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Im Bau der Güterwagen tritt das Bestreben hervor, Trag- und Ladefähigkeit gegen früher zu vergrößern und mehr als sonst zahlreiche Sonderwagen verschiedenster Art für bestimmte Güter, z. B. Milch, Obst, Fische, Bier u. dgl. bereitzustellen. Auch Einrichtungen zum raschen Entladen von Massengütern ohne größere Handarbeit (Selbstentlader, Talbotwagen) finden sich bei steigenden Löhnen immer häufiger. –

Sicherung- und Signalanlagen.

Große Intelligenz, rastlosen Strebens und unermüdlicher Arbeit seitens aller Beteiligten hat es in den hinter uns liegenden 25 Jahren bedurft, um die schwierige Aufgabe zu lösen, ungeachtet der steigenden Massenhaftigkeit und Dichte des Verkehrs, sowie der wachsenden Geschwindigkeiten, die das Gefahrenmaß der verkehrenden Züge erheblich vergrößerten, doch die Sicherheit der verkehrenden Züge unbedingt zu gewährleisten und die Sicherungs- und Signalanlagen der Eisenbahnen so weit zu entwickeln, daß dieses Ziel erreicht wurde. Dem Zusammenwirken der Eisenbahnverwaltungen mit den Spezialfirmen der Industrie ist es gelungen, auf diesem Gebiete Hervorragendes zu schaffen. Die Zahl der Betriebsunfälle ist in der Zeit von 1900 bis 1909 von 73 bis 52 auf je 10 Millionen Zugkilometer, die Zahl der verunglückten Personen von 69 auf 49, der verunglückten Reisenden von 8 bis 5 auf je 10 Millionen beförderte Personen gesunken. In diesen Zahlen der Reisesicherheit steht Deutschland heute unerreicht da. Diesen Erfolg verdankt es in der Hauptsache der jetzt unbedingten Herrschaft der Raumfolge der Züge, bei der sich in dem Zwischenräume zwischen zwei Blockstationen nie zwei Züge auf demselben Gleise befinden dürfen, die auf seinen Betriebsgleisen an Stelle der früher üblichen nur durch den Fahrplan festgelegten Zeitfolge getreten ist. Kein Zug darf von einer Station abgelassen werden, wenn nicht vorher festgestellt ist, daß der voraufgegangene Zug sich unter der Deckung der nächsten Station befindet. Ferner ist von wesentlichem Einfluß gewesen die Einführung der elektrischen Streckenblockung, die weitgehende Ausnutzung des Fernschreibers und des Fernsprechers im Sicherungs- und Meldedienst der Züge, der weitere, durch die größeren Zugsgeschwindigkeiten bedingte Ausbau der Signaleinrichtungen durch Zufügung der Vorsignale, die dem Lokomotivführer auch bei unsichtigem Wetter in genügender Entfernung (Bremsweglänge) Aufschluß über die Stellung des Hauptsignales geben, sowie endlich die Zusammenfassung der Signale und Weichen auf Bahnhöfen in Stellwerken, in denen diese für die Sicherheit des Zugbetriebes so wichtigen Teile derart miteinander in Abhängigkeit stehen, daß sämtliche für einen Zugslauf nötigen oder Gefahren von ihm abweisenden Weichen erst richtig gestellt sein müssen, ehe das Signal zur Benutzung dieser Fahrstraße auf freie Fahrt gestellt werden kann, und andererseits durch das Freigeben des Signals alle vorbezeichneten Weichen so festgelegt werden, daß sie nicht umgestellt werden können, solange das Signalbild „Freie Fahrt“ zeigt. Die hierdurch gewonnene Abhängigkeit der Weichen und Signale voneinander und deren Festlegung von einer für die Betriebssicherheit verantwortlichen Stelle, dem Fahrdienstleiter, aus, ist auf allen Hauptlinien zur Durchführung gelangt. Zur Festlegung wird fast stets elektromagnetischer Schwachstrom benutzt, während

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1493. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/364&oldid=- (Version vom 20.8.2021)