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nötigen Instrumente und Bücher verschaffen konnten, um ihre Forschungen fortzusetzen, doch bei aller Hoffnungslosigkeit standhaft blieben, häufig aber auch in Not verkamen. Ihre Namen sind Legion.

Uebrigens ist das System der Staatshülfe ein so schlechtes, daß die Wissenschaft sich von jeher von ihm loszumachen suchte. Gerade aus diesem Grunde wimmelt es auch in Europa und Amerika von Tausenden von wissenschaftlichen Gesellschaften, organisiert und unterhalten von Freiwilligen. Einige derselben haben eine derartig gewaltige Entwicklung angenommen, daß alle Mittel der subventionierten Gesellschaften und alle Reichtümer der Bankiers nicht ausreichen, um ihre Schätze anzukaufen. Keine gouvernementale Institution ist so reich als die „Zoologische Gesellschaft von London“, die sich aus freiwilligen Beiträgen erhält.

Sie kauft nicht die Tiere, welche zu Tausenden ihre Gärten bevölkern: diese werden ihr durch andere Gesellschaften und seitens wissenschaftlicher Sammler der ganzen Welt zugesandt: eines Tages ist es ein Elefant, eine Gabe der Zoologischen Gesellschaft zu Bombay, ein anderes Mal ein Nilpferd, geschenkt von ägyptischen Naturforschern, und alle diese großartigen Geschenke erneuern sich täglich, unaufhörlich von allen vier Windrichtungen der Welt einlaufend: Vögel, Reptilien, Insektensammlungen usw. Diese Sendungen enthalten häufig Tiere, welche man nicht für das ganze Gold der Welt kaufen könnte: z. B. ein Tier, das unter Lebensgefahr von einem Reisenden erbeutet worden ist, der nun an ihm wie an einem Kinde hängt und es der Londoner Gesellschaft übergibt, weil er sicher ist, daß es dort gut versorgt wird. Das von den Besuchern gezahlte Eintrittsgeld – und ihrer sind unzählige – genügt zur Unterhaltung dieser immensen Menagerie.

Was dem Zoologischen Garten von London allein fehlt, sowie anderen Gesellschaften der gleichen Art, das ist, daß die Unterhaltungskosten nicht aus freiwilliger Arbeit fließen, daß die Wärter und zahlreichen Angestellten dieses immensen Etablissements nicht als Mitglieder der Gesellschaft anerkannt werden, indessen es für viele kein anderes Motiv gibt, ihr Mitglied zu werden, als den Wunsch, auf ihren Karten die Initialien F. Z. S. (Mitglied der Zoologischen Gesellschaft) drucken lassen zu können. Was ihr in einem Wort fehlt, das ist der Geist der Brüderlichkeit und der Solidarität.

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Was für die Gelehrten gilt, gilt auch im allgemeinen für die Erfinder. Wer wüßte nicht, auf Kosten welcher Leiden fast alle Erfindungen das Licht der Welt erblickt haben.

Schlaflose Nächte, die Familie ohne Brot, Mangel an Werkzeugen und Materialien für die ersten Versuche, das ist die Geschichte fast aller derer, welche die Industrie mit dem beschenkt haben, was den Stolz, den einzig berechtigten Stolz der Zivilisation ausmacht.

Aber wessen bedarf es, um diese Bedingungen zu beseitigen, die jeder als unhaltbar anerkennt? Man hat es mit dem „Patent“ versucht

Empfohlene Zitierweise:
Pjotr Alexejewitsch Kropotkin, Bernhard Kampffmeyer (Übersetzer): Die Eroberung des Brotes. Der Syndikalist, Berlin 1919, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Eroberung_des_Brotes.pdf/100&oldid=- (Version vom 27.8.2018)