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Bauliche Verbesserungen der Bahnanlagen.

Neben der entsprechenden Weiterbildung und Verbesserung der Motoren dienten zur Erreichung dieses Zieles und gleichzeitig auch zur Bewältigung des immer mehr anwachsenden Massenverkehrs die vielfach bewirkten baulichen Verbesserungen der Bahnanlagen durch Streckenabkürzungen, Linienänderungen und Umlegungen bestehender Bahnen, durch Vermehrung der Anzahl der Streckengleise in der Nähe der wichtigsten Knotenpunkte des Verkehrs – meist unter gleichzeitiger Trennung der Gütergleise von den Personengleisen, der Vorortgleise von den Ferngleisen –, durch den Umbau unzulänglich gewordener Bahnhofsanlagen, durch die Wegschaffung störender Richtungswechsel (Spitzkehren) an Unterwegsstationen, sowie durch die Beseitigung vorhandener Übergänge in Schienenhöhe. Immer mehr rang sich die Erkenntnis durch, daß es von einem gewissen Verkehrsumfang an vorteilhafter sei, größere Anlagekosten nicht zu scheuen, wenn damit angemessene Vorteile für eine schnelle Abwickelung des anwachsenden Verkehrs sowie für die Steigerung und Verbilligung der Betriebsleistungen erreicht werden können. Unter Festhaltung dieser Anschauung wurde bei der Durchführung dieser baulichen Verbesserungen die deutsche Eisenbahnbautechnik sowohl im Tunnel- wie auch im Brückenbau und im Bau eiserner Dächer vor neue große Aufgaben gestellt. Reichen auch die Leistungen Deutschlands im Tunnelbau in der Länge der Bauwerke nicht an die Herstellungen gleicher Art in den Hochgebirgen der Schweiz und Österreichs heran, so ist doch die Anzahl der in den letzten Jahren ausgeführten Tunnel eine erhebliche, und Tunnelausführungen, wie die bei Elm im Zuge der Linie Bebra-Frankfurt, überragen immerhin das Durchschnittsmaß solcher Bauwerke sowohl nach Länge – 3500 m – als auch nach der Schwierigkeit der Ausführung recht wesentlich. Vor Aufgaben ganz neuer und eigener Art aber, die in der glücklichsten Weise gelöst worden sind, fand sich die deutsche Tunnelbaukunst gestellt bei dem Bau der Untergrundstrecken in den beiden größten Städten des Reiches, in Berlin und Hamburg, in denen das Bahngleis bis zu 3 m in das Grundwasser eintaucht, das durch Absenkung während des Baues von den Baugruben und durch sorgfältige Dichtung der Sohle und der Mauerwerkskörper von dem fertigen Bahnkörper fernzuhalten war.

Brücken-und Hallenbau.

Ebenso ist der Brücken- und Hallenbau durch die fortschreitende Entwickelung der Eisenbahnen in hervorragendem Maße gefördert und befruchtet worden. Die gewaltigsten eisernen und gewölbten Brücken Deutschlands tragen Eisenbahngleise; die Talbrücke über das Wuppertal bei Müngsten (1897) – mit 180 m Spannweite und 107 m Höhe die größte Eisenbahnbrücke des europäischen Festlandes – die neuen Rheinbrücken bei Mainz (1905), Köln (1908) und Düsseldorf (1898) mit Spannweiten der größten Öffnungen von 157, 160 und 181 m, die Donaubrücke bei Passau (1904) mit Öffnungen von 110 m und viele andere legen im Verein mit den großen Hallenbauten der Bahnhöfe in Hamburg (72 m Stützweite), Köln (63,9), Dresden (59), Frankfurt a. M. (55,9) und in vielen anderen Städten Zeugnis ab von dem gewaltigen Aufschwung im

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1489. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/360&oldid=- (Version vom 20.8.2021)