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Ansicht entgegen, als ob die Musik, als eine üppige Kunst, zu Trauerfeierlichkeiten nicht geeignet sei.

Zu den Bedenken, die man vielfach gegen die neuere Kirchenmusik hegte, gehörte auch dies, dass man sie zu theatralisch fand. Matthesons Bekämpfung von Einwürfen solcher Art nehmen einen breiten Raum dieser Zeitschrift ein.

Als die höchste Form musikalischer Komposition sah man bis zum Erblühen der klassischen Sinfonie die Oper an. Da in ihr „die göttliche Musik ihre Vortrefflichkeit am Besten sehen lasse“, so übertrug man ihre Formen auch auf die Kirchenmusik. Den neuen Formen wollten sich die Bibelstellen in Prosa nicht anpassen, deshalb griff man zu freien Dichtungen, welche in dramatischer Form gehalten waren. Diese Neuerung erregte Widerspruch, namentlich bei der orthodoxen Geistlichkeit, welche darin einen Unfug sah. Mattheson dagegen verteidigte die neue Kompositionsart, weil durch sie viel besser der Zweck der Kirchenmusik erreicht werde, nämlich der, „die Gemüthsneigungen der Zuhörer rege zu machen, und auf gewisse Weise in Bewegung zu bringen, es sei zur Liebe, zum Mitleid, zur Freude, zur Traurigkeit“. Es lag ihm daran, diejenigen zu widerlegen, welche sich an dem Ausdruck „theatralische Kirchenmusik“ stiessen, weil ihnen alles, was mit „Theater“ zusammenhing, verächtlich erschien.

Mattheson, der vorher durch seine theologischen Kenntnisse imponierte, der sich in der 38. Betrachtung durch eine genaue Beschreibung des Ohres sogar als Mediziner legitimiert, prunkt jetzt mit philologischem Wissen, indem er eine Ableitung des Wortes „Theater“ giebt und seine Leser über Theaterverhältnisse bei Griechen und Römern unterrichtet. Den Ausdruck „theatralisch“ will Mattheson im weitesten Sinne gefasst wissen. Das Operntheater sei nur eine kleine Kunstwelt auf dem Schauplatz eines Riesentheaters genannt „Welt“. „Theatralisch“ sei überhaupt jede künstliche Nachahmung der Natur (S. 118): „Die Grammatik ist theatralisch: denn sie ahmet der Rede nach. Die Logik ist theatralisch: denn sie künstelt auf die Vernunfft. Die Rhetorik ist theatralisch: denn sie redet verblümt. Die Musik ist theatralisch: