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sind, und welche sich, wenn ich nicht sehr irre, von 1 bis auf 25 oder gar auf 50 Milreis (Fr. 70–140) belaufen können, in eine allgemeine Kolonistenkasse; aber um einen Erlaubnißschein bitten zu müssen, ist etwas Anderes, als mit einem landesüblichen Dokumente, z. B. mit einem Heimathschein, den man in Europa Niemandem verweigern kann, hinzugehen, wo man will; die persönliche Freiheit ist durch derartige Gesetze beeinträchtigt. Auf andern Kolonieen muß es, nach den verhängten Strafen zu schließen, solcher Gesetze noch bedeutend mehr geben. Ungehorsam gegen beliebige Anordnungen oder Befehle des Direktors wurde mit Geld bestraft, eben so auch eine Klage eines Kolonisten über ein Unrecht, das ihm von seinem Herrn zugefügt wurde. Wohl nur in Folge solcher beliebig aufgestellten Gesetze verlangte man auch auf einer Kolonie, daß die Kolonisten an einer Straße Frohndienste leisten sollten. Da diese Kolonisten einer solchen ganz widerrechtlichen Aufforderung nicht Folge leisteten, wurden sie von der Obrigkeit des betreffenden Gerichtes mit einer Strafe von 2 Milreis belegt, welche Strafe sonderbarer Weise aber bis auf 12 oder 15 Milreis (Fr. 33.60 Rp. oder Fr. 40) anwuchs, weil die Kolonisten kein Geld zur Erlegung derselben hatten, und weil ihr Herr die Strafe für sie erst da zahlte, als sie auf diese Höhe angewachsen war.[1] Auf der gleichen Kolonie wurde auch verlangt, daß die Kolonisten, Protestanten wie Katholiken, an den Bau der Kirche in der nächsten, doch ungefähr 3½ Stunden entfernten Stadt, einen jährlichen Beitrag leisten sollten, obschon die Protestanten in dieser Kirche nicht als Taufzeugen zugelassen wurden und auch sonst Nichts von der Kirche hatten. Auf einer andern Kolonie soll folgender Fall vorgekommen sein: Kolonisten, welche ihren Kaffee[2] und ihr


  1. So viel ich mich noch erinnere, war der Präsident derjenigen Obrigkeit, welche diesen Strafakt vollzog, der nämliche Herr (ein Doctor juris), der auch 2 Kolonieen hat und von seinen Kolonisten eben solche Frohndienste verlangte.
  2. Man braucht den Ausdruck „Kaffee“ oft für „Kaffeepflanzung“. Geschieht dieses auch da oder dort in dieser Schrift, so wird doch jeder Leser gleich merken, ob die Kaffeepflanzung oder der Kaffee als Frucht gemeint sei.