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„Ich habe gehört, daß hier die Freiheit des Willens als Heiligtum respektiert wird.“

„Dies gilt nur, wenn man uns beitritt, was sehr selten vorkommt. Bei Dir muß eine Ausnahme gemacht werden. Vor einigen Wochen beobachtete ich ein Segelschiff. Ein Schiffsjunge bekam jämmerliche Schläge, er sprang in seiner Verzweiflung über Bord. Mich dauerte der Aermste, ich brachte ihn unter[WS 1] Wasser schnell in die mit Luft gefüllte Rettungskugel und unterzog ihn einem Verhör. Er war eine Waise und mit Freuden bereit, bei uns zu bleiben. Da legte er den Schwur ab, uns nicht wieder zu verlassen. Hätte er ihn nicht freiwillig geleistet, so würden wir ihn wieder an die Oberfläche haben schießen lassen. Dann wäre es uns gleichgültig gewesen, was aus ihm geworden. Wäre er dann auch gerettet worden, so hätte man ja seine Erzählung für eine Ausgeburt seiner Phantasie in der Todesangst gehalten. Bei Dir ist das etwas anderes, Du hast uns beobachtet, Du darfst uns nicht wieder verlassen.“

Dann fuhr der Meister, der Herrscher des Meeres, der keinen Widerspruch duldete, fort:

„Versprichst Du mir bei Deinem Ehrenwort, nicht zu entfliehen?“

„Nein, dieses Wort gebe ich nicht.“

„Ueberlege es Dir und lerne unser Leben erst kennen – es wird Dir bei Deinem Geiste und Charakter hier gefallen. Jetzt geh’.“

Der Meister deutete bei diesen Worten auf das in der Ecke markierte Viereck, und als Richard sich darauf stellte, senkte sich der Fahrstuhl, und der Knabe befand sich in den Wohnräumen zwischen den anderen Kolonisten auf dem Meeresgrunde, denen er als unfreiwilliger Kamerad beigesellt worden war.




Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: unser
Empfohlene Zitierweise:
Robert Kraft: Die Ansiedelung auf dem Meeresgrunde. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Ansiedelung_auf_dem_Meeresgrunde.pdf/30&oldid=- (Version vom 31.7.2018)