Seite:Deutschland unter Kaiser Wilhelm II Band 3.pdf/344

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


Stickstoffassimilation durch andere niedere Organismen.

Außer den Leguminosenbakterien gibt es, wie man später feststellte, auch noch andere, im Boden freilebende, niedere Organismen, welche den Boden fortwährend mit Stickstoff anreichern. Auf eine Stickstoffanreicherung des Bodens durch solche Organismen wurde zuerst hingewiesen von Berthelot, Frank, Caron und F. Kühn. Bestimmt nachgewiesen wurde die Fähigkeit der Stickstoffassimilation bei den Clostridiumorganismen durch Winogradsky, bei den blaugrünen Algen (Cyanophyceen) durch Beyrinck, Heinze u. a. und vor allem bei den sog. Azotobakterorganismen von Krüger, Schneidewind, Beyrinck, Gerlach, Vogel, Heinze, Freudenreich, Koch, Hiltner u. a. Die letzteren, praktisch wichtigsten Organismen sind in Reinkultur zuerst von Krüger hergestellt worden. Durch zahlreiche Versuche hat man dann festgestellt, daß unser Boden durch diese Organismen eine nennenswerte Anreicherung von Stickstoff erfährt, besonders bei Zuführung von geeigneten Kohlenstoffverbindungen als Kohlenstoffquelle für jene Organismen. Als solche sind erkannt worden: Verrottete organische Substanzen, so wie sie sich im Stalldünger, den Pflanzenrückständen, Humusstoffen usw. befinden, oder in Form von isolierten organischen Verbindungen, wie Zucker, Stärke, Zellulose usw., nach längerer Lagerzeit im Boden. Wissenschaftlich-praktische Versuche über die Stickstoffanreicherung des Bodens durch diese Organismen sind ausgeführt worden von Schneidewind, D. Meyer und Munter. Nach diesen Versuchen war der Stickstoffgewinn durch jene Organismen einschließlich der kleinen Stickstoffmengen, welche der Boden durch die atmosphärischen Niederschläge und Ammoniakabsorption seitens des Humus erfährt, auf einem humosen Lößlehmboden bei Pflanzenbestand größer als die Stickstoffverluste, welche der Boden erleidet, dagegen auf gebrachtem Boden kleiner als die Stickstoffverluste, welche im letzteren Falle durch das Auswaschen des gebildeten Salpeters eine große Höhe erreichten.

Künstliche stickstoffhaltige Düngemittel.

Eine hohe Steigerung haben unsere Bodenerträge durch eine zweckmäßigere Anwendung der künstlichen stickstoffhaltigen Düngemittel erfahren. Die beiden herrschenden Stickstofformen sind noch der Chilesalpeter (Natronsalpeter) und das schwefelsaure Ammoniak, welches in der Praxis meistens als Ammoniaksuperphosphat angewendet wird. Im Durchschnitt der vielen Gefäß- und Feldversuche, welche über die Wirkung dieser beiden Stickstofformen angestellt wurden, hat der Salpeter etwas mehr geleistet und den Pflanzen etwas mehr Stickstoff geliefert als das schwefelsaure Ammoniak. Als Gründe für die etwas schlechtere Ausnutzung des Ammoniakstickstoffs sind nach Untersuchungen von Wagner, Pfeiffer, Lemmermann, Krüger, Schneidewind, D. Meyer, Munter, Wiegner u. a. anzuführen: 1. Die Stickstoffverluste, welche das Ammoniaksalz durch Verdunstung erfährt, hervorgerufen durch den Kalk des Bodens. Nennenswerte Verluste dieser Art finden nur auf kalkreichen Böden und hauptsächlich bei Oberflächendüngung statt. 2. Die Festlegung des Ammoniaks durch die Zeolithe des Bodens. Nach dieser Richtung hin kommen hauptsächlich in Frage stark absorbierende Tonböden in Zeiten der Trockenheit. 3. Eine stärkere Umwandlung des Ammoniakstickstoffs

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1473. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/344&oldid=- (Version vom 20.8.2021)