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der Pferde, Hammel und Schweine. Es ist unnütz, hinzuzufügen, daß die Fruchtbarkeit des Bodens durch Anwendung von Tang und künstlichem Dünger hervorgerufen worden ist.

Kommen wir jetzt auf unsere 3½ Millionen Einwohner der Kommune Paris zurück, so sieht man, daß die Oberfläche, die zum Aufziehen des Schlachtviehs notwendig ist, von 2 Millionen Hektar auf 88 000 herabsinkt. Nehmen wir nun aber nicht die niedrigsten Ziffern, sondern diejenigen der durchschnittlichen intensiven Kultur; fügen wir noch das Terrain hinzu – und seien wir nicht karg – welches für das Aufziehen des Kleinviehs, das einen großen Teil des Hornviehs ersetzt, erforderlich ist, und rechnen wir 160 000 Hektar, ja 200 000 Hektar, wenn man es verlangt, für das Aufziehen von Schlachtvieh. Nach der Versorgung der Bevölkerung mit Brot blieben uns immer noch 410 000 Hektar.

Seien wir großmütig und rechnen wir 5 000 000 Arbeitstage, um diesen Raum in der gewünschten Weise produktiv zu machen.

Nachdem wir also während eines Jahres 20 Millionen Arbeitstage (davon die Hälfte für dauernde Verbesserungen) aufgewendet haben, werden wir vollkommen für Brot und Fleisch gesorgt haben. Nicht einbegriffen ist dabei das Fleisch, das man zur Abwechselung in Form von Geflügel, gemästeten Schweinen, Kaninchen usw. ißt. Wir haben dabei nicht einmal ein Anschlag gebracht, daß eine Bevölkerung, die mit ausgezeichneten Gemüsen und Früchten versehen ist, viel weniger Fleisch als die Engländer, welche ihre schmale Pflanzenkost durch starke Fleischnahrung ergänzen, konsumieren würde. Doch wieviel würde bei 20 Millionen Arbeitstagen à 5 Stunden auf den einzelnen Einwohner von Paris entfallen? Eine Kleinigkeit in Wahrheit. – Eine Bevölkerung von 3½ Millionen muß mindestens 1 200 000 erwachsene arbeitsfähige Männer und ebensoviele Frauen aufweisen. Um den Brot- und Fleischkonsum Allen zu sichern, genügten demnach pro Person 17 Arbeitstage im Jahre, wenn man nur die Männer in Betracht zieht. Füget noch 3 Millionen Arbeitstage hinzu, um die nötige Milch zu erhalten. Rechnet so hoch, wie ihr wollt, die Summe erreicht nie eine Zahl von 25 Arbeitstagen à 5 Stunden – ein Leichtes, ein Amüsement auf den Feldern – um zu den drei vornehmlichsten Produkten: Brot, Fleisch und Milch zu gelangen. Ihr Erwerb bedeutet heute nur für 9 Zehntel der Menschheit eine geradezu unerträgliche Arbeitslast, eine fast ebenso große, als für die Beschaffung der Wohnung erforderlich ist.

Und dennoch – werden wir nicht müde, es zu wiederholen – wir haben mit diesen Ziffern keinen Roman geschrieben. Wir haben nur berichtet, was besteht, was schon in großem Maßstabe verwirklicht ist, was schon die Sanktion durch die Praxis erhalten hat. Die Landwirtschaft könnte morgen in dieser Weise reorganisiert werden, wenn dem nicht die Eigentumsgesetze und die allgemeine Ignoranz im Wege ständen.

An dem Tage, wo Paris begriffen haben wird, daß die Kenntnis dessen, was man ißt und wie man dies produziert, eine Frage von öffentlichem Interesse ist; an dem Tage, wo Jedermann eingesehen hat, daß diese Frage unendlich viel wichtiger ist, als die Debatten im Parlament oder im Stadtrat, – an diesem Tage wird die Revolution geschlagen sein, Paris wird von den Feldern der beiden Departements Besitz ergreifen

Empfohlene Zitierweise:
Pjotr Alexejewitsch Kropotkin, Bernhard Kampffmeyer (Übersetzer): Die Eroberung des Brotes. Der Syndikalist, Berlin 1919, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Eroberung_des_Brotes.pdf/181&oldid=- (Version vom 21.5.2018)