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Edle Herrscherin! das Netz der Lüge,
So beginnt er, spinnt um deines Auges
Ewige Klarheit ihre falschen Schleier!

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Kenne Diese, kenne mich! Verräter

Lockten einst in dieses Volks Gewalt mich;
Als ein Opfer ward ich auserlesen,
Das sie jährlich nach dem Feuereiland,
Ihrem Götzendienst zu fröhnen, schleppen.

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Diesen nicht gehör’ ich an, ich rühme

Mich des Glaubens aller Mosleminen:
Assur ist mein Name, meines Vaters
Name Harun Alraschid, Beherrscher
Aller Gläubigen, aller Völker Sultan!

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Rasch vom Thron herunter stieg Selmira,

Und der silberstoffene Mantel rauschte
Hinter ihr. Dem knieenden Sohn des Harun
Reicht sie dar die lilienweise Rechte:
Stehet auf, erlauchter Fürst, begann sie,

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Dieser Thron ist euer, mir geziemt es,

Eure Sklavin hier zu knien im Staube!
Gegen Behram aber hingewendet,
Fuhr sie fort: Verdank’ es meiner Milde,
Wenn ich nicht dein eigen Haubt und deiner

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Fahrtgenossen ihre durch den Henker

Augenblicks auf meines Schlosses Zinne
Heften lasse! Fleuch, und nie betrete
Mehr die Palmenstadt! Der Tod bezahle
Für des Windes Laune, wenn sie jemals

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Dich zurück an diese Küsten trüge!

Meine Langmut gönnt die heutige Nacht dir,
Doch, sobald der Morgenstern im Osten
Flimmert, ehe dein verhaßtes Fahrzeug
Meinen Strand verlassen, wehe, dreimal

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Wehe dir und deiner ganzen Schaar dann!

Empfohlene Zitierweise:
August Graf von Platen: Die Abbassiden. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Abassiden_(Platen).pdf/63&oldid=- (Version vom 31.7.2018)