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zu treffen und ihre Wirkung im voraus sicher zu beurteilen. Es kann das auch von großer wirtschaftlicher Bedeutung sein, denn wohl auf keinem anderen Gebiete des Bauwesens sind und mußten seither so große Summen unnütz geopfert werden wie im Wasserbau, bei dem die praktische Betätigung sich so schnell entwickelt hat, daß die wissenschaftliche Durchdringung und das klare Verständnis vielfach nicht zu folgen vermochte.

Aber wenn auch nicht alle Bauausführungen vollkommen geglückt sind und manche unnötige Ausgaben vorgekommen sein mögen, so verschwinden die gelegentlichen Mißerfolge und unötig gebrachten Opfer doch gegenüber den im allgemeinen glänzenden Erfolgen und den reichen Segnungen, welche die tatkräftige Entwicklung der deutschen Wasserwirtschaft unverkennbar aufzuweisen hat. Ist auch noch lange nicht alles Wünschenswerte verwirklicht, so kann doch mit Befriedigung auf das in einem Vierteljahrhundert Erreichte zurückgeblickt werden. Der deutsche Wasserbau hat in dieser Zeit zweifellos Großes geleistet. Er hat an seinem Teil an dem wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands im letzten Vierteljahrhundert erfolgreich mitgearbeitet.




IV. Maschinenwesen
Von E. Brauer, Geh. Hofrat, Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe


Die Erfindung und Ausarbeitung einer Maschine ist in den weitaus meisten Fällen die Frucht eines verwickelten Denkprozesses. Sehr verschieden ist aber das Werden des Erfindungsgedankens, je nachdem es sich im Kopfe eines wissenschaftlich gebildeten Ingenieurs oder eines ungeschulten, wenn auch vielleicht begabten Erfinders vollzieht. Verdient auch der letztere im Falle des Erfolges vielleicht noch mehr Bewunderung, so hat der erstere doch weit größere Aussicht, ein gewolltes Ziel zu erreichen; danken wir es doch dem Einfluß der technischen Wissenschaften und ihrer Verbreitung, daß in vielen Fällen die Wahrscheinlichkeit des Erfolges fast zur Sicherheit wird und die Ausführung eines neuen Gedankens ohne wesentliches Risiko unternommen werden kann.

Wie nach dem Sprichwort die Not die Mutter der Erfindung ist, so ist sie auch die Mutter der technischen Wissenschaften. Hier ist es die Notwendigkeit, dem Ingenieur die Denkarbeit durch Festlegen abgeschlossener Gedankenketten zu erleichtern, deren Richtigkeit hinreichend erwiesen ist, um die häufige Wiederholung der ganzen Beweiskette entbehrlich zu machen. Die Mittel hierzu liefern die Naturwissenschaften, insbesondere Physik und Chemie in Verbindung mit der Mathematik. Sind sonach die technischen Wissenschaften Strömen vergleichbar, die aus verschiedenen Quellen gespeist werden, so unterscheiden sie sich von den natürlichen Strömen dadurch, daß sie auf die Quellen zurückwirken, indem ihre Leistungen dazu beitragen, auch die grundlegenden Wissenschaften zu bereichern und zu vertiefen.

Bekannte Beispiele hierfür liefern die Wärmekraftmaschinen, die Turbinen, die elektrischen Maschinen und die Luftfahrzeuge.

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1504. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/375&oldid=- (Version vom 20.8.2021)