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von Gemüsen, die an allen möglichen Orten der Erde gezogen wurden, und von Früchten, die im Süden von Frankreich reiften.

Wir verlangen keineswegs, daß alle Austauschakte verschwinden sollen und daß jede Gegend sich unbedingt der Produktion dessen, was unter ihrem Klima nur bei einer mehr oder minder künstlichen Kultur wächst, widmen soll. Wir wollen nur beweisen, daß die Theorie des Austausches in der Weise, wie man sie heute predigt, äußerst übertrieben ist, daß viele Austauschakte unnütz oder gar schädlich sind. Wir behaupten außerdem, daß man bei derartigen Diskussionen niemals die Arbeitsmenge in Rechnung stellt, welche bei aller Fruchtbarkeit ihrer Wiesen und Felder von den Weinbauern des südlichen Europas erst zur Ermöglichung ihres Weinbaues, von den russischen und ungarischen Bauern zur Ermöglichung ihres Getreidebaues aufgewandt wurde. Mit ihrem gegenwärtigen Verfahren der extensiven Landwirtschaft haben sie unendlich viel mehr Arbeitslast, als man haben würde, um die gleichen Produkte durch die intensive Kultur zu erzielen, – selbst bei weniger günstigen klimatischen Bedingungen und unendlich weniger fruchtbaren Boden.

II.

Es ist hier unmöglich, die Tatsachen aufzuzählen, auf die wir unsere Behauptungen stützen. Wir sind also gezwungen, den Leser für weitere Aufklärungen auf diesem Gebiet auf die einschlägige Literatur zu verweisen, welche die aufgestellten Behauptungen bestätigen wird.

Was die Einwohner der großen Städte betrifft, welche sich keine Vorstellung von dem zu machen vermögen, was die Landwirtschaft wirklich sein könnte, so raten wir ihnen, die Umgebungen ihrer Städte zu Fuß zu durchstreifen und dabei die Gartenwirtschaft zu studieren.

Mögen sie beobachten, mit den Gärtnern plaudern – eine ganz neue Welt wird sich dann vor ihnen auftun. Sie werden dann begreifen, was die Landwirtschaft des 20. Jahrhunderts sein wird; sie werden dann einsehen, mit welcher Kraft die soziale Revolution ausgestattet sein wird, wenn man erst alles vom Boden zu erhalten weiß, was man von ihm fordert.

Die Aufzählung einiger Tatsachen wird genügen, um zu beweisen, daß unsere Behauptungen keineswegs übertriebene sind. Zuvor halten wir es indessen für angebracht, noch einige allgemeine Bemerkungen folgen zu lassen.

Man weiß, in welchen elenden Verhältnissen sich die Landwirtschaft Europas befindet. Wenn der Landwirt nicht durch den Grundeigentümer geplündert wird, so geschieht dies durch den Staat. Und wenn ihn der Staat in bescheidener Weise schröpft, so macht ihn der Geldverleiher, der ihn mittels Wechsels knechtet, tatsächlich bald zu einem bloßen Pächter seines Bodens, der in Wirklichkeit einer Gesellschaft von Geldmännern gehört.

Der Eigentümer, der Staat und der Bankier plündern also den Landwirt mittels der Pacht, der Steuern und der Zinsen aus. Diese Summe variiert mit jedem Lande, aber nirgends fällt sie unter ein Viertel, sehr

Empfohlene Zitierweise:
Pjotr Alexejewitsch Kropotkin, Bernhard Kampffmeyer (Übersetzer): Die Eroberung des Brotes. Der Syndikalist, Berlin 1919, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Eroberung_des_Brotes.pdf/176&oldid=- (Version vom 21.5.2018)