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Herr selbst zahlen wollte. Zwei andere Kolonisten, die da hofften, beim Präsidenten der Provinz mehr zu erlangen, als bei ihrem Schiedsgerichte, wurden nach Anbringung ihrer Klagen an den Präsidenten ihres Gerichtes oder Kreises gewiesen, und dieses war eben ihr Herr, gegen welchen sie klagten. Dieses waren die 2 Kolonisten, welche, wie oben gesagt, für das Hilfesuchen von ihrem Herrn jeder mit 100 Milreis bestraft wurden, welche Strafe dann später freilich in Folge der Verwendung des damaligen Direktors entweder ganz geschenkt oder um ¾ verkleinert wurde. Im Einklange mit solchen Richtersprüchen und Begegnissen steht auch das, daß, wie wir gesehen haben, ungleiche, deßhalb unrichtige Maaße von den betreffenden Behörden als richtig erkannt und gezeichnet, legalisirt wurden.

Unter solchen Umständen konnte der Direktor Jonas demjenigen Untervatzerkolonisten, der (siehe Seite 47) auf Grund des Kontraktes gegen die Vertheilung seiner Gemeindsgenossen protestirte, ganz gut sagen: „Ihr müsst wissen, daß Ihr jetzt in Brasilien seid!“ Unter solchen Umständen weiß auch der Kolonist, was er bei den dortigen Schiedsgerichten und Behörden für eine Hilfe zu erwarten hat. Es ist eben der Fall, daß die Herren Fazendeiros, an deren Spitze Herr Vergueiro steht oder zu stehen vorgibt, die Meisterschaft in ihren Händen haben, wie Herr Joze Vergueiro einmal mit folgenden Worten selbst angedeutet haben soll: „Vergueiro hat die Schlüssel zu den Gefägnissen Brasiliens!“ oder ein ander Mal: „Vergueiro fürchtet Niemand, als höchstens Gott!“ Herr Verwalter Luiz Vergueiro sprach einmal (Ende 1856) gar: „Das Haus Vergueiro ist so reich, daß es Gott und Christus nicht im Hause braucht!“ Ist solches nicht fast eine pharaonische Sprache: „Wer ist der Herr, dessen Stimme ich gehorchen müsse?“? So sieht es aus. Wie soll da der arme, verschuldete Kolonist Hilfe finden?

Noch stärker, als die so eben behandelte Frage, drängen sich wohl folgende auf: Wie konnten solche Zustände so lange verborgen bleiben? und wie entstanden so viele gute Berichte