Seite:Die Abassiden (Platen).pdf/60

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
90
Eingezogen wurden schnell die Segel,

Dann, mit Ruderhülfe, ward das Steuer
Nach dem Strand, der Kiel in’s Meer gewendet,
Emsiglich. Die Königin Selmira,
Kaum vernehmend, daß ein Magierfahrzeug

95
Angekommen, sendet augenblicklich

Eine Schaar Trabanten aus, die Mannschaft
Alsogleich vor ihren Thron zu führen.

Unter einem Säulendach von schlanken
Marmorschäften, die dem Stamm des Palmbaums

100
Nachgebildet schienen, stand der goldne

Baldachin der Königin Selmira.
Blendendschön, im vollsten Glanz der Jugend,
Saß die Fürstin. Reigerbüsche wehten
Hoch vom Turban ihr, Rubine blitzten

105
Um den Gürtel, wie gesäte Sterne.


Als sie Behram mit den Seinigen wahrnahm,
Ward verdüstert ihre Stirn; da fiel ihr
Blick zuvörderst auf den Abbassiden,
Und ein ungewohnter Schauer schlich sich

110
Ihr in’s Herz. Die Wohlgestalt des Jünglings,

Seines Auges melancholische Tiefe,
Seine Jugend, sein getrübtes Aussehn
Schmolz der Königin bewegten Busen.
Ueberrascht vergaß sie eine Zeitlang

115
Wort und Rede; doch zuletzt begann sie

Gegen Behram hingewendet also:

Was begehrt ihr, schnöde Götzendiener,
Hier im Vaterland des wahren Glaubens?
Welch Geschäft trieb euch an meine Küsten?

120
Oder war’s die ungeduldige Windsbraut,

Die den Auswurf aller Völker auswarf?

Empfohlene Zitierweise:
August Graf von Platen: Die Abbassiden. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Abassiden_(Platen).pdf/60&oldid=- (Version vom 31.7.2018)