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Brasilianer, ohne tüchtig bewaffnet zu sein, irgend wo hinreist, sowie die auf Mordstätten aufgerichteten Kreuze, deren man auf einer Tagreise 5, 10 und noch mehr treffen kann, bestätigen diese Angaben, über welche man Mittheiligungen und Erzählungen zur Genüge vernimmt. Von Mordthaten aus Diebssinn oder Raubgier habe ich wenig vernommen; dagegen mögen viele Morde ihren Grund in der Hurerei und im Ehebruch haben. Diese Laster, welche durch die Ueppigkeit eines tropischen Klimas, durch die ganze Lebensweise des Brasilianers, durch den vielfach vorkommenden Müßiggang, durch die fast gänzliche Unwissenheit in religiösen Dingen und durch das Beispiel der geistlichen Führer begünstigt werden, gehen gar sehr im Schwange. Ein Frauenzimmer, das auf einer Straße ohne männlichen Begleiter sich befindet, soll als eine Hure angeschaut und behandelt werden. Wie streng oder wie lax die Gesetze über solche Vergehen sind, kann ich nicht sagen; aber das soll richtig sein, daß Mörder nach Verübung einer Mordthat nur in eine etwas entfernte Gegend hinfliehen und dort sich aufhalten oder nach ihrer Rückkunft etwa eine Kapelle zu Ehren eines Heiligen herstellen müssen, um das Schwert der Obrigkeit von sich abzuhalten. Was sie zu fürchten haben, ist die blutige Rache eines Verwandten des von ihnen Gemordeten. Diebstähle kommen wenig vor; mit der Treue im Halten eines Versprechens ist es nicht weit her; der eigene Vortheil entscheidet da. In den Städten, auch in den kleinen Landstädten, sind verhältnißmäßig viele Handlungshäuser, so daß man sich zu der Frage versucht fühlt, woher die Käufer kommen werden. Die Reichen, sowohl in den Städten als auf den Landgütern (Sitien) haben ihre vielen schwarzen Sklaven, durch die sie, soferne sie nicht auch Kolonisten haben, alle ihre Arbeiten verrichten und sich bis auf’s Kleinste bedienen lassen. Die kleinen Sitienbesitzer, welche keine Sklaven vermögen, bringen es auf ihren Sitzen mit leichter Mühe dahin, ihr einförmiges Leben zu fristen. Den Armen wie den Reichen (nur nicht den Sklaven und Kolonisten) bleibt viele Zeit