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Vor den Sultan: Nicht ein leiblich Uebel,

Hebt er an, o Herr, bedrängt die Jungfrau,
Nein − Bezaubrung ist es, die sie peinigt.
Jener Flügelrappe, der sie hertrug,
Ist das Werkstück eines Hexenmeisters:

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Durch das Pferd nur kann es uns gelingen,

Sie vom Bann zu lösen, der sie fesselt.
Laß in deinen Hof sogleich den Rappen
Führen, laß besteigen ihn die Jungfrau;
Dann versprech’ ich, durch Magie den Zauber

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Ueberwindend aufzulösen. − Schleunig

Läßt das Pferd in’s Freie ziehn der Sultan,
Heliodora wird herbeigerufen,
Und es hebt Amin sie auf den Sattel.
Nun vergönne, ruft er aus, o Sultan,

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Daß ich meine Wunderkunst erprobe,

Magische Räucherung beschwörend streue!

Augenblicklich auf ein Kohlenbecken,
Das er hält in Händen, wirft er Weihrauch;
Rings umgeht er so das Pferd, und als es

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Völlig unsichtbar verhüllt in Dampf war,

Springt er auf die Gruppe, giebt das Zeichen,
Und es fliegt in alle Höhn der Rappe.
Offenen Mundes starrt der greise Sultan;
Aber Jene waren längst verschwunden.

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Erst am Libanon und zwischen alte

Cedernhaine, wo das Frauenkloster
Friedlich ragte, senkt den Gaul der Jüngling.
Nach dem Vorhof führt er Heliodoren,
Klopft, und fleht die Pförtnerin, des Klosters

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Abbatissin ihm hervorzurufen.

Zwar erschrickt die Nonne vor dem hohen
Saracenen; doch gehorcht sie. Wartet,

Empfohlene Zitierweise:
August Graf von Platen: Die Abbassiden. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Abassiden_(Platen).pdf/87&oldid=- (Version vom 31.7.2018)