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Das Organ der Vereinigung trägt den Titel „Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung“; es brachte ursprünglich neben dem Geschäftsberichte und kurzen Wiedergaben der von den Mitgliedern auf der Jahresversammlung gehaltenen Vorträge hauptsächlich große Referate über den augenblicklichen Stand einzelner Gebiete. Um die Lebensfähigkeit der neuen Zeitschrift zu sichern, wurde es aber nötig, die Veröffentlichung auf eine breitere Basis zu stellen, und deshalb erscheint jetzt der Jahresbericht, der inzwischen aus dem Verlag von Georg Reimer in Berlin zu dem von B. G. Teubner in Leipzig übergegangen war, in Monatsheften und nimmt außer den vollständig wiedergegebenen Vorträgen der Jahresversammlungen und den im Auftrage der Vereinigung erstatteten Berichten besonders noch mathematische Gelegenheitsreden sowie Nekrologe, ferner Mitteilungen über die Verhandlungen in gelehrten Gesellschaften, Rezensionen und Personalnachrichten aus mathematischen Kreisen auf. Besonders wertvoll sind die erwähnten wissenschaftlichen Referate, die zum Teil den Umfang starker Bände erreicht haben, die wir hier aber nicht einzeln aufzählen können.

Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften.

Unter den Schöpfungen, die von der Deutschen Mathematiker-Vereinigung ins Leben gerufen sind, ist in erster Linie zu nennen die Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften mit Einschluß ihrer Anwendungen, herausgegeben im Auftrage der Akademien der Wissenschaften zu Göttingen, Leipzig, München und Wien, in 7 Bänden oder 13 Teilen. Ursprünglich als einfaches Wörterbuch der Mathematik gedacht, in welchem die vielen technischen Ausdrücke dieser Wissenschaft genau definiert und erläutert werden sollten, wuchs das Werk unter den Händen des ersten Bearbeiters W. Fr. Meyer zu einem solchen Umfange, daß die Unmöglichkeit der Durchführung unter Festhaltung dieses beschränkten Planes sich zeigte; daher wurde der anfängliche Gedanke aufgegeben und auf der Naturforscherversammlung in Wien 1894 der Vorschlag einer enzyklopädischen Darstellung der ganzen Mathematik angenommen. Es kam hierbei unter anderm in Betracht, daß das geplante Werk in gewisser Weise eine sachliche Darstellung der Entwicklung der Mathematik im neunzehnten Jahrhundert zu geben hätte, also in dieser Hinsicht gewissermaßen eine Fortsetzung der Geschichte der Mathematik von Moritz Cantor geben sollte. Aus solchen etwas unbestimmten Vorstellungen heraus hat sich der endgültige Plan für die gegenwärtige Gestalt der Enzyklopädie entwickelt, die allmählich mehr und mehr in die Breite gegangen ist, und deren Vollendung mit Ungeduld erwartet, in absehbarer Zeit aber trotz der treibenden Kraft des Verlegers kaum erfüllbar scheint.

Bei der Inangriffnahme des Werkes wurde das Ziel in den folgenden Sätzen des Programms von 1895 ausgesprochen: Aufgabe der Enzyklopädie soll es sein, in knapper, zu rascher Orientierung geeigneter Form, aber mit möglichster Vollständigkeit eine Gesamtdarstellung der mathematischen Wissenschaften nach ihrem gegenwärtigen Inhalt an gesicherten Resultaten zu geben und zugleich durch sorgfältige Literaturangaben die geschichtliche Entwicklung der mathematischen Methoden seit dem Beginn des neunzehnten Jahrhunderts nachzuweisen. Sie soll sich dabei nicht

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/86&oldid=- (Version vom 20.8.2021)