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Haushalt gebraucht er sie wenig. Das ganze Jahr durch geht das Vieh frei auf einem großen Pasto herum und sucht sich dort sein Futter selbst. Abends und Morgens kömmt es wegen den Maiskörnern, die man ihm dann gibt, nach der Wohnung seines Eigenthümers; die milchgebenden Kühe gehen noch mehr der Kälber wegen nach Haus, die man an ihnen saugen, aber nicht mit ihnen laufen läßt. So treiben es die Brasilianer mit ihrem Rindvieh, das, die meist gar großen und schweren Hörner abgerechnet, kein widriges Aussehen hat und von ziemlich schönem, mittelgroßem Schlag ist, das sich aber noch in wildem Zustand befindet, so daß zum Führen eines Ochsen oder einer Kuh 2–4 Männer erfordert werden, und daß beim Melken die Kuh nicht nur beim Kopfe angebunden, sondern ihr auch die hintern Füße fest gemacht werden müssen. Mit dem Melken ist auch noch die Unannehmlichkeit verbunden, daß man, wenn man die wenige Milch bekommen will, das Kalb, sei es groß oder klein, 2–4 mal anziehen lassen muß. – Was die Kolonisten anbetrifft, so haben sie an mehrern Orten 1, höchstens 2 Kühe und können sie gegen Bezahlung einer Grasmiethe von 6 Milreis (Fr. 16. 80 Rp.) per Stück auf einem Pasto weiden lassen. Auf der Kolonie Ybicaba, wo man auch etwas Kühe hat, befindet sich kein Pasto. Dort muß man ihnen ihm Pflanzland und im Kaffee aus dem großen, holzartigen Grase das zärtere und genießbare Futter heraussicheln und heimschleppen, was eine bedeutende Mühe verursacht. Dort muß man sie auch, wenn sie einmal nicht mehr Milch geben (und bis dahin geht es oft kaum einige Monate), schlachten und, soferne man deren wieder haben will, durch neu anzukaufende ersetzen, weil es auf dieser großen Kolonie noch nicht soweit gekommen ist, daß man einen Zuchtstier hält. – Wo möglich schauen die Kolonisten, die meistens nicht so viel Zucker vermögen, um dem Kaffee nach Art der Brasilianer kochen zu können,[1] einen Theil ihrer Milch als Kaffeemilch (dazu


  1. Die Brasilianer brennen (rösten) den Kaffee mit Zucker, socken (stampfen) ihn dann fein und füllen einen Kaffesack mit einem hinlänglichen