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verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

kohlensäurehaltige Wasser in auflösbaren Zucker umgewandelt worden, welcher zur Ernährung des Keimens dienen sollte, den nun aber der Brauer zum Bierbrauen verwendet.

Es bleibt mir nun nur noch einiges über Fig. 5.–10. zu sagen übrig. Du wirst erkennen, daß sie das Keimen des Weizenkornes darstellen sollen. Fig. 5. 6. und 7. stellen das Weizenkorn von drei Seiten dar; 5. und 7. zeigen unten die Stelle, wo innerlich der Keim liegt; 6. zeigt die sogenannte Samenfurche; Fig. 9. zeigt ein Weizenkorn durch die Samenfurche, f, der Länge nach gespalten, und Fig. 8. ein anderes in der Mitte quer durchschnitten. Was hier die Hauptsache ausmacht, ist nicht Samenlappen, sondern der sogenannte Eiweißkörper, e, der hier die Stelle der nahrungspendenden Samenlappen vertritt. Er ist bekanntlich durchaus mit Mehl, was wir botanisch Stärkemehl genannt haben, erfüllt. Fig. 9. zeigt uns unten die Stelle des Keimes, k, an dem wir ebenfalls, nur viel weniger deutlich vorgebildet, das Würzelchen, w, und das Federchen, f, unterscheiden. Unter letzterem liegt der Samenlappen, der hier einfach ist, und beim Keimen, Fig. 10., blattähnlich hervortritt, nachdem auch hier zuerst das Würzelchen die Samenschale durchbrochen hat.

Indem ich hier meinen langen Brief schließe, hebe ich noch besonders hervor, daß also, indem wir Bohnen, Erbsen, Linsen, Mehlspeisen genießen, etwas genießen, was von der Natur recht eigentlich zum Genossenwerden bestimmt ist. Nur nicht für uns, sondern für die kleinen winzigen Samenkeime, die wir mit sammt der ihnen geraubten Nahrung verschlingen.




Blätter und Blüthen

Luftschifffahrt.

Wie wir hören, baut jetzt ein Leipziger Techniker an einem lenkbaren Luftschiff, dessen Construction sehr geistreich erdacht und ausgeführt sein soll. Der Gedanke an eine Luftreise, bei der das Leben lediglich den Winden und einer mit leichterer Luft angefüllten dünnen Hülle von Leinewand-, Baumwolle- oder Seidenstoff, nebst einem Netze von einigen Seilen, in der unermeßlichen Einöde den höhern Luftregionen anvertraut ist, ohne daß irgend eines Menschen Wille oder Macht gegen den geringfügigsten, aber doch leicht den Tod herbeiführenden Unfall zu schützen vermöchte, muß im ersten Augenblick jedes menschliche Gemüth mit einem unwillkürlichen Schauder durchzucken. Erwägt man dagegen, daß von 1784–1852 bei Tausenden von Luftfahrten nur 13 Opfer gefallen sind, und diese 13 sämmtlich wegen offenbarer Mängel an ihren Apparaten, wegen großer Unvorsichtigkeit oder gar aus wahrhaft strafbarer Tollkühnheit, so fühlt man sich versucht, die Furcht davor als eine kindische, für einen Ausfluß unsrer Erziehung und unsrer Vorurtheile zu halten. Erwägt man die merkwürdig geringe Zahl der Opfer, besonders bei der Anfangs so mangelhaften Einrichtung der Lufthülle, so scheint sich sogar der Beweis aufzudrängen, daß bei gehöriger Kenntniß der Sache, tüchtiger Vorrichtung und mannhafter Kaltblütigkeit und Geistesgegenwart die Luftschifferei nicht gefahrvoller sei, als die Seeschifffahrt.

Als man Franklin, der in Paris bei den ersten Aufsteigungen von Ballons gegenwärtig war, fragte, was denn ein solch in die Höhe fliegender Ballon nütze, erwiederte er: „Was nützt ein neugeborenes Kind?“ – Ja die Aeronautik ist ein neugebornes Kind, und nur ein Thor kann von ihm verlangen, daß es gehe wie ein erwachsener Mann, zumal wenn es von seiner Mutter, der Wissenschaft, so stiefmütterlich behandelt wird, wie bisher. Zwar werden die Luftballons nur Wunderwerke bleiben, so lange deren Lenkung in den Lüften ein Problem bleibt; ist dies aber auch jetzt noch der Fall, so wird deshalb doch kein gesunder Menschenverstand dies Problem als ein unlösbares erklären, blos deshalb, weil es bis jetzt noch nicht gelöst ist. Alle Achtung vor der Autorität der Gelehrten! Allein die Wissenschaft combinirt und vergleicht nur bekannte Kräfte; darüber hinaus können ihre Resultate ebenso wenig gehen, als ihre Combinationen und Vergleichungen.


Ein neues musikal. Instrument.

Ein Herr Petrina, Professor der Physik in Prag, hat ein Instrument mit Klappen construirt, welche, wenn sie mit der Hand angeschlagen werden, in Folge eines galvanischen Stromes ein eisernes Stäbchen in Schwingungen versetzen. Bei jeder Klappe kann man einen andern Ton erzielen. Wird nun eine hinreichende Anzahl von Klappen angebracht und werden dieselben wie bei einem Pianoforte gestimmt, so kann man auf dem Instrumente wie auf einem Klavier spielen, wobei noch der Vortheil besteht, daß, so lange die Klappe niedergehalten wird, der Ton unausgesetzt fortdauert und daß, sobald sie niedergelassen wird, der Ton aufhört, ohne auch nur im Geringsten nachzuklingen. Die Art des Tones ist dem der Physharmonika ähnlich. Zwei in bedeutender Entfernung stehende Instrumente sind der Art in Verbindung zu setzen, daß, wenn man auf dem einen spielt, die Musik von dem andern Instrumente aus ertönt. Herr Petrina wird eine Beschreibung seiner Erfindung der Oeffentlichkeit übergeben.


Der Reichthum der Vereinigten Staaten von Nordamerika

geht jetzt schon in’s Fabelhafte. Der Werth der Ernte im Jahr 1848 wird auf mehr als 640,000,000 Thaler geschätzt. Den Werth des Viehstandes der Farmer berechnet man zu 551,000,000 Thlr; die in den Fabriken angelegten Summen betragen 343,300,000 Thlr. Das in Waaren umgesetzte Geld beläuft sich auf 322,000,000 Thlr., ausschließlich der 149,000,000 Thaler, welche bei Commissionsgeschäften und in auswärtigen Handel gebracht werden. Die Summe der Erzeugnisse und Geschäfte dieses Landes beträgt also die ungeheure Summe von 2,000,000,000 Thaler.




Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Schnellpressendruck von Giesecke & Devrient in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1853, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_020.jpg&oldid=- (Version vom 8.1.2019)