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Doch sie winkt’ ihm mit der Hand, da rief er:

Soll ich wiederkehren, Heliodora?
Als sie sprechen wollte, floh der Traum sie.

Beide sahn sich drauf am nächsten Morgen,
Als die neuaufgehende Sonne lieblich

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Aus den thauigen Tulipanen blitzte,

Die mit buntem Farbenglanz des Gartens
Beete schmückten. Durch die schönen Gänge
Führt den Fremdling Heliodora, heißt ihn
Auf die Hügel klimmen, um des Meeres

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Flüssigen Spiegel und der Hochgebirge

Blaue Fernen anzuschau’n. Gespräche
Wurden mannichfach gewechselt, tausend
Worte fielen, nie ein Wort von Liebe;
Denn im Worte lauert schon Entweihung:

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Wie ein wohlgefügter Scheiterhaufen

Stürzt zusammen, wenn du draus entführst nur
Eine Trümmer. − Wochen flohn dem jungen
Paar vorüber; doch so oft ein keckes
Wort dem Gastfreund durch die Seele schwebte,

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Ließ den Blick er auf das Kreuz von Demant,

Das am Busen trug die Schöne, fallen,
Und die ewige Scheidewand des Glaubens
Schlug in ehrne Bande seine Zunge.

Endlich fühlte Prinz Amin, die Stunde

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Sei gekommen für den Schmerz des Abschieds:

Länger wagt er nicht, mit banger Zögrung,
Aufzuschieben notgedrungene Heimkehr.
Eines Morgens vor die Holde tritt er,
Diese Worte sprechend: Edle Jungfrau!

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Allzulang mißbraucht’ ich eine Zuflucht,

Die dem Fremdling deine Huld vergönnte!
Leicht zurück in meines Vaters Pallast

Empfohlene Zitierweise:
August Graf von Platen: Die Abbassiden. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Abassiden_(Platen).pdf/31&oldid=- (Version vom 10.5.2018)