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in seinem Referate über diese Arbeit: „Der Verfasser ist zu den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung durch die Aufgabe geführt worden, die bisher nur für Systeme von binären und für die einfachsten ternären Formen nachgewiesene Existenz ,voller Systeme von Grundformen‘, durch welche sich alle weiteren invarianten Bildungen der Urformen ganz rational ausdrücken lassen, auf Systeme beliebiger Formen mit beliebigen Variabelnreihen auszudehnen. Indem er aber dieses sein erstes Ziel dadurch erreicht, daß er den Kern der Frage von dem engeren Gebiet der Invariantentheorie loslöst und als eine fundamentale Eigenschaft von unendlichen Systemen algebraischer Formen überhaupt statuiert, gelingt es ihm, darüber hinaus eine Reihe von Sätzen nachzuweisen, welche die von Kronecker einerseits, von Dedekind und Weber andererseits begründete Theorie der algebraischen Moduln weiterführen und zugleich bemerkenswerte Anwendungen auf Zahlentheorie, Algebra und Geometrie zulassen.“

Determinanten, Matrizen.

Die Determinantentheorie, deren Entstehung bis auf Leibniz zurückführt, ist in der zu besprechenden Periode besonders durch den sorgfältigeren Ausbau der Theorie der Matrizen auf eine höhere Stufe gebracht worden. Unter den hierher gehörigen Arbeiten sind vor allem die Abhandlungen von G. Frobenius zu nennen. Auf die Bedeutung dieser Untersuchungen für die Determinantentheorie hat unter anderem Hensel in seiner Bearbeitung der Kroneckerschen Vorlesungen über die Theorie der Determinanten nachdrücklich hingewiesen (Bd. I, 1903. Bd. II ist nicht erschienen). „Ein den Anforderungen der modernen Wissenschaft entsprechendes Lehrbuch der Determinantentheorie darf diese Untersuchungen (über das große Gebiet der Systeme oder Matrizen) jetzt um so weniger übergehen, als neuere Arbeiten von Frobenius gezeigt haben, wie wunderbar einfach sich mit ihrer Hilfe die wichtigen und schwer beweisbaren Resultate von Weierstraß und Kronecker über die Äquivalenz von Formenscharen ablesen lassen.“

Gruppentheorie.

Zu den formalen Teilen der Algebra gehört die Theorie der Substitutionsgruppen, deren Ausbildung vor der zu behandelnden Periode liegt. H. Weber sagt in seinem „Kleinen Lehrbuch der Algebra“ (1912): „Es sind hauptsächlich zwei große allgemeine Begriffe, von denen die moderne Algebra beherrscht wird. Die Existenz und Bedeutung dieser Begriffe konnte allerdings erst erkannt werden, nachdem die Algebra bis zu einem gewissen Grade fertig und zum Eigentum der Mathematiker geworden war. Erst dann konnte in ihnen das verbindende und führende Prinzip erkannt werden. Es sind das die Begriffe der Gruppen und des Körpers.“ Dieser Wertschätzung entsprechend ist die Gruppentheorie neuerdings sorgfältig gepflegt worden, in Deutschland besonders von Frobenius, seinem Schüler J. Schur und einigen anderen Mathematikern. Der Gruppenbegriff in seiner Erweiterung hatte schon vorher in den genialen Arbeiten von S. Lie über die Transformationsgruppen seine Macht erwiesen. Seine von Fr. Engel und G. Scheffers herausgegebenen, zusammenfassenden Werke sind in dem letzten Jahrzehnt des verflossenen

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/97&oldid=- (Version vom 20.8.2021)