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gieng er nun an das Studium der Philosophie und, da er bald Neigung zum Ordensstande bekam, gieng er anfangs mit dem Gedanken um, in den Jesuitenorden einzutreten, schloss sich aber dann den Candidaten des Cistercienser-Ordens an und machte in Clairvaux sein Noviziat. Nachdem er 1604 in Heiligenkreuz die Gelübde abgelegt hatte, wurde er von Abt Paulus zur weiteren Ausbildung abermals ans Germanicum geschickt, wo er vom 21. Dec. 1604 bis 28. April 1608 verblieb. In Rom wurde er 1606 zum Priester geweiht und primizierte daselbst. Seine Studien schloss er mit einer feierlichen Disputation über theologische Thesen vor vielen Cardinälen summa cum laude ab. Der Cardinal Bellarmin selbst opponierte bei dieser Gelegenheit und war von seinem Scharfsinn und seiner Gewandheit so sehr entzückt, dass er, als Wolfrath nach Beendigung der Disputation vor ihm niederkniete, um seine Hand zu küssen, lächelnd das Birett abnahm und es dem jungen Cistercienser aufsetzte mit den Worten: Überhebe dich nicht, wenn dir einst die gleiche Ehre widerfahren wird. Von Rom kehrte er aber nicht nach Heiligenkreuz zurück, sondern hospitierte bei dem Abte Matthias Gülger von Reun, der selbst Profess von Heiligenkreuz war (Nr. 394); durch dessen Vermittlung wurde er am 14. April 1612 Abt von Wilhering und mit päpstlicher Dispens am 15. Dec. 1613 Abt des Benedictinerstiftes Kremsmünster. Er stand in hohem Ansehen bei Kaiser Ferdinand II., dessen vertrauter Rathgeber er war, wurde 1631 zum ersten Fürstbischof von Wien ernannt und starb am 1. April 1639. Im Dom von St. Stephan fand er sein Grab. Seine Grabschrift verfasste er sich selbst: Fui abbas, episcopus, princeps; Sum pulvis, umbra, nihil.[1]

415. Georg Stephanides,

zu Müglitz in Mähren geboren, wurde vom Erzbischofe von Olmütz, Cardinal Dietrichstein, ans Collegium Germanicum in Rom gesandt, nahm jedoch in


  1. Auch das Stift Reun vindicierte Wolfrath längere Zeit als seinen Professen, bis P. Benedict Gsell (Studien und Mittheilungen aus dem Benedictiner- und Cistercienser-Orden 1882/3, Bd. III, IV) aus dem Archiv des Stiftes den Nachweis erbrachte, dass Wolfrath in Heiligenkreuz Profess machte. Sein in schöner Schrift ausgeführter Professzettel befindet sich noch im Archive.
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Florian Watzl: Die Cistercienser von Heiligenkreuz. In Commission der Verlagsbuchhandlung ‚Styria‘, Graz 1898, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Cistercienser_von_Heiligenkreuz.pdf/79&oldid=- (Version vom 12.12.2020)