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Stets umsonst der schönen Heliodora

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Spur verfolgend und die Spur des Räubers.

Endlich langt er an im Lande Kaschmir:
Dort, gesellend einem Wandersmann sich,
Kündet dieser ihm verbürgte Sage:
Eine Jungfrau sei im Reich erschienen,

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Wundervoll, auf einem Flügelpferde.

Sie begrüßt, empfangen habe Kaschmirs
Greiser Sultan; doch in Lieb’ entzündet,
Seine Hand geboten ihr und Krone;
Doch sie habe stets sich ihm geweigert.

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Ja, sie sei zuletzt in tiefe Schwermut,

Die dem Wahnsinn ähnlich war, versunken,
Sei’s Verstellung oder wahre Krankheit.
Seine klügsten Aerzte habe Kaschmirs
Greiser Sultan aufgefordert, keinem

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Sei gelungen jenes Uebels Heilung.

Hohe Preise habe dann der Sultan
Dem gesetzt, durch dessen Kunst der Jungfrau
Gram genese. Dieß erzählt dem Prinzen
Jener Pilger. Mächtig fühlt Amin sich

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Aufgeregt im Geist; er eilt zur Hauptstadt.

Sinnend, wie er seine Heliodora
Mög’ erlösen aus tyrannischer Willkür,
Schwillt das bange Herz so sorgenvoll ihm:
Gleich dem Dichter, der ein hohes Werk sich

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Ausgedacht in seinem Geist, und welchem,

Bis vollendet er’s in That und Worten,
Füllt erhabene Bangigkeit die Seele.

Vor den Sultan läßt der Abbasside
Sich geleiten, dann gebückt beginnt er:

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Ein arabischer Arzt, gewaltiger Herrscher!

Steht vor dir; ich hörte dein erlauchtes
Aufgebot, und biete meine Kenntniß,

Empfohlene Zitierweise:
August Graf von Platen: Die Abbassiden. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Abassiden_(Platen).pdf/84&oldid=- (Version vom 31.7.2018)