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Mangel an Kenntnissen und Bildung ist bei Etwelchen auch eine kleinliche Rachsucht gekommen, welche sie zum Lobe der dortigen Verhältnisse begeisterte; sie wollten damit den Ortsvorstehern und andern Leuten, welche ihnen von Brasilien Böses prophezeiten, gleichsam Eines auf die Nase versetzen und ihnen sagen: „Seht, wir hatten doch Recht, Ihr aber Unrecht.“

Ein zwar vielfach vorkommendes, aber doch falsch verstandenes Ehrgefühl läßt auch Manche nicht die volle Wahrheit schreiben. So hat mir, wie schon im Eingange erwähnt, einer der wackersten Männer gesagt: „Es reut mich so oft, als ich Haare auf dem Kopfe habe, daß ich ausgewandert bin; aber ich kann es nicht gestehen. Herr N hat mir gesagt, wie es mir gehen werde; ich habe es ihm aber nicht geglaubt, sondern auf die guten Berichte geachtet, und ich kann ihm nun meinen Irrthum nicht bekennen. Ich schreibe deßhalb auch“, fügte er hinzu, „bloß wie es mir gehe (und ihm geht es vermöge seiner besondern Stellung recht gut) und lasse mich auf das Andere gar nicht ein.“

Die Furcht vor Rache oder die Hoffnung auf künftige bessere Behandlung zwingt auch Manche, gute Berichte und sogar Zeugnisse auszustellen. Ohne Zweifel nur aus diesem Grunde ist das Schreiben der Thüringer-Kolonisten entstanden, das im neuen schweizerischen Auswanderungsblatte, Jahrg. 1857, Nr. 7 steht. Wir Schweizer, die wir am 22. Dez. 1856 das in Beilage Nr. 3 enthaltene Abkommniß schloßen, wollten durchaus Niemand nöthigen, es mit uns zu halten, wir hatten sogar heimlich gewünscht, allein zu bleiben; die Thüringer kamen selbst und baten uns, wir möchten sie auch mithalten und sich unterzeichnen lassen, und zwar kamen sie meistens schon am Abend des 23. Dezembers, also kaum einen Tag nach unserm ersten Zusammentritt. Sie haben auch treu und eifrig während der ganzen nachherigen Zeit uns unterstützt. Einer der Unterzeichneten des obengenannten Schreibens, Julius Breternitz, und ein Sohn des ebenfalls unterzeichneten J. H. Jäcksch haben sogar mit großer Gefahr eines unserer kräftigsten,