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Uebrigens wird auch die Feldarbeit, erleichtert durch die Maschine bald eine der angenehmsten und freudigsten aller Beschäftigungen werden.

Genug der Juwelierarbeit! Genug des Ankleidens niedlicher Puppen! Man wird in der Feldarbeit sich zu stählen suchen, in ihr Kraft und natürliches Fühlen, kurz die „Lebensfreude“ zu finden wissen, die man in den finsteren Werkstätten der Vorstädte verloren hat.

Im Mittelalter verdankten die Schweizer viel mehr den Matten der Alpen, als den Arquebusen ihre Befreiung von den Grafen und Königen. Der modernen Landwirtschaft wird die revoltierende Stadt die Befreiung von den vereinigten Bourgeoisien zu danken haben.

III.

Wir haben gesehen, wie die 3½ Millionen Einwohner der beiden Departements (Seine und Seine-et-Oise) reichlich das nötige Brotgetreide gewinnen würden, wenn sie nur ein Drittel ihres Territoriums kultivierten. Gehen wir jetzt zu dem Schlachtvieh über.

Die Engländer, die viel Fleisch essen, konsumieren eine durchschnittliche Quantität von weniger als 100 Kilogramm pro Erwachsenen und pro Jahr, und unter der Voraussetzung, daß alles konsumierte Fleisch Rindfleisch wäre, würde dies etwas weniger als ein Drittel eines Rindes ausmachen. Ein Rind gäbe im Jahre also für 5 Personen eine genügende Quantität Fleisch. Für 3½ Millionen Einwohner würde dies einen jährlichen Konsum von 700 000 Haupt Rindvieh bedeuten.

Bei dem heutigen Weidesystem gebraucht man – schlecht gerechnet – 2 Millionen Hektare, um 600 000 Haupt Schlachtvieh ernähren zu können.

Auf sehr mäßig mittels Quellwasser bewässerten Wiesen (eine solche Bewässerung hat man kürzlich für Tausende von Hektaren im Südwesten von Frankreich geschaffen) genügen aber schon 500 000 Hektare für die gleiche Anzahl. Wenn man aber die intensive Kultur anwendet, wenn man Futterrüben pflanzt, so bedarf man ein Viertel dieses Raumes, d. h. 125 000 Hektar. Und wenn man dann noch seine Zuflucht zu Mais nimmt und wie die Araber das Siloverfahren[WS 1] anwendet, so gewinnt man das gesamte notwendige Futter auf einer Fläche von 88 000 Hektaren.

In der Umgebung von Mailand, wo man das Kloakenwasser zur Bewässerung der Wiesen benutzt, erhält man auf einer Fläche von 9000 Hektaren pro Hektar das Futter für 4–6 Haupt Rindvieh; und auf einigen besonders begünstigten Stellen erntet man auf dem Hektar bis zu 45 Tonnen Heu, was zum Füttern von 9 Milchkühen während eines ganzen Jahres genügen würde. Drei Hektar pro Haupt Rindvieh bei dem jetzigen Weidesystem, und neun Ochsen oder Kühe auf einem Hektar – das sind die Extreme der heutigen Landwirtschaft.

Auf der Insel Guernesey sind von 4000 Hektaren unter Kultur fast die Hälfte (1900 Hektar) dem Getreide- und Gemüsebau unterworfen und 2100 Hektar sind allein für Wiesen übrig. Auf den 2100 Hektaren ernährt man 1480 Pferde, 7260 Haupt Rind, 900 Hammel und 4200 Schweine, was pro Hektar schon mehr als 3 Haupt Rindvieh ausmacht, ungerechnet

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Silvoverfahren
Empfohlene Zitierweise:
Pjotr Alexejewitsch Kropotkin, Bernhard Kampffmeyer (Übersetzer): Die Eroberung des Brotes. Der Syndikalist, Berlin 1919, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Eroberung_des_Brotes.pdf/180&oldid=- (Version vom 3.6.2018)