriß dem Luftgotte Jupiter den Blitz; unsere Zeit macht ihn zum schnellsten Briefträger, und nun kommt der stolze Amerikaner noch und macht diesen obersten der griechischen Götter gar zum gehorsamsten Schiffzieher und Eisenbahntreiber. Es geht unaufhaltsam vorwärts.


Manche parfümirte Dame würde sich wundern, wenn sie wüßte, woher der Inhalt ihrer Riechfläschchen kommt. Ein Bericht der Sachverständigen über die Londoner Ausstellung hat darüber merkwürdige Aufschlüsse gegeben. Fuselöl, sagt Dr. Plagfair, dient zur Fabrication von Cognac und Whiskey. Mit Schwefelsäure und essigsaurem Kali destilliert giebt es Birnöl; mit Schwefelsäure und doppeltchromsaurem Kali, Apfelöl, Ananasöl, das vielfach zur Fabrication der Ananasöle dient, wird genommen aus einer Mischung von faulem Käse und Zucker; das künstliche Mandelöl, von Conditoren und Seifenfabricanten vielfach gebraucht, aus Salpetersäure und Steinkohlentheer. Manche schöne Stirne reibt sich mit Eau de mille fleurs ohne zu wissen, daß der Hauptbestandtheil desselben aus der Jauche der Kuhställe gewonnen wird. – Wir haben uns deswegen nicht über Betrug zu beklagen, sondern über die Entwickelung der Chemie zu freuen. Diese künstlichen Fabrikate enthalten ganz dieselben Stoffe, die man früher aus den Früchten und Blumen zog. Aus der Zersetzung der letzteren hat man die Zusammensetzung der ersteren gelernt.


Ein Anfang. Die Londoner Industrieausstellung hat neben andern großen Vortheilen für Deutschland auch noch den einen nicht unwichtigen gehabt, daß sich die deutschen Kaufleute anfangen zu schämen, ihre Waaren unter ausländischer Etiquette zu versenden. Was am Rhein, in Westfalen, ja selbst in Thüringen und Hessen fabricirt wurde, trug bisher englische, französische und niederländische Etiquetten und ward als ausländische Waare auf den Markt gebracht. Das ist jetzt, zum Theil wenigstens, anders geworden. Mehrere rheinische und mitteldeutsche Fabriken, welche auf der Londoner Ausstellung Prämien erhielten, haben neuerdings ihre englischen und französischen Etiquetten von den Waaren entfernt und bezeichnen sie stolz als deutsche Waare, und allen Nachrichten zufolge ist der Absatz deshalb nicht geringer, sondern im Gegenteil besser geworden. Es ist ein kleiner, aber immer doch ein Anfang deutschen Selbstbewußtseins, und wir können nur wünschen, daß er in alle Volksschichten und in alle Verhältnisse übergeht. E. K.


Berichtigungen.
No. 4, Seite 37, Spalte 1, Zeile 30, statt aber nicht lies aber wohl
6 62 2 9 benennenswerthen lies brennendrothen
6 62 2 33 wachskammerigen l. mehrkammerigen
6 63 2 1 Bach-Gallen lies Blatt-Gallen

Briefkasten.

L–n. in Frkft. Freundlichen Dank für das Herz, das Sie in einer der nächsten Nummern wiederfinden werden. Bitten sehr um die Fortsetzung und erlauben uns nur nochmals darauf aufmerksam zu machen, daß bei Beiträgen dieser Art populaire Darstellung und Verständlichkeit Haupterfordernisse sind. – Hz. in Dn. Empfangen und kommt in nächster Nummer zum Abdruck. Mit großer Erwartung sehen den Empfang des avisirten „großen Schreibebriefes“ entgegen. – R. Lg. in Dresden. Für die Gartenlaube nicht passend. – Rdy. in L. Der Kreis unsrer Mitarbeiter ist keineswegs auf eine gewisse Anzahl und bestimmte Autoren beschränkt, wie Sie zu glauben scheinen. Uns ist Jeder willkommen, der Talent und ein Herz für die gute Sache der Aufklärung hat. Die Redaktion.     



Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Schnellpressendruck von Giesecke & Devrient in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_074.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2021)