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schnellsten arbeitet der Schnelltelegraph von Wilhelm von Siemens, welcher die Geschwindigkeit auf 2000 Buchstaben in der Minute zu steigern gestattet, gegenüber einer Geschwindigkeit von etwa 30 Buchstaben, die mit der gewöhnlichen Morseschrift bei Handbetrieb zu erreichen sind. Diese das Bedürfnis weit überschreitende Leistung ist der praktischen Einführung des Apparates ein Hindernis gewesen.

Durch sorgfältig erwogene Abmessungen unserer deutschen Unterseekabel ist auch die Telegraphiergeschwindigkeit auf diesen Leitungen erheblich gesteigert. Es kann hier der außerordentliche Aufschwung nicht übergangen werden, den die Teilnahme Deutschlands an der Erweiterung des Unterseekabelnetzes der Welt genommen hat. Von höchster Bedeutung für das Deutsche Reich in Krieg und Frieden ist dabei, daß wir mit unserm Netze das frühere Monopol Englands beseitigt haben. Ein großes Verdienst an diesem Erfolge hat die eifrige Pionierarbeit Emil Guilleaumes. Auch bei diesen großen und schwierigen Unternehmungen hat in entscheidenden Momenten der Kaiser mit klarem Blick das Ziel ins Auge gefaßt und den Weg gewiesen.

In der Telephonie, die mit der Eröffnung des Berliner Fernsprechamts im Jahre 1881 ihren Einzug gehalten hatte, ist in wissenschaftlicher Hinsicht seit dem Jahre 1888 die Einführung der Polarisationszellen, der Kondensatoren und der Drosselspulen, mit Hilfe deren man Stromzweige für gewisse Stromarten zugänglich machen, für andere verriegeln kann, und die Ausbildung der Telephonkabel am bemerkenswertesten. Mehr in technischer und praktischer Hinsicht sind die Ersetzung der Einzelbatterien in den Teilnehmerstationen durch eine Zentralbatterie im Amte, der Glühlampenanruf, der Ausbau der alten Klappenschränke zu den jetzigen Wunderwerken der Präzisionstechnik: den Vielfachumschaltern, von Bedeutung geworden. In den letzten Jahren sind die Selbstanschluß-Fernsprechämter hinzugekommen, durch die es ermöglicht ist, daß der eine Teilnehmer sich mit dem anderen, mit dem er sprechen will, selbst, ohne Vermittlung durch einen Beamten im Vermittlungsamt, verbindet. Die meisten Anregungen zu der großartigen Entwicklung der Telephontechnik sind aus Amerika, teilweise auch aus Schweden gekommen, in Deutschland aber auf den fruchtbaren Boden einer weit vorgeschrittenen, sorgfältig arbeitenden Technik gefallen. Auf deutschem Boden selbst entstand der Fernphotograph von Korn, durch den man in den Stand gesetzt ist, unter Benutzung der lichtempfindlichen Selenzellen Bilder telegraphisch in die Ferne zu übertragen.

Als gewichtiger Erfolg der wissenschaftlich arbeitenden Technik ist zu verzeichnen, daß die schweren Kämpfe, in denen sich anfangs der 90er Jahre der Schwachstrom gegen den Starkstrom verteidigte, und die der Entwicklung beider verhängnisvoll zu werden drohten, heute so gut wie beendigt sind.

Wir betreten zum Schlusse ein Gebiet, dessen Erschließung und Bearbeitung wie kein zweites ganz die Regierungszeit Kaiser Wilhelms II. ausfüllt und dieser Zeit in der Geschichte der Kultur einen ganz besonderen Glanz verleiht: das Gebiet der drahtlosen Telegraphie. Nach einigen vorbereitenden Aufsätzen im Jahre 1887 veröffentlichte 1888 Heinrich Hertz in Karlsruhe ausführliche Mitteilungen über seine experimentellen Entdeckungen und Studien der elektrischen Wellen; diese Versuche haben die Grundlage

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1518. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/389&oldid=- (Version vom 31.7.2018)