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zu sehen, zu entnehmen – schön in jungfräulicher Reinheit – einer Rotationsmaschine. Und diese stolzen Maschinen – heute Torturmittel für den Menschen, welcher sie vom Morgen bis zum Abend bedient – werden eine Quelle reicher Genüsse für alle diejenigen werden, die an denselben tätig sind, um den Gedanken ihres Lieblingsautors Verbreitung zu schaffen.

Wird die Literatur dabei verlieren? Wird der Poet weniger poetisch sein, nachdem er auf den Feldern geschafft und mit seinen Händen an der Vervielfältigung seines Werkes mitgearbeitet hat? Wird der Romandichter etwas von seiner Kenntnis des menschlichen Herzens einbüßen, nachdem er Schulter an Schulter in der Fabrik, im Forst, am Wegebau und in der Werkstatt mit anderen gearbeitet hat? Diese Frage stellen, heißt sie beantworten.

Manche Bücher werden vielleicht weniger umfangreich ausfallen; aber man wird weniger Seiten bedrucken, um auf diesen mehr zu sagen. Vielleicht wird man weniger Makulatur veröffentlichen, aber was man drucken wird, wird mehr gelesen, mehr geschätzt und gewürdigt werden. Das Buch wird sich an einen größeren Kreis gebildeterer und urteilsfähigerer Leser wenden.

*

Ist es ein Traum, dem wir uns hingeben? Sicherlich nicht für diejenigen, welche beobachtet und nachgedacht haben. Heute schon drängt uns das Leben in diese Richtung.

III.

Heißt es träumen, eine Gesellschaft zu planen, in der Alle Produzenten geworden sind, Alle eine Erziehung empfangen haben, auf Grund deren sie Wissenschaften und Künste pflegen können, und in der Alle im Besitze der dazu nötigen Muße sich zu Gruppen vereinigen werden, um ihre Werke, an deren Druck sie selbst mitarbeiten, zu veröffentlichen?

Im gegenwärtigen Augenblick schon zählt man gelehrte, literarische und andere Gesellschaften zu Tausenden und aber Tausenden. Diese Gesellschaften sind nichts anderes, als ebenso viele freiwillige Gruppierungen von Menschen, die sich für den und den Zweig des Wissens interessieren und sich zusammengeschlossen haben, um ihre Arbeiten zu veröffentlichen. Die Autoren, welche an den gelehrten Abhandlungen mitarbeiten, werden nicht bezahlt. Die Abhandlungen werden nicht verkauft: sie werden unentgeltlich nach allen Richtungen der Welt an andere Gesellschaften, welche die gleiche Wissensgebiete kultivieren, versandt. Gewisse Mitglieder dieser Gesellschaften lassen in dieselben eine Note (vielleicht von einer Seite) einrücken, welche die Resultate einer Beobachtung wiedergibt; andere Mitglieder veröffentlichen darin ausgedehnte Arbeiten, die Früchte langer Jahre eifrigen Studiums; wieder andere beschränken sich darauf, aus ihnen Belehrung für neue Forschungen zu schöpfen. Alles dies sind unbestreitbar Assoziationen

Empfohlene Zitierweise:
Pjotr Alexejewitsch Kropotkin, Bernhard Kampffmeyer (Übersetzer): Die Eroberung des Brotes. Der Syndikalist, Berlin 1919, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Eroberung_des_Brotes.pdf/97&oldid=- (Version vom 27.8.2018)