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findet nun in der Kellnerschen Fütterungslehre seinen Ausdruck in den sog. Stärkewerten, der letzte Teil in dem Gehalt des Futters an verdaulichem Eiweiß. Seit dieser Erkenntnis rechnet man jetzt fast allgemein nicht mehr mit verdaulichen Nährstoffen, sondern mit verdaulichem Eiweiß und den von Kellner für die einzelnen Futtermittel ermittelten Stärkewerten. Daß diese Rechnung eine richtigere ist, zeigen u. a. auch wissenschaftlich-praktische Fütterungsversuche, welche Schneidewind mit seinen Mitarbeitern D. Meyer und Gröbler in der Versuchswirtschaft Lauchstädt ausführte.

Besondere Beachtung verdienen auch noch die neueren Forschungen von Zuntz. Kellner hat durch Respirationsversuche die Verluste ermittelt, welche die einzelnen Kohlehydrate durch die Methangärung im tierischen Körper erleiden. Zuntz stellte nun fest, daß diese Verluste, welche die kohlehydratreichen Futtermittel (Rüben, Kartoffeln usw.) erleiden, verhältnismäßig gering sind, wenn eine getrennte Fütterung in der Weise stattfindet, daß die kohlehydratreichen Futtermittel früh für sich allein und abends die eiweißreichen Kraftfuttermittel in Verbindung mit den Rauhfutterstoffen verabreicht werden, oder umgekehrt. Weiter stellte Zuntz fest, daß die Methangärung stark vermindert wird durch eine Beigabe von Sauerfutter, deren Milchsäure in hohem Maße die Methangärung herabzudrücken und damit die Ausnutzung der kohlehydratreichen Futtermittel zu erhöhen vermag. Hierauf ist jedenfalls die in der Praxis beobachtete günstige Wirkung des Sauerfutters bei der Mast und der Milchviehhaltung zurückzuführen. Von besonderem Interesse sind auch die vielen Versuche, welche über die Wirkung der Amide, des Nahrungsfettes und der Reizstoffe auf Milchertrag und Beschaffenheit der Milch ausgeführt wurden. So hat u. a. Morgen mit seinen Mitarbeitern Berger, Fingerling und Westhauser festgestellt, daß gewisse Reizstoffe den Milchertrag und auch die Fettmenge zu erhöhen vermögen.

Umfangreiche Fütterungsversuche sind im letzten Jahrzehnt angestellt worden mit den neuerdings gewonnenen Trockenprodukten (Trockenkartoffeln, getrockneten Diffusionsrückständen, getrocknetem Rübenkraut, getrockneter Hefe usw.). Alle diese Versuche haben, soweit diese Produkte eine tadellose Beschaffenheit aufwiesen, welche mit den neueren Trocknungsapparaten zu erzielen ist, ein für die Trockenprodukte günstiges Ergebnis gebracht. Zahlreiche Versuche sind angestellt mit den verschiedenen Kraftfuttermitteln, auf Grund deren eine zweckmäßigere Verwertung derselben seitens der Praxis ermöglicht wurde.

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1478. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/349&oldid=- (Version vom 20.8.2021)