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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

nach erhaltenen Geschenken oder geforderten Gaben verschiedener Art der Blutrache für gemordete Verwandte zu entsagen, sondern ertragen auch geduldig Prügel oder laufen feig davon, wenn ein herzhafter Weißer sie mit dem Stocke für Frevel oder Unarten züchtigt. Ich lernte verschiedene unternehmende Hinterwäldler im Indianergebiete kennen, welche schon seit funfzehn bis zwanzig Jahren sich mitten unter den Rothhäuten angesiedelt, recht ansehnliche Farmen eingerichtet und sich bei jenen durch Muth und Entschlossenheit so hohe Achtung verschafft hatten, daß sie von denselben niemals ernstlich belästigt wurden. Zu meiner größten Verwunderung (ich war nämlich auch noch der Meinung, daß ein Schlag bei den Indianern, wie bei den alten Deutschen, nur durch den Tod des Beleidigers gesühnt werden könne) hörte ich von allen ersten Ansiedlern, daß sie ihre braunen Nachbarn stets am sichersten durch Anwendung des Stockes in gehöriger Entfernung gehalten hatten, und daß jene, wenn sie namentlich durch Branntwein aufgeregt und theils unter einander, theils mit den Weißen in Streit geraten wären, immer durch eine gehörige Tracht Prügel in die Schranken der „Convenienz“ zurückgebracht worden wären! Die weißen Vorläufer der Civilisation lachten über die Maßen über meine schwachen Ueberbleibsel von Achtung vor indianischer Ritterlichkeit; denn langer Umgang mit den Eingeborenen läßt sie dieselben für nicht viel besser als übermüthige Affen betrachten.

Zum Schlusse dieses unwillkürlich lang gewordenen Indianerbriefes will ich Dir noch ein Pröbchen von indianischer Ehrlichkeit und Treue gegen die nächsten Stammverwandten mittheilen, welches ich wörtlich aus der Juni-Nummer des „Dacotah-Freundes“ von 1852 übersetze. Der Artikel ist überschrieben: „Pferdediebe.“ „Durch soeben von den Prärien eingelaufene Nachrichten erfahren wir, daß sechs Dacotahkrieger von den Prärien sich nach dem Missouri aufmachten, um Pferde zu stehlen. Sie waren glücklich in ihrer Unternehmung und theilten auf dem Rückwege die Beute unter sich, wobei sich jedoch Einer von der Gesellschaft für übervortheilt hielt. Als in der nächsten Nacht die übrigen fünf schliefen, bemächtigte er sich ihrer Gewehre und erschoß sie sämmtlich oder glaubte vielmehr dies gethan zu haben, und ritt mit den Pferden davon, in der Absicht, sie für sich zu behalten und in das Lager der Seinigen zurückgekehrt vorzugeben, daß seine fünf Gefährten von Feinden erschlagen worden wären. Allein zu seinem nicht geringen Erstaunen holte ihn einer der Todtgeglaubten, welcher durch den erhaltenen Schuß nur betäubt worden, bald wieder zur Besinnung gekommen war und seine Spur verfolgt hatte, an seinem nächsten Ruheplatze ein, schlug die gleichmäßige Theilung der gestohlenen Pferde unter beiden vor und versprach dafür, die Lüge des Mörders nach der Heimkehr durch sein Zeugniß zu unterstützen. Der Antrag wurde angenommen und beide setzten den nächsten Tag über ihre Reise gemeinschaftlich fort; allein schon in der folgenden Nacht erhielt der schon Verwundete einen zweiten, besser berechneten Schuß, worauf der Missethäter wieder aufbrach und endlich bei den Seinigen angelangt erzählte, daß die Besitzer der gestohlenen Pferde ihn und seine Gefährten auf dem Rückwege überfallen und alle die letzteren getödtet hätten! Bald jedoch erschien der zum zweiten Male Gemordete im Lager von „Donnergesicht,“ eines benachbarten Häuptlings, und verklagte den Raubmörder, welcher sich sogleich, als er dies erfuhr, flüchtete, allein auch bald von den Angehörigen der Gemordeten verfolgt wurde. Bei Abgang der Nachricht von dieser Greuelthat wußte man noch nichts von seinem Tode, doch wird er demselben wohl schwerlich entgehen.“


Gustav Heubner’s vaterländisches Schauspiel: Wittekind, vor Kurzem in Leipzig erschienen, erfährt in der neuesten Lieferung der „Blätter für literarische Unterhaltung“ eine sehr ausführliche und glänzende Besprechung, worin das schöne und reiche Talent des Dichters die vollste Anerkennung erhält. Der liebenswürdige Verfasser, bekanntlich früher Prediger, lebt jetzt als Kaufmann in Plauen (Voigtlande). Wittekind wird, wie wir hören, in Leipzig nächstens zur Aufführung kommen.


New-York scheint für den Maler noch ein guter Markt zu sein, besonders da, wie die amerikanischen Blätter offen gestehen, die Gemälde nach der Größe und den Rahmen beurteilt werden. Die New-Yorker Art-Union hielt im December vorigen Jahres ihre jährliche Auktion und erlöste aus ungefähr 400 Bildern 36,000 Dollars. Es wurden einzelne Bilder, die kaum 50 Dollars werth waren, für 40 Dollars ausgesetzt und bis 3–400 Dollars aufgetrieben, „Dahin – Dahin, laßt uns etc. etc.“


Was in Amerika ein Schneider werden kann. Vor ungefähr 20 Jahren trafen sich in New-York zwei Freunde, von denen der eine eine Schneiderwerkstatt besaß. Der letztere zeigte dem andern einen vorübergehenden jungen, ihn grüßenden Manne mit den Worten: „dieser war mein bester Vorschneider, will sich aber jetzt zum Narren machen und Advocat werden.“ – Der damals vorübergehende ehemalige Schneider ist der gegenwärtige Präsident der Vereinigten Staaten, Fillmore. –

E. K.

Briefkasten.

St–r. in H. Gut gemeint aber nicht recht passend. Folgt in einigen Tagen retour. Von den beiliegenden Kleinigkeiten dürften einige wohl benutzt werden. – Sch. in Lg. Das Eine zu lang, das Andere zu flüchtig. Besseres liefern. – E. R. in L. „Und deshalb Räuber und Mörder?“ Liegt zum Abholen bereit. – Ln. in Fkt. Wir baten um eine kleine Novelle, Sie sandten eine Jugenderinnerung, die für das größere Publikum schwerlich von Interesse ist. Das Herz erwarten wir; bitten überhaupt uns nicht zu vergessen. – Hz. in D. Herzlichen Gruß und Dank. Antwort nächste Woche. – L. St. in W. Haben mit bestem Dank empfangen und werden nächste Woche ausführlich schreiben oder selbst kommen.

Die Redaction.

Etwaige Einsendungen erbitten unter der Adresse: Redaction der Gartenlaube in Leipzig.



Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Schnellpressendruck von Giesecke & Devrient in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_044.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)